Liebe Tired, liebe Elektra, lieber Herr_Lich, lieber Herr Dr. Riecke,
ganz herzlichen Dank für all das Feedback und die Ratschläge! Ich will mal versuchen, darauf einzugehen:
1. "Zölibat" und A.
Diese für mich im wahrsten Sinne des Wortes unbefriedigende Situation ergibt sich nicht aus der Vorstellung, ich könnte damit irgendwas (das Schicksal ;o)) erpressen, sondern aus der Tatsache, dass ich einfach kein Interesse an "mechanischem" Sex habe. Ich habe von A. nichts neues "gelernt", sondern es war die Gesamtheit von Tun und Fühlen, von Hingabe und Ekstase, die mich da faszinierte. Gelernt habe ich mit 19 von einem 30jährigen und mit Mitte 20 von einem 50jährigen, dass ich zu ekstatischer Hingabe fähig bin und was - praxisbezogen - sexuell für mich interessant ist bzw. passt. Aber das sind ja keine "Moves" oder Techniken, die man dann mit jedem beliebigen anderen Partner nachstellen kann, und selbst wenn das mal möglich wäre, dann doch nie mit dem gleichen Effekt. Denn da ist ja der andere Körper, der andere Mensch als Gesamtheit, auf den ich mich einstelle und der sich auf mich einstellt, dabei ergibt sich eine ganz neue (sexuelle) energetische Konstellation und Verbindung. Das, was ich mit A. erlebt habe und vor allem, WIE ich es erlebt und erfahren habe, ist genau so mit niemand anderem möglich. Und weil ICH mit A. noch nicht fertig bin (selbst wenn es ihm anders gehen sollte und er mit "uns" abgeschlossen haben sollte), bin ich nicht bereit für neue Erfahrungen, wo ich auf tieferem Level einsteigen würde. Dazu habe ich einfach keine Lust mehr. Wäre wie beim Sprachenlernen - wenn man ein gewisses Niveau erreicht hat, will man Romane in OV lesen und nicht wieder beim Vokabellernen anfangen. N´est-ce pas?
Wie ich mit dieser Situation für mich umgehe, weiß ich auch noch nicht. Ich bin, so glaube ich, gar kein Typ fürs Zölibat, und ich war auch noch nie besonders lange ohne (Sex-)Partner. Habe darin auch nie einen tieferen Sinn gesehen. Für mich hat Sexualität mit Lebensfreude zu tun. Aber eben auch mit dieser tiefen hingebungsvollen Verbindung, und die ist, was ich wirklich will. Was anderes geht gerade nicht für mich.
2. Beziehung zu/mit A.
A. war der Initiator des ganzen, A. kam innerhalb kürzester Zeit mit Wünschen nach Beziehung, sogar Ehe (! ), wollte "alles hinschmeißen"... sprach von Liebe, wollte ausdrücklich keine Affäre (ich war nicht abgeneigt, außerdem hab ich versucht, die Situation realistisch zu sehen). Zu all dem war ich nach ein paar Monaten noch nicht bereit, ich dachte, er sei "verrückt", und heute verstehe ich, dass er einfach schon so viele Jahre gelitten hat, bevor er mich traf, sich verliebte (hat er wohl so auch noch nie erlebt, er ist gar nicht so erfahren) und seinen Mut zusammennahm, um mich einzuladen und einen "extra-universitären" Kontakt aufzubauen. Ich habe ihm damals sofort erklärt, dass ich mich mit meinem Mann gut verstehe, dass ich mein Studium auf jeden Fall durchziehen werde, wie meine finanzielle Lage ist etc.
Von Anfang an war das "Timing" völlig unpassend - ich war im 4. Semester, 1 Jahr bis zum Abschluss, finanziell nicht gerade unabhängig und schon überhaupt nicht auf Partnersuche.
