Lieber Herr_Lich,
was ich hier tue, ist eine Mischung aus Eskapismus und Therapie in dem Versuch, durch Schreiben einer Depression zu entkommen. A.s Handeln bzw. Nicht-Handeln mir gegenüber kann man wohl als eine Form von Ghosting definieren. Das belastet mich so stark, dass ich fast unfähig bin, mit meinem Alltagsleben fortzufahren und an meinen Abschlussprüfungen zu arbeiten. So unmotiviert und unkonzentriert war ich immer nur dann, wenn er diese Form des Rückzugs praktiziert hat.
Warum er das macht, darüber kann man viel mutmaßen. Letztlich weiß es nur er, oder vielleicht vermeidet er sogar, darüber nachzudenken und es ist ihm gar nicht bewußt, wie es mir geht/was er bei mir mit diesem Verhalten auslöst. Für ihn ist es offenbar so einfacher, er hofft vielleicht, mit den letzten warmen Worten zum Ausdruck gebracht zu haben, dass er die "Beziehung" keinesfalls beenden will. Aber leben/planen/vorbereiten will er sie auch nicht bzw. sagt er nichts davon. Welche Schwierigkeiten er zu überwinden hat, kann ich nur erahnen. Wann oder wie oder ob er das in Angriff nimmt, weiß ich nicht.
Was ich auch nicht weiß, ist wie ich da herauskommen soll aus dieser Schleife, solange ich mich nicht mit ihm aussprechen kann.
Ich habe keine Lust, ihn zu "stalken", um ein Gespräch zu initiieren, das er in so einem Fall sehr leicht ablehnen kann. Ich bin tatsächlich selber ein eher schüchterner Mensch und finde es fast schon übergriffig, Menschen ohne Einladung zuhause aufzusuchen. In meiner Verzweiflung hab ich es trotzdem getan, zum 1. Mal letzten Sommer, weil ich mir wirklich Sorgen um ihn gemacht habe. Da hab ich ihn angetroffen und war tatsächlich extrem erleichtert, dass es ihm offenbar "gut" geht, er noch lebt ;o). (Er berichtete, 3 Wochen im KH wg. Lungenentzündung verbracht zu haben.) Wir haben uns dann mehr oder weniger regelmäßig wieder getroffen und alle Gefühle waren wieder da (waren eben niemals erloschen). Und dann kam die nächste Flaute. Diese Rückzüge korrelierten mit meinen Abwesenheiten von der Uni durchs Praktikum - er hat dann sein Studium zum Ende des Sommersemesters aufgegeben und ist wieder arbeiten gegangen, ich hab mich in den Master-Studiengang eingeschrieben. Seitdem haben wir uns nicht mehr wieder gesehen. Das einzige, was von ihm kommt, sind Textnachrichten, in denen er immer wieder seine Gefühle für mich/seine Liebe zu mir betont etc. blabla.
Mit A. "Schluss" zu machen per Textbotschaft finde ich vollkommen lächerlich und unpassend, mal davon abgesehen, dass ich nicht mal weiß, wann/ob der die mal liest, denn zwischen den letzten Nachrichten ist jetzt schon 1 Monat vergangen. Direkten persönlichen Kontakt herstellen kann ich nicht, außer ich fahre immer wieder hin zu ihm und klingele so oft und so lange an der Haustür, bis wer auch immer mir mal öffnet... das muss ja nicht er sein... und wenn ER mich nicht sprechen will, hab ich keine Möglichkeit...
Ihn zu "vergessen", bis ich meine Hausarbeit und mein Ausstellungskonzept fertig habe (meine Abschlussprüfungen für dieses Semester) gelingt mir auch nicht - "denk mal 10 Sekunden NICHT an einen Honigkuchenhengst". Ihn in meine Arbeit zu integrieren ist mir gelungen mit meinem durchaus humorvoll gemeinten "Venus & Adonis"-Ausstellungskonzept, aber weil er sich mal wieder zurückgezogen hat, und mich das so traurig macht, mag ich meine Arbeit nicht mehr so richtig zur Zeit.
Im Grunde lasse ich mir durch diese Situation gerade mein ganzes Leben "verderben", auch wenn ich dabei natürlich viel Selbstreflexion erlebe. Aber ich fühle mich unter Druck, denn mir kommt es nicht vor wie ein guter Zeitpunkt für "emotionale Nabelschau", sondern ich will eigentlich meine Prüfungen fertigmachen und mich für Teilzeitjobs bewerben, um finanziell nicht so abhängig von den Entwicklungen auf dem Aktienmarkt (wo meine Abfindung angelegt ist bzw. das, was davon übrig blieb) bzw. V.s Unterstützung zu sein. Ich habe ja auch Fristen für die Prüfungsabgabe einzuhalten. Andererseits ist das Bewerben überschattet davon, dass ich IMMER NOCH auf meine BA-Note warte, obwohl das Semester fast zu Ende ist. Und niemand kann mir da helfen, das zu beschleunigen, das hat mein Erstgutachter in seinen "allmächtigen" - untätigen (!) Händen! Der A....! Der hat natürlich auch eine Frist einzuhalten, bis allerspätestens 31.3. MUSS er die Note erteilt haben, aber dann ist es für manche Jobs auch schon zu spät. Die Konkurrenz schläft nicht, Covid 19 hin oder her. (Ach ja, den Job als studentische Hilfskraft im Bereich "Deutsch als Fremdsprache" hab ich auch nicht bekommen, aber das war mir schon klar, als mein Interviewer unterstellte, dass ich als verheiratete Frau ja nicht arbeiten gehen müsste... )
Überall bin ich blockiert, kommt es mir vor - ohne eine Möglichkeit, selber wirksam handeln zu können.
Am schlimmsten ist aber diese Traurigkeit, gegen die ich seit Monaten immer wieder ankämpfe, um zu verhindern, dass sie mich völlig lähmt. Manchmal finde ich Wege, sie in Zorn zu wandeln, manchmal zurück in Liebe, aber dann kommen doch wieder nur Tränen. (Ich bin echt ein Opfer meiner Hormone...

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Ich danke dir für deine Worte und Anteilnahme, ich bin für jeden Beitrag hier dankbar, ich hab Euch alle wirklich nötig gerade!!!
Herzliche (derzeit mal wieder traurige) Grüße
Venus