alex_77
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Moin 

Nun ja, ich denke auf irgendeine Art und Weise trifft das schon auch auf mich zu:
Rückblickend habe ich mir in den letzten 10-20 Jahren sicher immer wieder versucht, die Dinge von damals schön zu reden bzw. die negativen Ereignisse zu relativieren, zu negieren, beiseitezuwischen:
Zum einen haben wir drei Kinder von unserem Vater schon manchmal ne ordentliche Tracht Prügel einkassiert, wenn wir richtigen Mist gebaut hatten. Nicht täglich, nicht wöchentlich, nicht monatlich, aber eben immer dann, wenn es meinem Vater angemessen erschien. Mit der Zeit hatte ich davor dann regelrechte Panik, wenn ich wußte, daß es abends bzw. „gleich“ „was setzen“ würde… Grundlos geschah das nie – mein Vater ist kein Schläger. Und für die Generationen bis zu seiner war ne Tracht Prügel noch ein probates Erziehungsmittel… für mich heute undenkbar – ich krieg schon Gewissensbisse, wenn ich unserem Sohn nur alle paar Monate mal leicht eine klappse, damit er spürt, daß es weh tut, wenn man haut und tritt.
Wie auch immer: Mein Vater hatte in der Zeit sicher eine Tendenz zum Jähzorn und auch dazu, diesen auszuleben – das war phasenweise alles andere als schön und hörte eigentlich erst auf, als wir älter wurden.
Zum anderen hat der Mittlere von uns Dreien mit der Pubertät angefangen, gehörig auszubrechen. Er hatte schon immer eine Tendenz zur Hyperaktivität, mußte zeitweise auch Ritalin nehmen, und so mit 12, 14 Jahren etwa nahmen die Eskapaden dann gewaltig zu. Das sorgte für jahrelangen Krach zwischen meinem Vater (der die psychischen Schwierigkeiten meines Bruders schlichtweg nicht anerkennen wollte; das paßte einfach nicht in sein Weltbild, war tabu; so etwas gab es in seiner Familie nicht) und meiner Mutter (die umso mehr zu ihrem Sohn hielt). Phasenweise waren das offene Fronten, in denen nur so die Fetzen flogen, dann wieder unruhige Waffenstillstände, in denen der Konflikt aber unterschwellig schwelte und ein falsches Wort dazu führen konnte, daß mein Vater wieder aus der Haut gefahren ist. Und mein Bruder mit seiner Art – aus welchen berechtigten oder nachvollziehbaren Gründen auch immer – konnte da natürlich auch nie Ruhe halten, sondern hat jede Konfrontationsmöglichkeit auch voll ausgeschöpft… Eine dieser Aktionen mit anschließendem Familienkrach hat mir meinen 17. Geburtstag versaut :/
Zum Glück war ich davon „nur“ unmittelbar betroffen und konnte mich immer ein bißchen auf die Aussicht zurückziehen, daß ich als Ältester ja als Erster aus dem Haus gehen würde. Damit ließ es sich dann aushalten.
Aber „schön“ war sicherlich auch anders.
Schließlich dann noch Hänseleien in den ersten fünf bis sechs Schuljahren; sowas geht ja auch nicht spurlos an einem vorbei, wenn man größtenteils der Außenseiter ist und regelmäßig gemobbt wird.
Unter’m Strich würde ich sagen, hatte ich trotzdem eine weitestgehende schöne und unbeschwerte Kindheit und Jugend. Aber bei dieser Beurteilung ist sicherlich auch eine ganz gehörige Portion Rationalität und bewußte Distanz-Wahrung mit im Spiel – diese ganzen Geschichten haben garantiert nicht unerheblich zur Füllung meines Fasses beigetragen! Keine Frage. Und vor allem eben über das Unterbewußtsein wirkt da garantiert ein Leben lang immer wieder etwas nach, kommt wieder hoch, usw. Es sind eben negative Erfahrungen in den prägenden Jahren, und die werden abgespeichert und es werden (teils eben unbewußt) entsprechende Verhaltensmuster zur Vermeidung ähnlicher Situationen in der Zukunft entwickelt – da beißt die Maus kein‘ Faden ab.
