Hallo BoTom, ich glaube, man sollte hier einmal Einiges klarstellen! Das meiste hierzu bereits Verfasste ist leider so nicht korrekt oder lückenhaft. Also, unter der Voraussetzung, dass die genannten Werte korrekt bestimmt worden sind:
1. Ihre Tochter hat auf dem rechten Auge eine ausgeprägte Hornhautverkrümmung, die alleine bereits vom Ausmaß her unbedingt korrigiert werden sollte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich diese HH-Verkrümmung in einer schrägen Achse (155°) befindet und somit die Sehschärfe durch eine verzerrte Abbildung nochmals deutlicher reduziert wird, als wenn sich die Achse in einer senkrechten oder waagerechten Lage befinden würde.
2. Ihre Tochter hat das, was man eine Anisometropie nennt - eine deutliche Unterschiedlichkeit der Brechungsverhältnisse des rechten und linken Auges, dies zugunsten des linken Auges, da hier keine wesentliche, die Sehschärfe einschränkende Fehlsichtigkeit besteht. Die Entwicklung der Sehschärfe ist nun gerade im frühen Kindesalter abhängig von der Qualität der Seheindrücke, die das Auge an das Gehirn schickt. Sind diese schlecht, wird sich auch die Sehschärfe nur schlecht entwickeln. Man nennt dies eine "Amblyopie" - häufig auch verursacht durch ein einseitiges manifestes Schielen. Selbst mit optimaler Brillenkorrektur kann in solch einer Situation anfangs keine wesentlich bessere Sehschärfe erreicht werden. Sollte sich diese Annahme bei den kommenden Kontrollen bestätigen, ist die Durchführung einer sog. Okklusionsbehandlung mit Abkleben des guten, linken Auges notwendig, um die Sehschärfe des schlechten zu "trainieren".
3. Hierzu ist im Vorfeld eine differenzierte Diagnostik notwendig, um ggf. die unterschiedliche Sehschärfe beider Augen herauszufinden.. Mit E-Haken wird man keine belastbaren Aussagen bekommen, da alleine beim Raten bereits eine Trefferquote von 25% besteht. Ein ggf. notwendiger Behandlungsbeginn würde dadurch noch weiter in die Zukunft verschoben, was eine erfolgreiche Therapie deutlich erschwert und irgendwann unmöglich macht. Fragen Sie also den behandelnden Arzt nach einer Visusprüfung mit Landoltringen. Wenn Ihre Tochter bereits die Ziffern von 0-9 kennt, wäre eine Prüfung mit diesen Sehzeichen natürlich das Beste. Im Übrigen wird eine solche Behandlung deshalb durchgeführt, um im Falle einer Verletzung oder gar Verlust des guten Auges eine adäquate Sehschärfe des verbleibenden fehlsichtigen Auges zu erreichen. Mit einem späten Therapiebeginn bspw. erst bei Einsetzen der Pubertät tendieren die Behandungserfolge allerdings gen Null. Deshalb ist ein früher Beginn so entscheidend für eine gute Prognose.
4. Wenn sich die Fehlsichtigkeit des rechten Auges auch bei wiederholten Messungen bewahrheitet, wird Ihre Tochter immer (!) mit Brille besser und entspannter sehen als ohne. Der Astigmatismus wird sich nicht wesentlich verändern, auch nicht mit dem Wachstum und auch nicht durch das Tragen einer Brille. Sie wird also eine Brillenträgerin bleiben - was jedoch absolut nicht schlimm ist. Beim Sport oder Spielen ist es sicherlich nicht dringend erforderlich, eine Brille zu tragen, aber das sollten Ausnahmen bleiben. Mit Zunahme der visuellen Belastungen in der Schule und später im Beruf ist eine Brille (oder ggf. Kontaktlinsen) deshalb sicher angeraten.
Vordringlichstes Ziel ist es nunmehr, Ausmaß und Lage der Hornhautverkrümmung zu bestätigen und die Sehschärfe möglichst exakt zu bestimmen und festzustellen, ob eine Amblyopie vorliegt und dann eine entsprechende Okklusions-Behandlung einzuleiten - falls notwendig. Wenn Ihre Tochter erst einmal zur Schule geht, wird dies erfahrungsgemäß deutlich schwieriger werden. Die Brille sollte vorerst regelmäßig getragen werden!
Weitere Informationen finden Sie hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Amblyopie
https://de.wikipedia.org/wiki/Anisometropie