Lieber Leo,
nein, da ist weder eine Sitzgelegenheit noch sonstwas, es ist tatsächlich etwas eigenartig, dass er die Karte ausgerechnet da "fallen gelassen" hat (das macht V. schon mal mit Post, aber nicht gerade an dieser Stelle). Ich hab die Karte nicht gelesen und weiß deshalb nicht, wie alt sie ist. Ich lass ihm da sein Privatleben, schon immer, nicht erst, seit ich unabhängig von ihm auch eins habe, das ich nicht offenbaren möchte. Ich weiß also auch nicht, ob sich die beiden inzwischen wieder näher gekommen sind bzw. wie nahe. Im Nachhinein finde ich es nur vielsagend, dass V. meinte, C. sähe heute viel besser aus (als auf dem Mini-Selbstportrait, dass sie auf der Karte in so einer Art Collage eingefügt hat).
Die Story von V. und C. finde ich durchaus ungewöhnlich: er hat sie vor inzwischen 21 Jahren verlassen und ist 500 km weggezogen, weil er es mit ihr nicht mehr ausgehalten hat. Aber der Kontakt ist nie völlig abgebrochen, sie haben ja auch noch die Steuererklärung gemeinsam eingereicht. Telefonate fanden nicht statt, soweit ich weiß, aber es gab gelegentlich Brief- und SMS-Austausch. Er blieb die ganze Zeit über mit ihr verheiratet, selbst als er schon Jahre mit mir zusammen war.
Er hatte mal am Anfang unserer Beziehung gesagt, wer würde sich erst scheiden lassen, wenn er wieder heiraten wollen würde. Es sei finanziell besser für ihn, verheiratet zu bleiben und seiner Noch-Ehefrau Miete und Unterhalt zu zahlen. Da ich nicht scharf auf eine Ehe war, war das erstmal ok für mich. Ich hab nur anfangs überhaupt nicht verstanden, warum er sich ihr gegenüber so verpflichtet fühlt und auch noch Geld schickt, weil er immer so schlecht über die Beziehung zu ihr redete. Nach und nach verstärkte sich bei mir der Eindruck, das sein schlechtes Gewissen, ihn dazu bringt, ihre Miete zu zahlen, in Kombination mit einer meiner Meinung nach idiotischen Faszination an ihrem (geerbten) Vermögen, das er weiter mehren wollte, ohne selbst was davon zu haben. (Es sah auch nicht so aus, als würde sich das mal ändern, als könnte er Nutznießer werden.)
Er war (und ist, wie es scheint, immer noch) völlig fasziniert von ihrem "Reichtum". Sie hat mit der Ehe damals ihre Arbeit aufgegeben, die sie sowieso gehaßt hat, und nur noch eine kleine Teilzeitstelle als Wirtschafterin in einem Kinderheim gehabt, Taschengeld für sie, er hat das Geld verdient. Fortbildung etc. hat sie nicht interessiert.
Die Ehe hielt über 20 Jahre, davon haben sie aber über 50% getrennt voneinander verbracht.
Sie hat die Scheidung eingereicht, nachdem er schon 13 Jahre mit mir zusammenlebte. Daraufhin hat er mich geheiratet, das war am 7. November 2014. Es ging ihm darum, etwas gut zu machen, glaube ich.
Die Scheidung von ihr hat ihm v.a. finanziell zu schaffen gemacht, ansonsten wirkte er sehr distanziert von ihr. Bis letztes Jahr hat er ihr noch Unterhalt gezahlt, weil sie glaubhaft versichern konnte, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten zu können. Sie ist 9 Jahre älter als ich und hat nach V.s Aussage niemals Sport getrieben, was ihn immer unendlich genervt hat. Sie hat nicht auf sich und ihre Gesundheit geachtet, an ihrem Unglück waren immer andere schuld... und sie war immer unglücklich... so hat er mir das erzählt. An Bildung war sie nicht interessiert, nicht an persönlicher Weiterentwicklung, sie war einfach eine "nagging wife", so sagte er.