Ja, das ist sicher richtig.
Alles werden Medis ohnehin nie „heilen“ können – denn dann müßten sie ja auch in der Lage sein, das Gedächtnis, die Vergangenheit und die Erfahrungen zu „heilen“.
Ich hoffe nur eben einfach darauf, daß es irgendwann Medis gibt, die einen stärker, zuverlässiger und ohne größere Nebenwirkungen dabei unterstützen, mehr Gelassenheit, Ruhe und Frieden an den Tag zu legen. Und zwar, ohne einen zu dämpfen und in einen willenlosen Zombie zu verwandeln, sondern schlicht nur den Körper dabei unterstützen, Dauerstreß (sprich Adrenalin und Cortisol) auf verträgliche Weise zügig auch wieder abzubauen, bevor es zu chronischen Langzeitfolgen und Erkrankungen kommt.
Denn in meinen Augen – und jetzt bin ich wieder bei den Ursachen von Ängsten und Depressionen in organischer Hinsicht – entstehen viele Ängste und Depressionen durch anhaltenden Dauerstreß oder werden durch diesen zumindest massiv begünstigt. Wie es ja auch bei anderen Krankheiten der Fall ist (Gastritis, Rückenschmerzen, Migräne, Krebs, Neurodermitis …). Wenn es irgendwann möglich ist, die Streßpegelausschläge zu regulieren – wie gesagt ohne NW’en -, sind wir, glaube ich durchaus einen Schritt weiter in Sachen Prävention von Angststörungen und Depressionen.
Was allerdings auch kein Allheilmittel oder Freibrief für die Wirtschaft und Gesellschaft darstellen soll: Eigentlich müßte das Ziel eher sein, für sämtliche streßbedingten oder durch Streß begünstigten Erkrankungen ein so breites Verständnis in der Gesellschaft und der Welt zu schaffen, daß die ganzen sozialen Stressoren massiv reduziert werden. Der Mensch ist ein Herdentier, ein soziales Wesen, und sehr viele Menschen definieren sich per se über ihr Auskommen mit anderen Menschen, über ihr Ansehen und ihre Integration in die Gruppe. Das ist schonmal rein anthropologisch-evolutionär so, war in der Steinzeit überlebenswichtig, und auch daran beißt, glaube ich, die Maus grundsätzlich kein‘ Faden ab. Nur im Gegensatz zu unseren Vorfahren in der Steinzeit sollten wir heutzutage eigentlich eine Stufe weiter sein und unsere Intelligenz besser dazu nutzen, Menschen, die derart ticken (und das sind garantiert sehr viele!) und eben biologisch so programmiert sind, nicht durch irgendwelche Leistungskennziffern und überproportionalen Anforderungen permanent auszugrenzen. Leistung und Erfolg sind grundsätzlich ne schöne Sache – aber ich denke, hier haben wir modernen Zivilisationen mittlerweile jedes Maß aus den Augen verloren. Schneller, höher, weiter, und immer noch mehr. Und wenn der einzelne auf der Strecke bleibt – so what – „so ist das schon immer gewesen“… Super… Steinzeit-Mentalität in Reinkultur
*Augen-verdreh* Wobei: Wahrscheinlich tue ich den Steinzeitmenschen damit Unrecht: Die sind in der Hinsicht garantiert sozialer gewesen als wir heute!
Mir hilft das in der Regel ganz gut, hab ich ja auch schon verschiedentlich hier im Forum beschrieben:
Sobald es bei mir wieder zu arg bergab geht, kommt früher oder später der Gedanke hoch, wie denn andere mit so etwas fertigwerden. Also fange ich an, Berichte anderer Betroffener zu lesen oder gerade auch im Promi-Bereich zu recherchieren. Und wenn ich dann sehe, wie viele Depressive und Angstgestörte damit schon so viel länger herummachen wie ich und mit der Zeit gelernt haben, halbwegs oder sogar gut damit zurecht zu kommen, dann gibt mit das Hoffnung: Wenn andere das schaffen – teils auch noch unter schlechteren Ausgangsbedingungen -, dann schaffe ich es auch!
