Liebe Leute (Tired, Herr_Lich, Gucki),
sorry, ihr schießt euch wohl gerade auf mich ein, weil einige von euch offenbar in meiner Situation eine passende Projektionsvorlage für eigenen noch zu verarbeitenden Schmerz gefunden haben.
Nach dem Motto: warum den Finger in die Wunde legen, wenn man die Faust reinstecken kann, behauptet ihr, es würde meinem Mann besser gehen, wenn ich ihm "die Wahrheit" sagen würde, denn ER leidet ja wegen mir (kein Sex- ist das das schlimmste, was einem passieren kann?... was, wenn er sich damit arrangiert hat wie er behauptet? Hatte er in seiner 1. Ehe auch 6 Jahre lang - und mit mir nun seit etwas über 1 Jahr...).
Nicht ich verdiene Zuspruch, denn ICH sei verantwortlich, ihm die Entscheidung zu überlassen, ob er mich Betrügerin noch will oder mich lieber auf die Strasse setzen mag. ICH müsste mich dem - am besten sofort - stellen. (Ich "Sünderin"?!) Ich kenne meinen Mann sehr gut, ich war in 17 Jahren max. 1 Woche von ihm getrennt. Wir standen bis vor 1 Jahr in absolut allen Themen unseres Lebens im engsten intensivsten und vollkommen offenen Austausch. Wer von Euch hat im Vergleich soviel Zeit mit seinem jew. Partner verbracht?
Aber ER schreibt hier nicht, sondern ich. Weil ich an einer Schwelle in meinem Leben stehe, die ihn mit betrifft, und das ist niemandes Schuld. Die Schwelle ist der Weg zu meinem "neuen Leben" in einer völlig neuen Arbeitsumgebung, die auch Lebensumgebung ist. Mein Studium verschafft mir Zutritt zu der Welt, in die ich gehöre, und meinen Mann habe ich in der Zeit getroffen, als ich noch nicht an diesem Ort war. Viele Seiten von mir hat er deshalb zunächst gar nicht kennengelernt, denn die blieben einfach verborgen, weil sie in diese Welt nicht passten. Ich habe eben wie die meisten Menschen viele Facetten, und so habe ich igs. 23 Jahre als Chefsekretärin, Exec. Assistentin etc. blabla in div. Großkonzernen ausgehalten.
Im DAX30-Konzern war leider eher kein Platz für Kunst und Kulturanalyse. Eine schöne Ausnahme gab es, einen kunstbegeisterten Ex-Chef, Jurist, der mich auch beruflich gefördert hat, weil er mein Organisationstalent schätzte und mein Interesse an allen möglichen juristischen Feldern und den Forschungsprojekten in der Firma. Als dieser Mentor in den Ruhestand ging, und ich dann die Abteilung wechselte, weil mit ihm der einzige fortschrittlich denkende Vorgesetzte dort abgetreten ist, wurde es immer unangenehmer und zuletzt schier unerträglich für mich. Es war ein großes Glück (oder "Schicksal"), dass ich diese Abfindung angeboten bekam und mein Mann mit meiner Idee, (wieder) studieren zu gehen, einverstanden war.
Nun wird dieses "neue Leben" u.a. zur Trennung von ihm führen, denn er hat mich bis zur Schwelle begleitet, hat mir auch noch darüber geholfen (indem er dem Studium zugestimmt hat - die Alternative wäre allerdings höchstwahrscheinlich ein Burnout meinerseits gewesen, ich hatte in den Jahren vor dieser Abteilungsumstrukturierung und dem folgenden Abfindungsangebot ernsthafte Gesundheitsprobleme in dem Konzernjob).
A. hat mir für den Trennungswunsch einen (deutlichen) Anlass gegeben, aber er ist nicht der Grund. (Natürlich liebe ich es, über ihn zu phantasieren, denn ich liebe ihn, ich liebe alles, was irgendwie mit ihm zu tun hat, er hat meine Lebensfreude neu erweckt! Dafür werde ich ihn immer lieben! Ich liebe es mir vorzustellen, mit ihm einen Alltag zu haben usw, ich bin ein Mensch mit ganz normalen banalen Wünschen, Bedürfnissen und Träumen!)
Tired auf deine Frage, welche Veränderungen meinem Mann aufgefallen wären: DAS ist meinem Mann aufgefallen, dass ich trotz der vielen Arbeit im Studium glücklich wirkte und stark, nicht weil ich verliebt war, sondern weil ich liebte. Und das hatte nicht nur mit A. zu tun, sondern auch mit der Tatsache, dass ich mein Studienfach sehr mag! Diese Power, die ich durch A. bekommen habe, hat mir auch geholfen, durch diese mega-stressige Phase der letzten 2 Semester hindurch zukommen, ohne ernsthaft krank zu werden.
