Danke Herr Dr. Riecke!
Ich habe mich sehr über ihre Antwort gefreut.
Es ist jetzt fast ein Jahr her seitdem ich meine zweite Psychose erlitten habe. Ich konnte damals gar nichts mehr. Ich hatte nur Angst und konnte nicht mal eine Sekunde alleine bleiben ohne dass es mir total schlecht ging. Ich habe immer um 16 Uhr schon geschlafen und jede Sekunde hat nur aus dieser Krankheit bestanden. Nach Beginn der Medikamenteneinnahme ginge es mir allerdings stetig immer besser.
Auch wenn mich die Nebenwirkungen sehr frustiert haben und ich fast keine Hoffnung mehr gesehen habe und akzeptieren musste, dass ich wirklich diese Krankheit habe. Mit der Akzeptanz wurde allerdings alles nur besser. Ich habe nicht mehr die Tabletten abgesetzt und kann wirklich sagen, dass es ca. 1 Jahr dauert bis es einem wieder richtig gut geht.
Das hat auch meine Psychiaterin gesagt. Dass die meisten Leute ca.. ein Jahr bräuchten bis alles verdaut ist und es ihnen wieder gut geht.
Ich finde es wirklich erstaunlich, wie dieser Weg von ganz unten wieder nach ganz oben möglich ist mit Medikamenten und guten Menschen, die sich um einen kümmern.
Die Schizophrenie ist nicht das Ende eines Lebens. Ich sage mittlerweile auch wirklich, dass ein anderer Asthma hat und ich habe halt Schizophrenie. Es schränkt mich irgendwie nicht mehr ein und ich habe es als eine ganz normale Krankheit akzeptiert. Und ich weiß auch von meiner Mutter, die ständig krank war, dass alles mit der richtigen Medikamenteneinstellung wieder gut wird, ega wie heftig alles erstmal erscheint.
Es ist schon erstaunlich, was Medikamente bewirken könne. Und ich denke meine Erfahrung wird mir im Berufsleben helfen, weil ich eine Ausbildung im Gesundheitsbereich gemacht habe und viel mit Medikamenten und kranken Leuten zu tun habe.
Ja, ich bin offen. Also ich würde nicht jedem Menschen gleich von meiner Diagnose erzählen. Aber im Gespräch mit dem Professor aus der Uni, den ich nicht kannte, habe ich alles offen zugegeben und ich bin überzeugt davon, dass das der richtige Weg war. Mit einer Lüge hätte ich sicher mein Studium nicht wieder aufnehmen dürfen.
Man sollte mutig mit der Diagnose umgehen. Ich finde man sollte auf den Fall den Freunden sagen, was man hat und wie gesagt, wenn es nötig sein muss, weil man erklären muss, warum man so lange ausgefallen ist.
Ich bin froh, dass ich heute Menschen mit meinen Beiträgen hier helfen kann. Ich hätte damals nicht gedacht, dass ich Menschen helfen kann, während mir geholfen wird.
Ich freue mich, dass ich mich heute nicht mehr wie eine Außerirdische wegen der Krankheit fühle und dass mich so viele Leute auf der Straße, in der Uni etc. ganz normal ansprechen und ich auch glaube, dass diese Hochsensibilität oder das "Anderssein" dieser Krankheit eine Fähigkeit sein kann. Ich denke auch heute über die Wahnvorstellungen, dass es irgendwie auch sehr interessant war in andere Welten abzutauchen, auch wenn das gleichzeitig auch sehr unangenehm war. Aber als Schizophrener hat man einfach kein langweiliges Leben. Ich kenne alle Höhen und alle Tiefen. Durch die Tiefen genieße ich die Höhen heute umso mehr.
Ich kann später erzählen, dass ich ein kreativer Mensch war. Ich stand auf Bühnen und habe gesungen. Ich habe viel gezeichnet. Ich war in der Schule gut, dann während der Schulzeit bin ich bei meiner ersten Psychose ein halbes Jahr ausgefallen. Kam zurück und habe einfach weiter gemacht. Habe mein Abi trotzdem geschafft, weil ich mich wieder zurück gekämpft habe. Ich habe trotz nicht richtigen Behandlung eine Ausbildung abgeschlossen. Das war die Zeit bei der ich nicht mal wusste, dass ich Schizophrenie hatte. Dann mitten im Studium bin ich wieder krank geworden, aber ich habe mich auch zurück gekämpft. Und ich habe trotz Krankheit Partner gehabt. Ich habe immer viel gelacht und war optimistisch.
Ich möchte damit auch ausdrücken, dass man nicht glauben sollte, ,dass alle Symptome auf einen zutreffen... Dass man antriebslos und hoffnungslos ist. Ja das war ich in der ganz schlimmen Phase. Aber ich hatte schon früher Schizophrenie und ich war trotzdem insgesamt immer optimistisch und habe meine Ziele erreicht. Und vor allem war ich nie ein Langweiler. Ich glaube, dass das Schizophrene einfach nicht sind. Sie haben auch besondere Fähigkeiten und Einzigartigkeiten.
Ich möchte damit ausdrücken, dass man sich trotz Krankheit nicht in eine negative Schublade stecken lassen sollte.
Am Wichtigsten und am meisten hat es mir geholfen nicht ständig die Symptome einer Schizophrenie durchzulesen und zu denken, dass bin also ich. Hoffnungslos, niedergeschlagen, Wahnvorstellungen: Das ist man nur kurz. Die meiste Zeit mit richtiger Behandung lebt man normal. Sogar hat man manchmal positivere Tage als ein Gesunder.
Ich möchte einfach den Menschen Mut machen.
Beste Grüße zurück!
Sanny