Zum anderen beziehe ich mich mit meiner Ansicht nicht nur auf andere Depressive und Angstgestörte, sondern auch Menschen mit schlimmeren Erkrankungen ganz allgemein: Ich kann mich glücklich schätzen, quasi „nur“ eine Depression und Angststörung zu haben. Es gibt Menschen, die haben Aids, Krebs oder was-auch-immer und entwickeln darauf aufbauend dann noch psychische Erkrankungen! Meine Depression und Angst basiert nach bisherigen Erkenntnissen „nur“ auf meinem Leben und einem vollen Faß, das ich mit der Zeit immer besser zu handeln lernen kann. Die Angst und Depression von Krebspatienten basiert auf einer ziemlich heftigen Diagnose, und je nach Krebsart kommt das einem sicheren Todesurteil ohne große Hoffnung gleich. Ich weiß wirklich nicht, ob ich in der Lage wäre, das zu handeln… zu wissen, daß ich nur noch ein halbes oder ganzes Jahr zu leben hätte oder vielleicht sogar weniger… Natürlich geschehen auch hier Wunder, und manch Todgeweihter lebt dann wider Erwarten doch noch zehn oder zwanzig Jahre. Gibt’s alles. Ich glaube nur, daß ein Kampf gegen Depression und Angst unter solchen Vorzeichen ungleich schwerer ist.
Deswegen – bei aller Verzweiflung, die immer noch zu oft hochkommt – sag ich mir eben immer wieder, daß ich noch vergleichsweise Glück habe und es mir definitiv sehr viel schlechter gehen könnte.
Versuchst Du denn hin und wieder, Dich trotz allem im Spiegel wohlwollend, anerkennend und vielleicht sogar liebevoll anzulächeln?
Es könnte ein Anfang sein, um zumindest einen solchen Abklatsch herzustellen. Und vielleicht würde mit den Wochen und Monaten mehr draus.
Ich glaube aber mittlerweile, daß es mittlefristig das einzige ist, was mich aus der Schei*e rausholt: Immer wieder laufen gehen (war ich jetzt zwei Monate lang nicht; am Sonntag das erste Mal wieder damit angefangen). Immer wieder Affirmationen. Immer wieder die CD’s. Immer wieder Entspannungsübungen. Immer wieder Mentaltraining. Immer wieder…
Ich stelle fest, daß es nur so geht.
Allerdings muß ich meinen inneren Schweinehund davon auch erst noch so richtig überzeugt bekommen – der grätscht mir da auch noch viel zu häufig dazwischen *hrmpf*
Und wieder ein langer Text
LG
Alex

Naja, mein Text war auch nicht gerade kurzBoah, aber lang ists geworden.![]()
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Ja, so ne blöde Vermutung habe ich da auch… *hrmpf*Ich glaube das volle Fass trifft auf dich jedenfalls zu, wohl auf jeden, ich denke je nachdem steigt auch die Füllhöhe die irgendwann stetig vorhanden ist und man nur noch bis zum letzten Eichstrich abtragen kann, der Rest bleibt fest verankert als mindeste Füllhöhe, wird also in den Normalzustand übernommen.
Da kommt es aber wohl wieder auf das Empfinden an, hättest du mich vor dreißig Jahren gefragt ob ich eine schöne Kindheit hatte, hätte ich das sicher bejaht.
Das hat vielleicht den Grund das ich das meiste was belastend war gar nicht bewusst auf dem Schirm hatte und das ich wohl von Anfang an schön und schlecht anders definierte.