Er hatte einen für ihn bahnbrechenden Entschluss gefasst, eine "fremde" Frau anzusprechen, weil er für sich erkannt hatte, diese Frau wäre die Liebe seines Lebens und er könnte nicht mehr mit sich leben, wenn er diese Chance nicht ergreifen würde.
Ich war zunächst beeindruckt, berührt und dann überwältigt von seiner emotionalen Aufrichtigkeit. Und als sich die Beziehung intensivierte, wir uns auch berührten und ich dabei quasi sehen konnte, wie zwischen uns die Energie fließt, da wußte ich, ich brauche ihn, er ist sehr sehr wichtig genau jetzt in meinem Leben, obwohl alles dagegen zu sprechen scheint. Unsere energetische Kompatibilität ist was Besonderes. Ähnliches habe ich bisher 2mal in meinem Leben gefunden (s.1.), aber ohne die entsprechende Erwiderung. Hier strömte die Energie hin und her zwischen uns, ich konnte das fühlen, rauschen und knistern hören, visualisieren... ein multisensorisches Erlebnis, das meine Wahrnehmung erweiterte, für immer veränderte, als ob da eine Membran zwischen mir und ihm und einer anderen Wirklichkeit gerissen sei, und wir konnten zusammen eintauchen in diese andere Realität und fließen, strömen, explodieren... Supernova, nichts weniger. Ich bin da nicht drüber "hinweg".
Natürlich begehre ich das Gefühl noch und natürlich auch den Mann. Das Begehren ist aber nicht, was ich will, ich will einfach diesen Weg mit ihm weitergehen und sehen, was auf der "anderen Seite" auf uns wartet. Ich habe allerdings verstanden, dass die andere Seite für jeden von uns anders aussehen mag. Und dass er offensichtlich (derzeit) überhaupt nicht in der Lage ist, diesen Weg zu gehen, was auch immer seine Gründe sind.
Natürlich habe ich nicht vor, mein Leben anzuhalten,, bis er vielleicht wieder auftaucht. Aber ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehe, dass er nicht verfügbar ist, es schmerzt. Das "Wollen" will ich loslassen können. Ich hätte zwar gerne herausgefunden, wer er ist, hätte ihn gerne liebevoll studiert, hätte gerne im Austausch mit ihm mehr gelernt über die Welt und uns und mich, aber das kann er mir nicht geben (jetzt) und damit muß ich klarkommen. Vielleicht habe ich ihm nicht die Energie geben können, die ich von ihm empfangen habe. Das finde ich sehr bedauerlich, denn die Begegnung mit ihm hat mein Leben in so vieler Hinsicht positiv verändert - meine Schilddrüsenkrankheit ist seither in Remission (das "wußte" ich sofort, die diagnostische Bestätigung folgte dann einige Zeit später), und meine Libido ruht nicht (mehr) ... was dem Zölibat natürlich grundsätzlich entgegensteht, aber da bei mir der Akt absolut personenabhängig ist, hab ich quasi "Pech" gehabt.
3. "Austausch" - einen "anderen" für A.? Never....
Ich erkläre gerne, warum: 2018 im September war ich mit V. zum letzten Mal im Urlaub. Dort kam es nach langer Zeit zum Sex (ich berichtete von meinem Libidoverlust, der mich vor der Begegnung mit A. befallen hatte). Und dieser Sex war ein Akt des "Liebemachens", aber ich habe dabei plötzlich erkannt, dass ich nicht mit V. übe, sondern A. im Sinn hatte - völlig unbewußt zunächst, und dann wurde es immer deutlicher. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich A. noch nicht einmal geküßt, wir hatten uns erst einmal zum Abschied nach dem Kaffeetrinken umarmt, das war alles! Ich war schockiert über mich selber und mir war klar, ich bin verliebt in A., mein Körper reagiert auf ihn, will ihn. Und noch eine Erkenntnis, die banal erscheint: ich BIN mein Körper! Ich bin eins, nicht Körper und Geist und Seele, sondern eine Einheit, die Bedürfnisse hat. Diese sind zu erfüllen, damit die Einheit zusammengehalten werden kann, und diese Bedürfnisse liegen im Austausch mit anderen Einheiten und dem "Großen Ganzen". Wer sich mal mit Assemblage-Theorien beschäftigt hat, oder auch mit östlicher Religion/Philosophie, wird da Zusammenhänge sehen. In den westlichen Kulturen herrscht diese Teilungsidee vor, an die ich aber nicht mehr "glaube".
