Hallo zusammen,
ich hoffe, ihr hattet alle halbwegs entspannte und schöne Weihnachtstage?
Meine waren ruhig und entspannend, viel Zeit mit der Familie und im Großen und Ganzen echt schön. Lediglich gestern gab's ein bißchen Krach zwischen meiner Frau und mir - aber das ist wahrscheinlich normal, wenn man fünf Tage von morgens bis abends aufeinander hockt und außer mir weder meine Frau noch unser Sohn große Ambitionen aufs Rausgehen und Abwechslung hat...
dr.riecke
Alex, Sie als kreativer Mensch fänden sicher eine Möglichkeit, in ähnlicher Weise die Wetterbedingungen zu relativieren.
Sie fänden sich hinterher
entspannt --- und ein bisschen stolz!
Da haben Sie sicher Recht

Ich werde mal sehen, was ich da machen kann
VSV
Ich bitte Dich, keine Entschuldigung nötig. Ist mir auch schon häufiger passiert. Oder der Browser schmiert plötzlich mittendrin einfach ab...
Den Gedanken mit der Hochsensibilität hatte ich vor einiger Zeit auch schonmal.
Ich denke aber, falls überhaupt, dann ist die nur latent ausgeprägt. Denn warum hat sie sich 36 Jahre lang nicht entsprechend gezeigt...? Sensibel und bis zu einem gewissen Grad empathisch bin ich immer gewesen, das schon. Aber das viel größere Problem ist wahrscheinlich einfach wieder die (mangelnde) Balance zwischen Entspannung und Streß, zwischen Ruhe und Reizen bzw. Reizüberflutung.
Meine Ansicht ist es eher so, daß jeder von uns eben schlicht ein Individuum ist mit bestimmten Eigenschaften, Fähigkeiten und Stärken. Und nicht alles ist bei jedem gleich ausgeprägt - bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Und ich spreche hier absichtlich nicht davon, daß eine weniger ausgeprägte Fähigkeit damit gleich eine Schwäche sein muß!! Weil ich mittlerweile denke, daß mit dem Wort "Schwäche" in charakterlicher Hinsicht in unserer Gesellschaft einfach zuviel Schindluder getrieben wird - wer nicht mithalten kann, ist schwach; wer nicht fordernd genug auftritt, ist schwach; wer sich nicht durchsetzen kann, ist schwach; wer nicht paßt, ist schwach; usw.
=> Es gibt keine Schwächen. Jeder Mensch ist perfekt, genau so, wie er ist, so, wie ihn der liebe Gott (oder welche höhere Macht auch immer) geschaffen hat. Jeder mit individuell ausprägten Fähigkeiten, bei dem einen hiervon etwas mehr, bei dem anderen von etwas anderem. Das Ganze ist wahrscheinlich irgendwie statistisch verteilt, Gauss-Glocke oder wonach auch immer, und danach gibt es eben "Ausreißer" nach oben wie auch nach unten.
Aber nichts davon stempelt einen Menschen damit automatisch als "schwächer" oder "schlechter" ab, sondern einzig und allein "anders". Und "einzigartig"!
Ich bin mir sicher, daß der liebe Gott da keinerlei Nullachse irgendwo durchgelegt hat - das ist einzig unsere dämliche Leistungsgesellschaft: Irgendwelche schlauen Köpfe im Dienste von Wirtschaft, Wissenschaft und Leistung legen da eine Nullachse rein, und zwar so, daß damit automatisch eine gewisse Zahl an Menschen in "negative" Schubladen einsortiert wird, die nicht ins (Leistungs)Raster paßt.
Deswegen weiß ich eben auch nicht, ob mir der pauschale Begriff "Hochsensibilität" sonderlich gefällt - ebenso wie "Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung" u.ä. Auf einer menschlich-geistigen Ebene, möglichst neutral und nicht wertend, ja, kann ich mich damit anfreunden. Aber leider werden diese Begriffe in unserer Gesellschaft eben direkt immer sehr wertend verwendet und gehen gerade bzgl. ADHS immer sehr schnell mit Therapien und Medikamenten einher...
(BTW: Ich weiß, daß Du es so nicht gemeint hattest