Wenn du in einer Situation aufwächst die nicht besonders förderlich für ein
Nun ja, ich denke auf irgendeine Art und Weise trifft das schon auch auf mich zu:
Rückblickend habe ich mir in den letzten 10-20 Jahren sicher immer wieder versucht, die Dinge von damals schön zu reden bzw. die negativen Ereignisse zu relativieren, zu negieren, beiseitezuwischen:
Zum einen haben wir drei Kinder von unserem Vater schon manchmal ne ordentliche Tracht Prügel einkassiert, wenn wir richtigen Mist gebaut hatten. Nicht täglich, nicht wöchentlich, nicht monatlich, aber eben immer dann, wenn es meinem Vater angemessen erschien. Mit der Zeit hatte ich davor dann regelrechte Panik, wenn ich wußte, daß es abends bzw. „gleich“ „was setzen“ würde… Grundlos geschah das nie – mein Vater ist kein Schläger. Und für die Generationen bis zu seiner war ne Tracht Prügel noch ein probates Erziehungsmittel… für mich heute undenkbar – ich krieg schon Gewissensbisse, wenn ich unserem Sohn nur alle paar Monate mal leicht eine klappse, damit er spürt, daß es weh tut, wenn man haut und tritt.
Wie auch immer: Mein Vater hatte in der Zeit sicher eine Tendenz zum Jähzorn und auch dazu, diesen auszuleben – das war phasenweise alles andere als schön und hörte eigentlich erst auf, als wir älter wurden.
Zum anderen hat der Mittlere von uns Dreien mit der Pubertät angefangen, gehörig auszubrechen. Er hatte schon immer eine Tendenz zur Hyperaktivität, mußte zeitweise auch Ritalin nehmen, und so mit 12, 14 Jahren etwa nahmen die Eskapaden dann gewaltig zu. Das sorgte für jahrelangen Krach zwischen meinem Vater (der die psychischen Schwierigkeiten meines Bruders schlichtweg nicht anerkennen wollte; das paßte einfach nicht in sein Weltbild, war tabu; so etwas gab es in seiner Familie nicht) und meiner Mutter (die umso mehr zu ihrem Sohn hielt). Phasenweise waren das offene Fronten, in denen nur so die Fetzen flogen, dann wieder unruhige Waffenstillstände, in denen der Konflikt aber unterschwellig schwelte und ein falsches Wort dazu führen konnte, daß mein Vater wieder aus der Haut gefahren ist. Und mein Bruder mit seiner Art – aus welchen berechtigten oder nachvollziehbaren Gründen auch immer – konnte da natürlich auch nie Ruhe halten, sondern hat jede Konfrontationsmöglichkeit auch voll ausgeschöpft… Eine dieser Aktionen mit anschließendem Familienkrach hat mir meinen 17. Geburtstag versaut :/
Zum Glück war ich davon „nur“ unmittelbar betroffen und konnte mich immer ein bißchen auf die Aussicht zurückziehen, daß ich als Ältester ja als Erster aus dem Haus gehen würde. Damit ließ es sich dann aushalten.
Aber „schön“ war sicherlich auch anders.
Schließlich dann noch Hänseleien in den ersten fünf bis sechs Schuljahren; sowas geht ja auch nicht spurlos an einem vorbei, wenn man größtenteils der Außenseiter ist und regelmäßig gemobbt wird.
Unter’m Strich würde ich sagen, hatte ich trotzdem eine weitestgehende schöne und unbeschwerte Kindheit und Jugend. Aber bei dieser Beurteilung ist sicherlich auch eine ganz gehörige Portion Rationalität und bewußte Distanz-Wahrung mit im Spiel – diese ganzen Geschichten haben garantiert nicht unerheblich zur Füllung meines Fasses beigetragen! Keine Frage. Und vor allem eben über das Unterbewußtsein wirkt da garantiert ein Leben lang immer wieder etwas nach, kommt wieder hoch, usw. Es sind eben negative Erfahrungen in den prägenden Jahren, und die werden abgespeichert und es werden (teils eben unbewußt) entsprechende Verhaltensmuster zur Vermeidung ähnlicher Situationen in der Zukunft entwickelt – da beißt die Maus kein‘ Faden ab.