Ich dachte mir immer (und sagte ihm das auch), dass das ihre Art ist, mit ihm umzugehen, mit anderen Menschen ist sie bestimmt auch lustig, positiv, sie wird auch Freunde haben... oder vielleicht auch nicht, dann würde sie perfekt zu V. passen, der ja auch irgendwie im Herzen ein Einsiedler ist und früher oder später jedem einen vor'n Bug knallt, bis die Freundschaften vergehen... oder die Freunde müssen eben hart im Nehmen sein. Er hat genau einen Freund, was auch ok ist, wenn ihm das reicht, aber ich fände es natürlich besser, er könnte sein Sozialverhalten auch an anderen testen als nur an diesem Kumpel (der sich immerhin zurückziehen kann), und an mir ;o))
Interessant, dass du meinst, V. suche sich ein gemachtes Nest. Sowas würde mir nicht einfallen, mir ist es wichtig, mein Nest selber zu machen. So ist jeder Jeck anders... und das vergesse ich dann doch recht oft.
Übrigens hab ich V. immer wieder verklickert, was ich nach dem Studium vorhabe, aber mir kommt's vor, als glaube er nicht daran, dass ich jemals einen Job haben werde, denn er hat schon immer so absurde Dinge vorgeschlagen wie Auswandern nach Uruguay, weil das Leben da günstig sei, oder eben jetzt in dieses Kaff in Süddeutschland, auch noch zu der mir zumindest früher feindlich gesonnenen Ex. Er hat ja immer dafür gesorgt, dass sie und ich uns nicht kennenlernen konnten. Er wollte diese Welten immer getrennt halten, und nun plötzlich nicht mehr? Das glaub ich nicht. Ich glaube, er sucht diese Gelegenheit nur für sich, ich bin gar nicht mehr Teil dieses Plans.
Ich vermute, er hat so halb (un-)bewußt diese Karte herumliegen lassen, das war schon ein Fingerzeig, aber dann war es ihm gleichzeitig peinlich, weil ja nicht davon auszugehen ist, dass ich jemals mit ihm bei der Ex in diesem Kaff zur Miete wohnen werde.
Du hast recht, er hat Sorge wg. der Mieten in der Stadt. Seltsamerweise hab ich diese Sorge nicht, weil ich mir denke, wenn ich es schaffe, künftig monatlich wenigstens 1000 netto zu verdienen, werde ich es auch schaffen, mir eine vernünftige Wohnung zu suchen, die ich finanzieren kann. Das ist nicht gerade unrealistisch. Auf die nächsten Jahre könnte ich sogar Miete im voraus bezahlen, aber weise wäre es nicht, das jetzt schon in Angriff zu nehmen, solange mein Abschluss noch nicht geschafft ist und ich mich auf den Job, den ich will, noch gar nicht bewerben kann.
Ja, von mir aus darf er sich gerne mit C. aussöhnen. Da gibt es eh noch einiges wieder gut zu machen. Und auch wenn ich mir immer dachte, ich nehm keinen Unterhalt von ihm, muss ich halt auch sehen, wo ich bleibe. Ich hab ihn auch unterstützt, als wir noch nicht verheiratet waren, hab ihn in meine Wohnung mit einziehen lassen, als sein AN diese gekündigt hat, und ich war immer für ihn da in allen beruflichen oder sonstigen Stressphasen, während seine Ex ihm jahrelang angeblich immer nur noch zusätzlichen Stress gemacht hat. Ich denke, es ist "payback-time". Ich werde ganz sicher nicht unverschämt sein, aber ich lasse mich auch nicht abspeisen, nur weil unsere Ehe erst seit 6 Jahren besteht. Die Zeit davor war sehr herausfordernd, für uns beide natürlich, aber ich habe da auch ganz schon viel hinein investiert. Möge sich alles fair und gerecht fügen. Sehr gerne mit (Freundes-)Liebe und Respekt...
Ich mach mich jetzt mal an die Arbeit und beschäftige mich mit meinem allerersten Fördermittelantrag für die Realisierung eines Ausstellungskonzepts. Möge er erfolgreich sein! Ist schließlich für eine richtig gute Sache!

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Schönen Tag + wundervolles WE!
GLG, V