Re: Hilfe - Ex-Frau hat die Kinder aufgehetzt!
@tired:
vielen Dank für Deine 2 Posts der letzten Nacht!
Das hat mir wirklich weitergeholfen, die Dinge mal aus einer anderen Sicht zu sehen, da ich bislang davon ausgegangen bin, daß es genau umgekehrt ist. Ich bin davon ausgegangen, daß es dem Großen an nichts fehlt und der Kleine eigentlich immer der war, der sich allein und verlassen fühlte!
Beim Großen schwebte immer in der Familie der Satz mit, daß ist der arme Junge, dessen biologischer Vater ihn nicht wollte und gerade deswegen immer hat immer alles und noch ein bißchen mehr bekommen. Er wurde mehr verwöhnt als der Kleine, die Geschenke an den Großen waren immer ein wenig größer, wenn er Mist machte, wurde ihm immer sofort verziehen und wirkliche Grenzen wollte ihm nie einer aufzeigen.
Als mein Freund das Studium nach der Elternzeit wieder aufgenommen hatte, kam der Kleine tagsüber zu Oma und Opa mütterlicherseits und die behandelten ihn wie den eigenen Sohn, den sie niemals hatten und auch hier stand er im Mittelpunkt und ist dort heute noch die absolute Nummer 1 und kommt da weit vor seiner Mutter und auch weit vor seinem Bruder!
Dazu sieht er aus wie ein kalifonisches Surf-Model: groß, blond, durchtrainiert, ist der absolute Teenagerschwarm, die Mädels geben sich die Türklinge in die Hand und vor Verabredungen kann er sich kaum retten. Die Schule macht er mit links, ohne sich groß anstrengen zu müssen, im Fußballverein ist er der Star-Spieler und nach jedem Spiel sind die Lokalzeitungen voll des Lobes und ja, da macht man sich leider keine Gedanken darüber, welche Last auf ihm sein könnte und daß er sich allein oder vernachlässigt fühlen könnte.
Der Kleine dagegen ist eher das häßliche tolpatschige Entlein. Er ist mitten in der Pubertät, hat daher Pickel und eine festsitzende Zahnspange. Ist Brillenträger, findet Friseur ganz übel, ist unsportlich und daher recht pummelig, hat massive Probleme in der Schule, weil er eine Schreib-/Leseschwäche hat und seine Nachhilfelehrer sind fast am Verzweifeln. In seiner Kindheit hat er sich ständig was gebrochen, weil er so tapsig ist und selbst heute muss man Angst haben, wenn man ihn zum Bowling nimmt, daß er nicht mit dem Finger in der Kugel stecken bleibt oder beim Anlauf über die Schnürsenkel fällt. Trotzdem hat er immer ein Lächeln oder einen lustigen Spruch drauf.
Natürlich darf und sollte man Kinder nicht miteinander vergleichen. Jeder hat seine Stärken und auch seine Schwächen, genau wie wir auch, aber der Punkt ist doch der: kann man sich wirklich davon frei machen? Sollte man sich überhaupt davon frei machen? Ist es nicht wichtig, die Schwächen zu Stärken zu machen und zu schauen, daß die Stärken nicht zu dominierend werden?
Und nein, ich bin hier nicht gelassen und gefühlskalt! Ich sagte ja auch in einem meiner vorangegangenen Posts, wer hier sagt, sowas würde einem am A+++ vorbeigehen, den bewundere ich, denn ich kann es nicht!
Bei den letzten Familientreffen, wo ich wußte, der Große kommt, schlug vorher schon mein Herz wie verrückt, denn ich wußte, alle werden wieder schauen, alle werden uns mit Argusaugen beobachten und jedesmal bettete ich innerlich: bitte, bitte lieber Gott, mach, daß der Große Hallo sagt, damit es an dieser Stelle keinen weiteren Ärger gibt!
Es war und ist nicht mein Bestreben und das war es auch noch nie, daß ich nun in diese Familie komme und nun soll und muss sich die Welt nach mir drehen!
Vielleicht habe ich hier vieles unterschätzt, denn ich war bislang noch nie in der Situation, daß ich einen Partner mit Kindern habe! Ich bin zwar 2 mal Patentante - beim 17 Jährigen meiner einer Cousine und bei der 6 Jährigen meiner besten Freundin, aber dies sind ganz andere Geschichten auf einem ganz anderen Niveau. Da bin ich quasi als fester Bestandteil der Familie von Anfang an in die Rolle der Tante hineingewachsen und die Beiden kennen mich seit ihrer Geburt! Hier dagegen bin ich zu einem Zeitpunkt x mit dazu gekommen, als "Neue" an der Seite meines Freundes und da hatten beide Jungs schon ihre Erfahrungen gemacht, der Charakter und die Stärken und Schwachen waren schon da bzw dabei, sich gerade zu formen. Und weil es am Anfang im ersten Jahr wie die Bombe lief und wir zu viert viel Spaß hatten, viel unternommen haben und die Beiden auch immer gerne jede freie Minute mit uns zusammen sein wollten, habe ich vieles unterschätzt, weil ich dachte, es würde leicht sein und leicht bleiben.