Jepp…Aber nun versuch das mal raus zu finden, ich denke das würde schon alleine die eigenen Möglichkeiten sprengen.
Diese Formulierung trifft es ziemlich genau *daumen-hoch*Als junger Mensch, zumindest war es bei mir so, hatte der Tot eine ganz andere Bedeutung, einen anderen Stellenwert, als heute: Ich war ein wenig unsterblicher.
Alleine die
Angststörung los zu werden würde sicher einiges bei den Depressionen und der Lebensqualität verbessern, oder umgekehrt wäre es genauso von Vorteil.
Ja, das ist sicher richtig.
Alles werden Medis ohnehin nie „heilen“ können – denn dann müßten sie ja auch in der Lage sein, das Gedächtnis, die Vergangenheit und die Erfahrungen zu „heilen“.
Ich hoffe nur eben einfach darauf, daß es irgendwann Medis gibt, die einen stärker, zuverlässiger und ohne größere Nebenwirkungen dabei unterstützen, mehr Gelassenheit, Ruhe und Frieden an den Tag zu legen. Und zwar, ohne einen zu dämpfen und in einen willenlosen Zombie zu verwandeln, sondern schlicht nur den Körper dabei unterstützen, Dauerstreß (sprich Adrenalin und Cortisol) auf verträgliche Weise zügig auch wieder abzubauen, bevor es zu chronischen Langzeitfolgen und Erkrankungen kommt.
Denn in meinen Augen – und jetzt bin ich wieder bei den Ursachen von Ängsten und Depressionen in organischer Hinsicht – entstehen viele Ängste und Depressionen durch anhaltenden Dauerstreß oder werden durch diesen zumindest massiv begünstigt. Wie es ja auch bei anderen Krankheiten der Fall ist (Gastritis, Rückenschmerzen, Migräne, Krebs, Neurodermitis …). Wenn es irgendwann möglich ist, die Streßpegelausschläge zu regulieren – wie gesagt ohne NW’en -, sind wir, glaube ich durchaus einen Schritt weiter in Sachen Prävention von Angststörungen und Depressionen.
Was allerdings auch kein Allheilmittel oder Freibrief für die Wirtschaft und Gesellschaft darstellen soll: Eigentlich müßte das Ziel eher sein, für sämtliche streßbedingten oder durch Streß begünstigten Erkrankungen ein so breites Verständnis in der Gesellschaft und der Welt zu schaffen, daß die ganzen sozialen Stressoren massiv reduziert werden. Der Mensch ist ein Herdentier, ein soziales Wesen, und sehr viele Menschen definieren sich per se über ihr Auskommen mit anderen Menschen, über ihr Ansehen und ihre Integration in die Gruppe. Das ist schonmal rein anthropologisch-evolutionär so, war in der Steinzeit überlebenswichtig, und auch daran beißt, glaube ich, die Maus grundsätzlich kein‘ Faden ab. Nur im Gegensatz zu unseren Vorfahren in der Steinzeit sollten wir heutzutage eigentlich eine Stufe weiter sein und unsere Intelligenz besser dazu nutzen, Menschen, die derart ticken (und das sind garantiert sehr viele!) und eben biologisch so programmiert sind, nicht durch irgendwelche Leistungskennziffern und überproportionalen Anforderungen permanent auszugrenzen. Leistung und Erfolg sind grundsätzlich ne schöne Sache – aber ich denke, hier haben wir modernen Zivilisationen mittlerweile jedes Maß aus den Augen verloren. Schneller, höher, weiter, und immer noch mehr. Und wenn der einzelne auf der Strecke bleibt – so what – „so ist das schon immer gewesen“… Super… Steinzeit-Mentalität in Reinkultur

Damit das es anderen Menschen schlechter geht, als Trostargument, darf man mir nur bedingt kommen.
Das würde bei mir funktionieren wenn eine
Hand ab ist und einem anderen fehlt der ganze Arm, das ist etwas das man auch als Betroffener von Außen betrachten kann.
