Huhu liebe Elektraa,
Am Donnerstag hatte ich also meine spektakuläre vorletzte Prüfung. Der Tag hatte es in sich - in dem Gästezimmer, in dem ich derzeit wohne, ist donnerstags von 11-14 Uhr immer "Kehraus", d.h. es wird alles geputzt und man muss das Zimmer verlassen.
Ich hatte geplant, meine Prüfungsunterlagen gemütlich in einem Café nochmal in Ruhe durchzuschauen, weil unsere Veranstaltung erst um 18 Uhr online losging. Das war der 2. Tag des "Teamforums", wo der gesamte Studiengang seine Teamprojekte vorstellt, unser Team war für 20.30 Uhr vorgesehen - als krönender Abschluss, mit der Künstlerin zugeschaltet aus Tel-Aviv

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Nur blöderweise hab ich im überarbeiteten Kopp dann an der Bushaltestelle den Rucksack abgesetzt und bin erstmal ohne in den Bus gestiegen. Ich hab's sofort bemerkt, als der Bus angefahren und 100 m unterwegs war, aber die nächste Haltestelle, an der ich dann natürlich sofort ausgestiegen bin, ist ca 10 Min fußläufig entfernt und ich hab es auch mit Sprint nicht mehr geschafft, rechtzeitig zurück zu kommen - der Rucksack mit Laptop, Ausdrucken, dem Wohnungsschlüssel zur Schmiede (frag mich nicht, warum der da drin war) und Hinweise auf meine Adresse war weg.
Ich hab V. angerufen wg. dem Schlüssel (ist ne Sicherheitsschließanlage), er hat mich dann zur Polizei gefahren zwecks Anzeigenerstattung, davor haben wir noch nen Aushang an der Haltestelle gemacht.
Letztendlich hab ich dann die Prüfung in der Schmiede an meinem Arbeitsplatz dort gemacht mit einem anderen Laptop, den wir da noch haben. Die Präsi war sowieso auf dem Internetdrive, so dass das alles gerettet werden konnte. Die Prüfung haben wir total gerockt, alle waren begeistert. Eingeloggt in die online-Veranstaltung war auch KF, dem ich den link geschickt hatte und der mir auch sein Arbeitszimmer für die Prüfung überlassen wollte, aber die Schmiede war viel näher und v.a. war KF auch bis 19 Uhr an der Arbeit.
Gleichzeitig hat am selben Tag auch mein Smartphone quasi den Geist aufgegeben. Durch eine permanent auftretendende Fehlermeldung war es fast nicht mehr benutzbar, eigentlich nur noch zum Telefonieren und SMS und selbst das war schwierig.
Aber die Prüfung war super. Im Gegensatz zu der anderen Prüfung mit der Kommilitonin aus dem 1. Master-Semester. Weder war unser Arbeitsstil kompatibel noch unser Wissensstand zum Thema. Ich hab 3/4 der Arbeit machen müssen und das unter zeitlichem Hochdruck, mit dem Produkt war ich überhaupt nicht zufrieden (sie fand es toll).
Noten hab ich noch nicht, aber ich bin mir sicher, das Teamprojekt wird im 1er-Bereich liegen. Unser Publikum war wirklich gefesselt von Inhalt und Vortrag. Grob gesagt, ging es um die Präsentation einer virtuellen Kunstinstallation, die zum Thema hatte, wie persönliche Traumata durch persönliche "Lebensrezepte" (am Beispiel der soziokulturellen Metaphorik des KusKus-Gerichts) verarbeitet werden können und wie man daran arbeiten kann, zur Lebensbejahung zurückzukehren. Die Künstlerin wurde als Kind von ihrem Vater sexuell mißbraucht und hat ihren Überwindungsprozess künstlerisch umgesetzt. Diese Umsetzung haben wir in unserem Teamprojekt aufgeschlüsselt und virtualisiert.
Kurz noch zu Beuys - wir haben 2021, er wurde vor 100 Jahren geboren, also ist er natürlich Thema im kunst- und kulturschaffenden Bereich, noch dazu, weil er in der Stadt, in der ich lebe und studiere, gelebt und gewirkt hat. Lächerlich ist er nur teilweise (man denke an seinen "Hit" "Sonne statt Reagan"). Ich sehe ihn als Person durchaus kritisch, finde manche seiner Arbeiten wundervoll und andere eher "meh" oder sogar ausgesprochen scheußlich. Aber gegen seine Idee der sozialen Plastik lässt sich mM nach nix sagen, die ist einfach nur schön und besagt im Grunde, dass eine Gesellschaft durch Liebe funktioniert/zusammenhält und jede/r dazu wichtig ist - jede/r ist ein Künstler. Ich lasse mich an dieser Stelle aber nicht im Detail aus darüber, weil wir ja nicht das Thema "Beuys und seine Theorien - eine medien- und kulturwissenschaftliche kritische Analyse" haben, sondern mein Fred immer noch unter nem ganz anderen Oberthema läuft ;o)
Der Experte, mit dem ich gesprochen habe, ist Beuys-Kritiker. Wenn man wirklich forscht, muss man auch einfach immer kritisch an die Dinge und Personen herangehen, das ist nunmal die Grundlage wahrer Forschung. Leider hat einer meiner ex-Professoren das genaue Gegenteil verbrochen und so ein Handbuch über Beuys geschrieben, wo kein kritischer Gedanke geäußert wird. Eine reine Laudatio. Kann man sich das Lesen sparen, weil man nix mehr dazulernt, außer man kennt Beuys' Werk und Leben überhaupt nicht.
Soviel zum Jupp.
Jetzt muss ich mal sehen, wie ich es hinbekomme, dass KF am kommenden Samstag ohne irgendwelche zwischenmännliche Dramen einfach an der Finissasge teilnehmen und mit uns feiern kann. Er hat es verdient. V. war ja schon bei der Vernissage, das muss dann mal reichen... nicht, dass er so nen Kunstfan wäre...
GLG, V