)
Am Ende glaube ich eher, daß ich von meinem Charakter, von meinen Genen, auf meinem persönlichen Stand der menschlichen Evolution schlichtweg mit zu vielen Reizen und Streß schlicht nicht so gut umgehen kann wie andere. Was aber nicht per se schlecht ist. Denn der Mensch als solcher ist für dieses moderne Leben einfach nicht geschaffen - das hatten wir ja auch schon ein paar mal andiskutiert

Manche kommen aufgrund ihrer biologischen Ausstattung noch besser damit zurecht, andere schlechter. Und selbst, die die vorgeblich besser damit zurechtkommen, schlucken nicht selten trotzdem irgendwelche Medikamente wie Magentropfen, Protonenpumpenhemmer, Betablocker, Migräne-Schmerzmittel, usw. Magenschleimhautentzündungen, Herzstörungen, Bluthochdruck, Migräne, Rückenschmerzen etc. - das sind ausnahmslos alles Zivilisationskrankheiten infolge von zuviel Druck und Streß, zuviel Multitasking, zu vielen Aufgaben, Verantwortungen und Pflichten gleichzeitig. Wir bekommen nur von außen, von schlauen Wissenschaftlern, Wirtschaftsbonzen, erfolgreichen Workaholics und Autoren tagtäglich erzählt, daß alles nur eine Frage der Einstellung, der Organisation und des persönlichen Zeitmanagements sei. Daß das schon alles zu schaffen sei - wenn man es nur "richtig" mache...
Is klar...
Natürlich will ich auch nicht wieder in die Steinzeit zurück, und auch nicht zu den Eingeborenen in den Regenwäldern

Ich bin aber mittlerweile sehr davon überzeugt, daß unsere moderne Gesellschaft den Bogen hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Konkurrenz und "immer-noch-mehr-und-noch-weiter" ordentlich überspannt. Das System ächzt an allen Ecken und Kanten. Es wird noch einige Jahrzehnte gutgehen, vielleicht auch noch 100 Jahre. Aber nüchtern betrachtet ist die individuelle Leistungsfähigkeit bei den meisten "normalen" Menschen mittlerweile irgendwann im Laufe ihres Lebens erreicht - mehr geht nicht, ohne daß es wehtut. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Natureboy78
Da hast Du als Kind in der Tat schon einiges mitgemacht... das tut mir echt leid für Dich
Ganz so tragisch war es bei mir nicht. Aber eine Reihe von "Schlüsselerlebnissen" gab es auch in meiner Kindheit, u.a. eine Vielzahl von Umzügen, die sicherlich dazu beigetragen hat, daß ich mittlerweile eine latente Verlassensangst entwickelt habe.
Mit Arbeit, eigener Familie, Verantwortung und beginnender Überforderung hatte ich dann 2002 meine ersten Panikattacken im Zuge von einschneidenden Lebensveränderungen.
Ja, kann ich nachvollziehen. Ist bei mir ab 2010-2013 praktisch genauso gewesen. Einschneidende Lebensveränderungen, zuviel Verantwortung auf einmal = Überforderung, zu wenig Entspannung und von dem, was uns eigentlich gut täte stattdessen.
Ich denke, das erkannt zu haben, ist für uns allerdings schonmal ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung. Der nächste ist, das auch wirklich als solches anzuerkennen und die entsprechenden Schritte daraus abzuleiten: Wo können wir uns neue "alte" Freiheiten eventuell doch noch bzw. wieder leisten? Wo können wir kürzer treten?
Ich hab meine Arbeitszeit in der Firma im September letzten Jahres (2016) im Zuge von Vorwürfen, ich würde meine Arbeitszeit nicht erfüllen, um 5 Stunden/Woche gekürzt. (Die Vorwürfe waren zwar formal gerechtfertigt, hatten in ihrer Art und Weise der Kommunikation allerdings einen faden Beigeschmack von Mobbing, als würde eine bestimmte Person mal wieder nur nach Gründen suchen, wie er unliebsame Mitarbeiter schikanieren und evtl. sogar loswerden könnte...)
Klar - das sind natürlich auch 5/41 weniger Gehalt jeden Monat. Und wenn man sich einen gewissen Lebensstil angewöhnt hat, kann das ein mehr oder minder hartes Erwachen werden... Bei uns zum Glück nicht ganz so hart, aber doch hart genug... nach nem Jahr weniger Geld und der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben ist das Ergebnis sehr sehr ernüchternd, um es gelinde auszudrücken
Trotzdem ist es mir das wert:
Ich kann mich morgens besser und in Ruhe um Sohnemann kümmern.
Ich kann ihn zweimal die Woche nachmittags in Ruhe abholen.
Ich muß diese Zeit nicht an den anderen drei Tagen krampfhaft nachholen, um einer gewissen Person bloß nicht unangenehm aufzufallen.
Ich bin auch ansonsten flexibler, mal hier und da einzuspringen, auf ne Schulveranstaltung mitzugehen usw.
Dafür schnalle ich den Gürtel auch gern was enger