Als es dann letztes Jahr um die Weihnachtszeit langsam los ging, daß die ersten Probleme auftauchten, habe ich es immer noch unterschätzt! Ich dachte mir, lass sie, sie sind in der Pubertät, vieles ist da schwierig, weil ich das auch immer an meinem 17 jährigen Patenkind gesehen habe und machte mir da auch noch nicht zu viele Gedanken, in welche Richtung das weitergehen könne. Auf einmal war jedoch der Eklat an der einen Familienfeier da und erst da begriff ich, wie extrem inzwischen eigentlich die Probleme geworden sind!
Ob und inwieweit man mir selbst etwas anmerkt, weiß ich nicht und kann es auch nicht beurteilen. Natürlich bin ich selbst nicht so locker, lässig und gelassen wie es hier vielleicht rüberkommt! Ich möchte ja Hilfe, Tips und Ratschläge und deswegen bemühe ich mich ja - trotz allem - so objektiv wie möglich zu schreiben, auch, wenn mir das oft schwer fällt, weil sich hier inzwischen natürlich sehr viel aufgestaut hat.
Allerdings bin ich auch jahrelang "trainiert" worden, daß man mir Zuneigung und Abneigung nicht abmerken soll. Bevor ich in die Selbständigkeit gegangen bin, war ich fast 10 Jahre Abteilungsleiterin in einer großen Firma. Hatte da 12 Teamleiter und fast 200 Mitarbeiter unter mir. Natürlich gibt es da immer welche, die man besonders mag und es gibt natürlich auch welche, die man eigentlich gar nicht abkann. Trotzdem habe ich versucht, alle gleich zu behandeln und als ich dann nach Umstrukturierungsmaßnahmen gegangen bin, um nach fast 20 Jahren in der gleichen Firma neue Herausforderungen anzunehmen, bekam ich eine tolle Abschiedsparty und der große Tenor war, daß mich sehr viele geschätzt haben und auch einige sehr nette Worte und Überraschungen von denen kamen, die ich nie leiden konnte.
Natürlich darf und sollte man Privates nicht mit Beruflichem vergleichen und natürlich bedeutet jahrelanges "Training" im Beruf nicht, daß man an dieser Stelle auch die Heldin im Privaten ist und das genauso handeln kann, trotzdem dachte ich für mich, daß ich dies im Griff habe! Mag sein, daß ich mich hier überschätzt habe und der Große sehr wohl gespürt hat, daß ich ihn zwar akzeptiere, weil er ein Familienmitglied ist, aber ich tief im Herzen den Kleinen weitaus sympatischer finde!
Und nein, ich mache mir absolut nichts aus dem Promi-Bonus. Für mich steht eigentlich nach wie vor an erster Stelle, was ein Mensch ist und welche Eigenschaften derjenige mitbringt und nicht, wer er ist, wie er heißt und wer seine Eltern sind.
Der Mann, mit dem ich fast 10 Jahre zusammen war und mit dem ich auch verheiratet war, war vor unserer Beziehung selbständig, musste das Handtuch dann werfen und war zu dem Zeitpunkt als wir uns kennengelernt hatten, ganz unten, hoch verschuldet, etc. Aber dies sind Dinge, die für mich absolut egal sind. Ich liebe den Menschen und nicht das, was er auf dem Konto hat bzw welchen Nachnamen er trägt!
Bei meinem heutigen Freund ist es eigentlich ähnlich. Wie ich zu Anfang berichtete, waren wir bereits vor fast 20 Jahren zusammen. Ich lernte ihn auf einer Party kennen und ich wußte nicht, wessen Sohn er ist. Er stellte sich mit seinem Vornamen vor, wir trafen uns öfter und es passte und es funkte! Erst nach ca. 2 Monaten, wo wir zusammen waren, wunderte ich mich, daß er ständig auf seinen Vater angesprochen wird. Egal, wo wir auch hingingen, alle kamen auf ihn zu und fragten, wie es seinem Vater ging, was der Vater so macht, etc und erst da "outete" sich mein Freund und sagte, wer er wirklich ist.
