alex_77
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Ich zitiere mal sinngemäß aus dem Pumuckl, falls Du den (noch) kennst:Den ICH WILL EIN ANGSTFREIES LEBEN HABEM
"Das bringt man bei uns schon den kleinsten Kindern bei, daß man nicht immer nur sagen kann 'ich will, ich will, ich will'!"

So, Scherz beiseite.
Ich kann Dich, wie so oft schon gesagt, gut verstehen. Mir ist die Tage bewußt geworden, daß meine Geschichte jetzt 2020 im siebten Jahr läuft und ab November ins achte geht.
Und ja: Mancher Tag in all der Zeit ist eine echte Qual gewesen, manchmal auch 2-3 Tage in Folge.
Wenn ich aber ganz ehrlich bin: Mit Ausnahme der absolut beschissensten Tage - und davon hatte ich zum Glück nur ne Handvoll - gab es selbst an den zweit-beschissensten Tagen noch schöne Dinge, die mich gefreut haben, und häufig auch mehr als eine.
Klar wäre ich meinen Mist auch lieber heute als morgen oder übermorgen los. Hab ich ja auch schon mehrfach geschrieben. Und in den letzten zwei Wochen habe ich einige Tage, an denen ich mir mal wieder darauf "gefreut" habe, wenn mein Leben mit 70, 80 oder 90 Jahren endlich ein Ende hat und ich mich mit diesem ganzen Krempel nicht mehr herumschlagen muß.
Gleichzeitig weiß ich aber auch ganz bewußt, daß ich trotzdem auch jeden Tag echt schöne Erlebnisse habe. Ich rufe mir immer wieder ganz bewußt in Erinnerung, was ich alles habe und worüber ich froh und dankbar sein darf.
Das hilft.
Nun ja, am Punkt dieser Frage waren wir schon mehrfachNoch immer kann ich nicht einschätzen, an was ich eigentlich leide.
Agoraphobie
Depression
laufende Überforderung durch die selbstständige Arbeit.
18 beschissene Jahre plage ich mich damit herum.
Angefangen hat alles 2002 wo erstmals finanzieller Druck begann und wir in diesem Jahr Heirateten. 2 Kinder und ein Job der viel versprach, mir rückwirkend nur Schulden einbrachte.
Laufend ein Antidepressiva nehmen will ich irgendwie auch nicht bis zum Ende meiner Tage.
Ich stelle mal ein Gedankenexperiment an.
Würde für mich alles besser wenn ich die Seldieständigkeit an den Nagel hänge?
Würde es für mich besser werden, wenn ich mich Scheiden lassen würde?
Wenn ich wüsste dass ich danach geheilt bin, ich würde es machen.

Gegenfrage:
Was bedeutet für Dich "Heilung"?
Du sagst, wenn Du wüßtest, daß Du danach geheilt wärest, würdest Du den Job wechseln, Dich scheiden lassen etc. etc.
Okay.
Jetzt verspricht Dir das jemand - "du bist dann geheilt".
Daraufhin wechselst Du Deinen Job und/oder läßt Dich scheiden.
Du bist ein paar Jahre glücklich. Denkst, es wäre alles überstanden.
Und dann tritt erneut einer oder gar mehrere Umstände in Dein Leben, und das Ganze geht von vorne los: Du bist Angestellter, hast aber einen Scheiß-Chef, der Deine Leistung nicht honoriert und Dich nicht selbständig arbeiten läßt. Du malochst 50-70 Stunden in der Woche für einen schlechteren Lohn als vorher; anfangs haben Dich die Inhalte der neuen Tätigkeit noch getragen, irgendwann fängt es an zu nagen. Und Du hast eine neue Frau kennengelernt, bist in einer neuen Beziehung, und sobald die erste Verliebtheit verflogen ist, kehrt auch da plötzlich eintöniger Alltag ein... oder es ist eine Fernbeziehung, die euch zwar anfangs auch alle persönlichen Freiheiten läßt, euch aber irgendwann frustriert...
usw.
Was machst Du dann?
Wieder alles hinschmeißen auf der Suche nach "Heilung" und "Glück"?
Versteh mich bitte richtig:
Ich bin sehr dafür, Neues auszuprobieren. Ich bin auch dafür, den Job zu wechseln, wenn man deswegen immer unzufriedener wird, oder eben auch, sich scheiden zu lassen, wenn man es nicht mehr aushält.
Aber Du solltest Deine Motivation für diese Schritte bitte bitte nicht auf eine Heilung fokussieren - davon wirst Du ziemlich sicher enttäuscht werden.
Wechsle den Job, geh aus der Selbständigkeit raus, wenn Dich das zunehmend fertig macht und Energie raubt. Such Dir eine interessante Anstellung. Alles ja. Aber setze diese Entscheidung nicht noch dadurch zusätzlich unter Druck, daß Du von ihr erwartest, anschließend geheilt zu sein, geschweige denn, für immer.
Beende die Beziehung zu Deiner Frau, laßt euch scheiden, wenn ihr euch nichts mehr zu sagen habt, unterschiedliche Interessen habt, ihr euch nach einem anderen Partner sehnt, etc etc. - aber setze auch das nicht unter das zusätzliche Zeichen, anschließend geheilt sein zu müssen!
Heilung, Glück und Zufriedenheit sind Wege!, keine Ziele. Das ist schwer zu begreifen - auch mein Hirn tickt so, daß ich mir das immer wieder als Ziel setze. Außer Frage.
Aber sobald dann die Frage aufkommt, wie ich dieses Ziel genau erreichen will und was ich dafür tun möchte, wird es schwierig: Heilung, Glück und Zufriedenheit kann man nicht richtig messen. Das sind sehr individuelle und subjektive Dinge, und Du erreichst sie am ehesten, indem Du immer wieder Neues ausprobierst, gleichzeitig aber möglichst entspannt und locker bleibst in Bezug auf eine Heilung oder eben auch Nicht-Heilung.
Glaub's mir:
Solche Gedankenkonstrukte und Einstellungen fallen mir selbst wirklich auch noch schwer genug. Ich bin kein achtsamer Buddhist, der diese Weisheiten mit dem Löffel gefressen hat und in der Lage ist, streng danach zu leben.
Aber ich bemühe mich.
Immer wieder loslassen, lockerlassen, entspannen.
Immer wieder.
Immer wieder üben.
Und nochmal.
Ich wiederhole mich also nochmal:
Lieber Naturefreak,
laß locker!!
Such Dir eine andere Tätigkeit.
Trenne Dich von Deiner Frau.
Mach alles, wovon Du glaubst, daß es Dir gut täte.
Aber laß trotzdem locker!