Und dann fahren wir eben nicht 2018 in den nächsten großen Fern-Urlaub, sondern erst 2019 oder 2020... auf Usedom ist es auch schön
Kurz:
Nimm Druck aus dem System! Das ist die einzige sinnvolle und nachhaltige Möglichkeit. Alles andere kann zur kurzfristigen Überbrückung nützlich sein, aber nicht über Jahre und Jahrzehnte hinweg. Einstellungen sollte man nicht bzgl. der aktuellen Gegebenheiten und des (vermeintlich schwachen) Durchhaltewillens ändern. Sondern auch bzgl. der gesamten Lebensführung und des Sinns, den es macht, manches davon überhaupt unbedingt in der vorliegenden Form so durchhalten zu müssen/wollen!
Nähere Dich dem in kleinen Schritten, wohl dosiert, und prüfe, wie es Dir dabei geht. Es geht nicht um den großen Kahlschlag - dann stehst Du am Ende nur auf einer trostlosen, pflanzenleeren Wüste. Nein - hier ein Baum, dort ein Gestrüpp, der/das das Licht aussperrt. Ganz in Ruhe, eins nach dem anderen. Das geht leider auch nicht immer ohne Schmerzen - meiner Frau gefällt auch vieles nicht, wie ich manche Dinge zwischenzeitlich sehe, anpacke oder formuliere.
Hatten erst gestern einen kleinen Streit über sowas... Das liegt aber weniger an mir persönlich, als vielmehr daran, daß eben zwei verschiedene Sichtweisen aufeinandertreffen und ich mittlerweile auch hier und da mal den Mund aufmache. Ist schei**e unangenehm, gefällt mir nicht sonderlich, ich bin da sehr harmoniebedürftig. Weswegen ich auch trotzdem noch das meiste runterschlucke und versuche, mich möglichst nicht in Vorwürfen zu ergehen. Auch, weil ich weiß und verstanden habe, daß meine Frau ihre Sicht der Dinge hat, und da hat sie ein Recht zu. Ich muß dem aber nicht zustimmen. Ich kann mal mindestens für mich selbst den Ärger und Frust in Selbstgesprächen rauslassen, mir selbst Recht geben, gleichzeitig ihre Sichtweise akzeptieren (was, wenn ich es ihr gegenüber sage, bei ihr oft als selbstgefällig rüberkommt...), und versuchen, das Ganze möglichst in Balance mit mir selbst auszumachen.
Nicht alles - manchmal schwappt eben auch was über. Aber ich habe das Gefühl, daß es in den letzten Wochen etwas kontrollierter und konstruktiver erfolgt.
Ist ne Gratwanderung. Keine Frage... Aber das Extrem, einfach nur alles runterzuschlucken und ausschließlich auf den anderen Rücksicht zu nehmen, ist auch keine Lösung. Genausowenig, wie alles rauszulassen... da hab ich leider auch schon meine Erfahrungen mit gemacht, unabsichtlich...