Als A. und ich dann zum ersten Mal Sex hatten, war es dann eben sofort mehr als das (s. 2.). Das kann ich nicht mit jemand anderem simulieren und ich würde es auch als eine Form von Selbstbetrug empfinden. Und Selbstbetrug lehne ich für mich zutiefst ab.
4. Beziehung zu/mit V.
Dass es mit V. überhaupt weitergehen kann, liegt daran, dass wir nicht nur eine tiefe freundschaftliche, sondern auch eine Form von spiritueller Verbindung haben. Er hat tatsächlich verstanden, dass ich die Begegnung mit A. "energetisch" gebraucht habe, genauso wie das Zusammensein mit V. und seine intellektuelle, freundschaftliche und materielle Unterstützung. Auch dass ich nicht schon vor 1 Jahr mit ihm darüber reden konnte, weil ich vor 1 Jahr noch nicht wußte, wie mir gerade geschieht und erst jetzt selber beginne zu verstehen, was dieses Erlebnis mit A. für mich (und nunmehr alle Beteiligten, also auch V.) bedeutet.
Klar war er sehr verletzt und auch aufgebracht und zunächst hatte er kein Verständnis dafür, dass ich nicht sofort die Angelegenheit zur Sprache gebracht habe (wobei ich das 1. Treffen mit A. 2018 sogar erwähnt hatte). Er dachte auch zwischendurch, ich hätte einfach 1 Jahr lang eine Affäre gehabt hinter seinem Rücken und ihn und seine Unterstützung ausgenutzt. Dass die Sache anders liegt, konnte ich ihm vermitteln. Auch, dass ich ihn liebe und A. ebenfalls. Und ich habe mich V. wieder geöffnet und wir haben auch wieder einen Energiefluß, wenigstens freue ich mich wieder, dass ich bei ihm bin und er freut sich wieder über meine Gesellschaft. Wir sind immer schon gern zusammen gewesen, wir sind ja auch "energetisch kompatibel", aber auf einer anderen Ebene. Und ich würde ihn schmerzlich vermissen, nicht nur sein Chili und seine Gemüsesuppe... der intellektuelle Austausch, sein unnachahmlicher (Galgen-)Humor (der halt im schlechten Fall auch als Zynismus erscheint), seine Verläßlichkeit und Zuverlässigkeit (die ich auch biete), seine Bereitschaft, sich in alles Mögliche hineinzudenken, seine eher ruhige und langsame Art, die meiner "Quecksilbrigkeit" entgegensteht und diese ausbalanciert, sein (mir manchmal zu sehr) ausgeprägter Pragmatismus sind alles Züge, die dafür sorgen, dass wir voneinander lernen können und zusammen sein können - wir sind in vielem Gegenpole (A. hingegen ist in vielem mein Spiegel), und das ist sehr ergiebig und liefert Erkenntnisgewinn und Liebe. "Je mehr Erkenntnis einem Ding innewohnt, desto größer die Liebe". (Paracelsus).
Also bin ich weiterhin auf meinem Weg zu Liebe und Erkenntnis - mal sehen, wohin mich das alles noch führt. Und wohin das meine geliebten Männer führt. Mit mir oder ohne mich. "We're all in this together!" / "You'll never walk alone" ;o)
Ich wünsche Allen einen wundervollen Start in die Woche!
Herzliche Grüße
Venus