Nachtrag:
Die Diskussion scheint mir an einer Stelle zu haken, die beim Diabetes bis jetzt noch niemand gefunden hat: Am krankhaften/krankmachenden Ursprung.
Blutzucker ist lebensnotwendig. Von irgendwo bei 4 startend bis 5,5% der roten Blutkörperchen und analog dazu auch alle übrigen Eiweißteilchen im Organismus sind bei völlig gesunden Menschen beständig dauerhaft verzuckert. Und auch diese Verzuckerung macht durchaus schon negative Auswirkungen, nämlich nach Statistiken der American Heart Association eine Verdoppelung der Herzkreislauf-Ereignisse von HBA1c 4,5 auf 5,5.
Mit zunehmender Verzuckerung bei zunehmendem Blutzucker passiert so lange Zeit gar nichts, bis an irgend einer Stelle die Konzentration von verzuckerten Eiweißen die gesunde Funktion des jeweiligen Organs/Gewebes dauerhaft beeinträchtigt oder gar verhindert.
Zusätzlich dazu können größere Schwankungen im Systemdruck zwischen den Zellen Schäden anrichten. Normal sind Schwankungen um maximal etwa 50-60mg/dl, also zwischen nüchtern um 60 bis maximal nach einem Essen 120 oder von nüchtern um 80 bis maximal nach dem Essen um 140. Der Druckausgleich zwischen den Zellen kann offenbar leisten, wenn damit jedes Glukose-Teilchen mehr sofort 5 Teile mehr Wasser bindet, bzw. jedes weniger 5 Teile Wasser überflüssig lässt. Je mehr Wasser in kurzer Zeit auf diese Weise bewegt werden muss, desto mehr Zellstrukturen werden damit verändert bis geschädigt.
Was primär auslöst, dass der Blutzucker über den gesunden Rahmen hinaus anzusteigen beginnt, ist bislang in 99 von 100 Fällen völlig unbekannt. Der sekundäre Auslöser ist beim Typ1 das Absterben der Insulin-Produzierenden Beta-Zellen. Beim Typ2 kennen wir nicht einmal so einen sekundären, sondern allenfalls tertiäre, wie z.B. eine nichtalkoholische Fettleber, mit der die Blutzuckerregelung erheblich gestört werden kann.
Die primäre Auslösung kann bislang an keiner Größenveränderung fest gemacht werden. Denn die Anzahl der funktionierenden Beta-Zellen lässt sich nur mit immensem Aufwand bestimmen und über einen sehr weiten Bereich nicht über die Insulin-Ausgabe schätzen, weil die einzelnen Zellen in ihrer Ausgabemenge um wenigstens 50% variabel sind.
Ebenso gibt es keine feste Größe, ab der eine Fettleber die Blutzucker-Regelung erheblich negativ beeinflusst. Zudem ist bislang völlig ungeklärt, wie eine Fettleber entsteht, denn die kann nicht nur bei wohl den meisten übergewichtigen Menschen beobachtet werden, sondern auch bei vielen völlig normalgewichtigen.
Ob sich der Blutzucker überhaupt irgendwann über gesund und höher verschieben wird oder nicht, lässt sich nicht wirklich ernsthaft vorhersagen. Bei den meisten halt nicht, weil die meisten bislang noch keinen höheren Blutzucker haben.
Wenn sich der Blutzucker höher verschiebt, lässt sich das erst dann messen, wenn primär und sekundär schon einiges abgelaufen ist und das komplexe Regelsystem die Störungen nicht mehr alleine komplett ausgleichen kann. Dann ist es an uns Betroffenen, die defekte Regelung so unterstützen, dass dabei alltäglich zuverlässig ein möglichst gesunder Blutzucker-Verlauf raus kommt. Nichts anderes macht eine gute Diabetes-Behandlung, wenn die Betroffenen damit gewartet haben, bis ihr Blutzucker die Diagnose-Grenzwerte überschreitet.
Warum der HBA1c-Wert zur Diagnose?
Weil dafür die Blutabnahme gleich beim ersten Arzt-Besuch ausreicht, völlig unabhängig von der Tageszeit und dem letzten Essen vorher und weil damit kein mehrstündiger Praxisaufenthalt notwendig ist wie beim OGTT.
Bisdann, Jürgen