Tatsächlich bin ich fast abgedreht mit dem krassen Terminstress im Studium kurz vor der Abgabe der Bachelorarbeit, weil mein Mann zwar durchaus auch rücksichtsvoll sein kann, aber nicht soviel Ruhe geben kann, dass ich innerhalb von 6 Wochen eine Abschlussarbeit in Ruhe zuhause schreiben konnte. Ich war auch gesundheitlich stark angeschlagen und erhole mich aktuell immer noch davon.
(Hintergrund: Insgesamt habe ich mein Studium von 6 Semestern quasi in 4 Semestern durchgezogen mit Praktikum und Extra-Prüfung, weil ich als Quereinsteiger angefangen habe. Habe davor 2 Semester lang andere Fächer studiert, aber beides ergänzt sich ganz hervorragend. War nur extra-Arbeit. Und ich wollte eben fristgerecht fertig werden, damit ich den Abschluss habe, den Masterstudiengang direkt starten kann und nicht 1 Jahr warten muss, und durch den Abschluss auch eine höhere Verdienstklasse erreicht habe, z.B. für Jobs als studentische Hilfskraft im Institut. Alles Aktionen, die meine beruflichen Zukunftsaussichten verbessern sollten.)
Mein Mann hat ja durch die Altersteilzeit mehr Zeit, als er gebrauchen kann, und hat sich auch noch frei genommen kurz vor meinem Abgabetermin, so dass ich nichtmal dann in Ruhe arbeiten konnte. In der Zeit ist mir endgültig klar geworden, dass ich einen Zufluchtsort brauche, einen Rückzugsort für mich und meine Arbeit. Und möge mir niemand unterstellen, dass ich meine Bedürfnisse meinem Mann ggü nicht deutlich formuliert habe. (Es hat mir auch leid getan für ihn, aber es war doch eher Zufall, dass ich und nicht in dieser Prüfungssituation war. Hätte ja auch umgekehrt sein können - er bildet sich beruflich weiter, ich muss ihm Raum geben. Dann hätte ich dazu viele Möglichkeiten gehabt, weil ich Freunde und Bekannte habe, mit denen ich was hätte unternehmen können. Mein Mann leider nicht. Und nun steht er auch noch kurz vor der Rente. Früher dachte ich, das wird super, weil ich sehr gerne sehr viel Zeit mit ihm verbracht habe. Nie hätte ich gedacht, dass sich das mal in die Angst verkehrt, wie wir das aushalten sollen bzw. dass ich ihn mal irgendwann nicht mehr "wollen" könnte als Ehemann, sondern "nur" noch als Freund.)
ICH - und nicht ER - schreibe hier, weil ich traurig bin, was ich alles hinter mir lassen werde, wenn ich meinen Weg weiter gehe, all die Hoffnungen auf ein glückliches Leben mit meinem Mann, das vertraute Zusammensein, was uns immer so viel Halt gegeben hat, und wer weiß was ich noch alles loslassen muss... meine Sexualität ja auch zur Zeit, aber damit arrangiere ich mich gerade, und interessanterweise hat mir das Schreiben in diesem Forum dabei sehr geholfen. Also nicht nur das Schreiben, sondern natürlich auch die Anregungen durch euch!
Ich schreibe hier, weil ich immer wieder mit meinen eigenen Ängsten konfrontiert werde und manchmal auch zweifle, dass ich die nötige Kraft habe, mit fast 50 nochmal völlig neu anzufangen, weil ich mich manchmal sogar lebensmüde fühle und weil ich deshalb Zuspruch gebrauchen kann. Ich schreibe hier, weil es mir das Herz bricht, dass meine Ehe nun kaputt geht. Ich keinen "schönen" Weg hinaus finde, der nicht mit Schmerzen verbunden ist. Und ich auch noch die Initiatorin dieses Endes bin.
Also soll ich jetzt eurer Meinung nach - jetzt - am besten sofort - den brutalen Weg gehen, denn es gibt DIE "Wahrheit", und natürlich ist sie ein Menschenrecht und der einzige Weg zur Befreiung meines armen betrogenen Mannes, damit dieser mit fast Mitte 60 nochmal neu anfangen kann? Ihn seht ihr als Opfer meiner Machenschaften? Weil ich glaube, mich trennen zu müssen, weil ich glaube, die Trennung ist Teil meines Weges?
Ich glaube immer noch, dass die Trennung ansteht, aber ich glaube auch, dass ich merke, wenn die Zeit für mich reif ist, und ich das dann so gestalten kann, dass es am wenigsten schmerzt. Ich liebe meinen Mann, aber ich liebe auch mich selber (Heureka! danke Euch für diese Erkenntnis!), und wenn ich mir selber jetzt den Boden unter den Füßen wegziehen würde, wem wäre dann geholfen? Ich suche Unterstützung für den Übergang, und ich verstehe auch, wenn ihr mich nicht versteht, auch wenn es mir natürlich anders lieber wäre. Jedenfalls danke für Eure Anteilnahme - an meinem "Schicksal" (;o)) und auch dem meines Mannes! Und das ist NICHT ironisch gemeint!
Herzliche Grüße
Venus