"Ausgenutzt" haben wir beide das nie ... weder damals noch heute. Meinem Freund selbst ist es eher unangenehm immer nur der "Sohn von ... " zu sein, denn er möchte an dem gemessen werden, was er selbst geschaffen und auf die Beine gestellt hat und ich selbst habe durch meinen Job soviele Promi´s kennengelernt, daß ich sehr wohl weiß, daß sie auch nur ganz normale Menschen sind und ich daher nicht mit offenem Mund und glänzenden Augen dastehen muss, wenn nun einer um die Ecke kommt!
Natürlich könnten wir ständig auf irgendwelche tollen Events gehen und die Einladungen dazu flattern uns fast täglich ins Haus, aber das ist einfach nicht unser Ding! Wir sind beide selbständig und haben oft eine lange und harte Arbeitswoche und daher sind wir recht froh, wenn wir am Wochenende nichts machen müssen - zumindest nicht das Schicki-Micki-Programm! Auch dies sagte ich am Anfang mal in einem meiner Posts, daß wir lieber den Picknick-Korb und die Badesachen einpacken und mit den Fahrrädern losdüsen als in irgendwelchen Beach-Clubs der Stadt einen auf dicke Hose machen zu müssen. Wenn wir wirklich mal zu einem Event gehen, dann nur, weil es ein absoluter Pflichttermin ist und man es absolut von uns erwartet, aber auch dann sehen wir eigentlich immer zu, daß wir uns schnell vom Acker machen können, denn all dies brauchen wir nicht und wollen es auch nicht!
Und, ob es letztendlich nur an mir und meinen Worten lag, daß mein Freund nun doch vorgestern noch das Gespräch mit dem Kleinen gesucht hatte, weiß ich auch nicht. Fakt ist, ich hatte ihm 4 mal gesagt, daß ich es für am Besten halte, wenn er erstmal mit dem Kleinen redet, bevor er sich ein weiteres Vorgehen überlegt. Das war in der Nacht nach dem Anruf seiner Mutter, am nächsten Morgen beim Kaffee, als er kam, um sich für den wichtigen Termin umzuziehen und dann nochmal als er wieder zu Hause war, um dann in die Stadt zu fahren, wo Ex-Frau und Kinder wohnen. Auf dem Weg in die Stadt hatte er jedoch nochmal mit seinem Vater telefoniert und auch seine Mutter besucht. Was die ihm nun gesagt und geraten haben, weiß ich letztendlich auch nicht, aber das Ergebnis dessen ist nun, daß er mit dem Kleinen geredet hatte und das ist das, was zählt! Mein Freund reagiert immer bei Nachrichten sehr impulsiv, rennt und stürmt dann los, ohne nachzudenken und vielleicht hat es ihm an diesem Donnerstag ja gut getan, daß er erstmal knappe 18 Stunden Zeit nach Eingang der Nachrichten durch seine Mutter hatte, um nachzudenken und um noch einige Gespräche führen zu können, weil es vorher zeitlich einfach nicht ging, wieder los zu stürmen und irgendwas zu tun.
Ob und wie das Gespräch laufen wird, wenn der Familienrat tagt, weiß ich auch nicht. Ob der Große dann quasi auf der Anklagebank sitzen wird, weiß ich auch nicht! Der Vater meines Freundes hatte in den letzten Tagen und Stunden viele ausgiebige Gespräche mit seiner (Noch-)Ehefrau und ich denke, an dieser Stelle werden sie sich auch Gedanken darüber gemacht haben, wie es weitergehen soll. Trotz allem, finde ich es gut, daß jetzt wieder geredet wird. Vielleicht gibt es ja jetzt die Chance, endlich mal Weichen für ein Zusammenleben und Miteinanderauskommen in dieser Familie stellen zu können. Begriffen haben sie jedenfalls, daß es nichts bringt, wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht und dies empfinde ich auf jeden Fall schon mal als Riesen-Fortschritt!
Ich für meinen Teil weiß zumindest so viel, daß ich hier viele Dinge unterschätzt habe und auf die leichte Schulter genommen habe. Erst als es knallte, stand ich wie ein Ochs vor dem Berg, war überfordert und hilflos in der Situation und bin es teilweise heute noch. Ich habe Neuland betreten, befinde mich immer noch darauf und nichts aus meinem bisherigen Erfahrungsschatz passt dazu. Ich habe keine Lösung, die ich einfach mal eben so aus der Schublade ziehen kann und dann ist es wieder gut und all das verunsichert mich eigentlich ohne Ende!