Mir hilft das in der Regel ganz gut, hab ich ja auch schon verschiedentlich hier im Forum beschrieben:
Sobald es bei mir wieder zu arg bergab geht, kommt früher oder später der Gedanke hoch, wie denn andere mit so etwas fertigwerden. Also fange ich an, Berichte anderer Betroffener zu lesen oder gerade auch im Promi-Bereich zu recherchieren. Und wenn ich dann sehe, wie viele Depressive und Angstgestörte damit schon so viel länger herummachen wie ich und mit der Zeit gelernt haben, halbwegs oder sogar gut damit zurecht zu kommen, dann gibt mit das Hoffnung: Wenn andere das schaffen – teils auch noch unter schlechteren Ausgangsbedingungen -, dann schaffe ich es auch!
Zum anderen beziehe ich mich mit meiner Ansicht nicht nur auf andere Depressive und Angstgestörte, sondern auch Menschen mit schlimmeren Erkrankungen ganz allgemein: Ich kann mich glücklich schätzen, quasi „nur“ eine Depression und Angststörung zu haben. Es gibt Menschen, die haben Aids, Krebs oder was-auch-immer und entwickeln darauf aufbauend dann noch psychische Erkrankungen! Meine Depression und Angst basiert nach bisherigen Erkenntnissen „nur“ auf meinem Leben und einem vollen Faß, das ich mit der Zeit immer besser zu handeln lernen kann. Die Angst und Depression von Krebspatienten basiert auf einer ziemlich heftigen Diagnose, und je nach Krebsart kommt das einem sicheren Todesurteil ohne große Hoffnung gleich. Ich weiß wirklich nicht, ob ich in der Lage wäre, das zu handeln… zu wissen, daß ich nur noch ein halbes oder ganzes Jahr zu leben hätte oder vielleicht sogar weniger… Natürlich geschehen auch hier Wunder, und manch Todgeweihter lebt dann wider Erwarten doch noch zehn oder zwanzig Jahre. Gibt’s alles. Ich glaube nur, daß ein Kampf gegen Depression und Angst unter solchen Vorzeichen ungleich schwerer ist.
Deswegen – bei aller Verzweiflung, die immer noch zu oft hochkommt – sag ich mir eben immer wieder, daß ich noch vergleichsweise Glück habe und es mir definitiv sehr viel schlechter gehen könnte.
Genau diese Stimmungen sind es auch die ich am meisten und schmerzlich vermisse, da komme ich mir auch manchmal wie ein
Versuchst Du denn hin und wieder, Dich trotz allem im Spiegel wohlwollend, anerkennend und vielleicht sogar liebevoll anzulächeln?
Es könnte ein Anfang sein, um zumindest einen solchen Abklatsch herzustellen. Und vielleicht würde mit den Wochen und Monaten mehr draus.
Geht mir ganz genauso.Allerdings, trotzdem ich mag Wiederholungen überhaupt nicht.
Es fällt mir unendlich schwer über längere Zeit immer dasselbe zu machen, zu denken.
Mangel an Disziplin, oder die Ödnis das dauernd zu tun ohne das sich endlich mal was bewegt, keine Ahnung, aber da hat mein innerer Schweinehund beim Verteilen des Durchsetzungsvermögens, wohl sehr oft hier geschrien und ich, nicht.
Ich glaube aber mittlerweile, daß es mittlefristig das einzige ist, was mich aus der Schei*e rausholt: Immer wieder laufen gehen (war ich jetzt zwei Monate lang nicht; am Sonntag das erste Mal wieder damit angefangen). Immer wieder Affirmationen. Immer wieder die CD’s. Immer wieder Entspannungsübungen. Immer wieder Mentaltraining. Immer wieder…
Ich stelle fest, daß es nur so geht.
Allerdings muß ich meinen inneren Schweinehund davon auch erst noch so richtig überzeugt bekommen – der grätscht mir da auch noch viel zu häufig dazwischen *hrmpf*

Und wieder ein langer Text

LG
Alex