Hi,
das mit Deinen früheren Hobbies hört sich doch schonmal gut an
Wann hat es denn angefangen, daß sie Dir zunehmend weniger Spaß gemacht haben? Das mit dem Modeln und dem Kind ist eigentlich sofort klar. Aber wann ging das mit den anderen Sachen los?
Ich berichte mal wieder etwas von mir und meinem Depri-Werdegang:
Rückblickend kann ich glaube ich sagen, daß meine Depri sich bestimmt über 3-4 Jahre hinweg angekündigt hat - wahrscheinlich schon auf Basis einer gewissen Empfänglichkeit ohnehin. Erst ist meine Mutter gestorben, eine Woche später wurde unser Sohn geboren, gleichzeitig deutlich weniger Anerkennung im Job und insgesamt weniger Zeit und Möglichkeit zur positiven Kompensation. Es kam eine Menge Streß hinzu, und schleichend ging der Spaß in meinem Leben. Hier ein bißchen, dort ein bißchen, "ach, das ist doch langweilig", "früher hat mir das mehr Spaß gemacht", "so viele Drachen und Monster wie ich schon erledigt hab..." (PC-Rollenspiele), "so viele Fantasy-Bücher, wie ich schon gelesen hab, was soll mich da noch überraschen..." usw.
Es kam schleichend, unerkannt, und da ich es nicht erkannte, habe ich es mir auch noch madig geredet. Woher sollte ich auch was böses ahnen...?!?
Dann kam im letzten November der erste richtig akute Schub. Akku leer, Motor aus, Schlüssel weg, alles futsch.
Und da schwand dann auch der letzte Funken Spaß an meinen Hobbies. Über wenigstens 2-3 Tage hinweg konnte ich mir absolut nicht vorstellen, was mich in meinem Leben noch motivieren sollte. Mir hat nichts Spaß gemacht. Bei dem Gedanken, Pinsel, Farben und Figuren für meinen Modellbau in die Hand zu nehmen, machte sich eine solche Unlust breit... Ich bin in mein Hobbyzimmer gegangen, und ich hab alle meine Sachen kaum wiedererkannt. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was mir daran Spaß machen sollte. Ich konnte mich lediglich - und zum Glück - noch sehr gut daran erinnern, daß es mir mal Spaß gemacht hat.
Aber für die Zukunft... wieder Spaß am Lesen, Spaß am PC-Spielen, Spaß am Modellbau... ?!? Never ever!!! Das einzige, worüber ich mich in der Zeit wenigstens etwas freuen konnte, war, wenn ich nachmittags endlich mal den Ar*** hochbekommen hab und aus dem Haus gegangen bin. Viel mehr war kaum mit mir anzufangen.
Ok - jetzt ging das bei mir damals nur über ein paar Tage. Ein Witz im Vergleich zu Deiner Phase, ja.
Aber ich kenne das Gefühl, und ich verstehe, was Du schreibst.
Bei mir verging es dann erst ... nur um im Sommer wiederzukehren.
Und da hielt es über Wochen an, immer wieder. Zwar nicht ganz so massiv wie letztes Jahr, aber dafür deutlich anhaltender. Null Bock auf nix.
Was hab ich gemacht:
Ich hab mich trotzdem immer mal wieder an meine Hobbies gesetzt!
Früher konnte ich stundenlang am Stück lesen, Figuren bemalen oder am PC sitzen - jetzt war die Konzentration und anfängliche Mini-Motivation meist schon nach zehn Minuten wieder verflogen, maximal nach ner halben Stunde.
Na und? Ich hab beschlossen, mich durchzubeißen. Entweder, indem ich abgebrochen hab und was anderes gemacht hab, meistens rausgehen. Oder indem ich extra noch ne Viertelstunde oder so drangehängt hab.
Je besser das Fluoxetin dann wirkte, umso mehr fing ich mich und umso mehr kam der Spaß an meinen Hobbies zurück.
So richtig perfekt "wie damals" ist es aber (leider) immer noch nicht. Ich muß mich immer noch häufiger mal selbst treten und antreiben, irgendwas zu beginnen. Aber es geht. Irgendwie.
Auf das Niveau kannst Du auch wieder zurückkommen!
Daß Du so drinhängst, liegt einzig an Deiner Krankheit und daran, daß die bisherigen Therapien nicht so richtig angeschlagen haben. Aber das solltest Du mal durchschauen und für Dich selbst dann gegenargumentieren, wenn wieder so ein Unlustschub kommt. Es geht ja nicht darum, daß Du sofort freudestrahlend und euphorisch wieder mit dem Modeln anfängst. Aber organisiere Dir für's erste was überschaubares, engangiere nen Babysitter, Deine (Schwieger-)Eltern oder Freunde, und dann mach etwas von dem, was Dir früher Spaß gemacht hat. Ganz in Ruhe, ohne Druck, es kann eh nur besser werden
Beim Psyschiater war ich ja letzte Woche erst , was soll ich denn wieder da ? Wie weiter oben beschrieben ....
Ihm die volle WAHRHEIT sagen! Daß Du's nicht mehr aushältst. Und daß Du gern mal eine andere, stärkere Therapie ausprobieren möchtest. Bspw. eben die Elektroschocktherapie.
Mensch Chibi, ja, ganz genau, was hast Du denn zu verlieren?!? Also erzähl's ihm!
Wenn er nichts daran ändern möchte oder sich auch bei einer Änderung nichts verbessert, kannst Du es immer noch auf den Knall ankommen lassen. Aber gib Dich nicht auf. Noch nicht jetzt, dafür stehen Dir noch zu viele Möglichkeiten offen.
Mal abschließend noch ein paar Fragen:
WILLST Du wirklich sterben?
Willst Du wirklich NICHT MEHR leben?
Falls ja, warum (nicht)?
Oder willst Du lediglich SO nicht mehr weiterleben?
Was ist dieses "SO"? Kannst Du das irgendwie herausfühlen?
Was setzt Dir so sehr zu bzw. hat es anfangs getan, war der Auslöser für den Depri-Ausbruch vor einem Jahr?
Könntest Du Dir vorstellen, weiterleben zu wollen, wenn sich irgendetwas an dem Jetzt und Heute veränderte?
Was müßte sich ändern?
Chibi, wirklich, Hand auf Herz, geh der Sache auf den Grund!
Wenn Du es mit dem Wunsch zu sterben wirklich ernst meinen solltest (und ich hoffe, daß Du tief drin doch leben möchtest), dann brauchst Du keine großen Geheimnisse mehr zu hüten, erst recht nicht vor Dir selbst. Du brauchst es selbstverständlich auch hier nicht zu schreiben - um Himmels Willen, nicht falsch verstehen, das geht mich alles nichts an. Aber sei ehrlich zu Dir selbst, und dann erzähle dem Psychiater und Deinem Therapeuten so viel davon wie möglich und nötig, damit sie Dir helfen können.
Darum geht es.
Ich bin in Gedanken viel bei Dir und Deinem Problem, und ich wünsche Dir wirklich von ganzem Herzen ganz viel Kraft. Du wirst sie brauchen, und Du wirst sie erhalten. Du BIST stark.
Jede Depression geht vorüber. Auch Deine! 