RE: sicher zu fühlen
Es gibt viele Gründe, warum man sich im Internet anonym bewegen sollte - noch mehr für Tauschbörsen-Nutzer. Kein Wunder also, dass sich hier und da Ansätze von anonymen Tauschbörsen finden lassen. Oder Programme, die Anonymität versprechen. Leider kosten die meist Geld und sind nicht mehr als digitale potemkinsche Dörfer.
So werden Tauschbörsianer aufgespürt
Die Rechteinhaber suchen mittlerweile weltweit in Tauschbörsen nach vermeintlichen Copyright - Verletzern und verklagen diese bei Nachweis einer Straftat. In Deutschland sind bereits erste Tauschbörsennutzer verurteilt worden. Seit dieser Woche wurde eine neue europaweite Klagewelle gegen Filesharing - Nutzer gestartet. Die Suche wird über so genannte "Crawler" nahezu automatisch getätigt.
Damit kann man IP-Adressen belauschen und versuchen, Inhalte auf den Rechnern der Nutzer zu lesen.
Aber auf welche Weise werden die Nutzer von Tauschbörsen eindeutig erkannt? Dreh- und Angelpunkt beim Datenaustausch im Internet sind IP-Adressen. Also eindeutige, zum Surfen im Internet und zum Austauschen von Dateien, vergebene Nummern, die der Internet-Provider vergibt. Hat ein "Mitlauscher" eine IP-Adresse aufgespürt, kann der Staatsanwalt über den Provider den Namen und weitere persönliche Daten abfragen.
Der Staat erhält Zugriff auf die Daten
Dabei kommt den Klagenden zu Gute, dass Internet-Provider wie T-Online dazu verpflichtet sind, Verbindungsdaten zu speichern. Telekommunikations-Überwachungsverordnung heißt die rechtliche Grundlage, mit der der Staat Zugriff auf das Internet erhält.
Um die 'innere Sicherheit' gewährleisten zu können, müssen die Verbindungsdaten gespeichert werden. "Die Überwachung ist nach den Erfahrungen der Innen- und Justizbehörden von Bund und Ländern ein unverzichtbares Instrument der Verbrechensbekämpfung. Die TKÜV ist eine notwendige Ergänzung der gesetzlichen Regelungen, aufgrund derer in Deutschland in das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis eingegriffen werden darf", heißt es auf der offiziellen Webseite. Einige Experten sehen dadurch aber Datenschutz und Fernmeldegeheimnis gefährdet.
Daten im Klartext
Die meisten Tauschbörsen können derzeit nur unverschlüsselt Daten senden und empfangen. Das bedeutet, dass alle übertragenen Daten sowohl im Klartext gesendet als auch empfangen werden. Damit sind sie für jeden Lauscher lesbar.
Die Verschlüsslung der Daten wäre also eine Alternative, Filesharing-Dienste anonym zu nutzen. Lauscher würden so nur "Datenschrott" zu lesen bekommen. Nur für wen diese Daten bestimmt sind, könnte diese lesen. Sinnvoll wäre nach Ansicht der Experten des Anonymisierungsdienstes JAP ein 128-Bit-Schlüssel. Leider lässt sich JAP aber - entgegen einiger Aussagen - nicht für Anonymisierung in Tauschbörsen einsetzen, da es technisch nicht geeignet ist.
Verschlüsselte Ordner
Die Sicherheitsexperten von Steganos bieten eine Software, die seit den ersten Klagen angeboten wird. Steganos Secure FileSharing 6 verschlüsselt den "Shared Folder", der bei Steganos Mediensafe heißt. Der Mediensafe verschlüsselt die eingehenden Daten mit einem 128-Bit-Schlüssel im AES-Verfahren (Advanced Encryption Standard).
Der Nutzer hat seine Dateien damit "weggesperrt". Nur er kennt den Schlüssel, um auf die Musik oder die Filme zuzugreifen. Doch was bringt der Dienst? Aus unserer Sicht bringt eine Verschlüsselung der Daten nicht viel. Nach wie vor werden die Daten im Klartext übermittelt und die IP-Adresse ist auch auslesbar. Was bringt der Mediensafe, wenn die Staatsanwaltschaft vor der Tür steht?
Echte Anonymität durch Proxy-Dienste
Die bisher vorgestellten Möglichkeiten zeigen das Manko. Echte Anonymität kann man nur erreichen, wenn die eigene IP-Adresse verborgen wird. Beliebtes und bekanntes Mittel, um sich sinnvoll und effektiv zu 'verstecken', sind Proxy-Dienste.
Proxy-Server schalten sich wie eine Art Filter zwischen Internet und Nutzer bzw. andere Tauschbörsianer. So erfährt weder der angewählte Computer, wer am anderen Ende sitzt, noch kann es irgendjemand anderes erfahren. Zusätzlich kann über die IP-Adresse kein Auslesen der eigenen Dateien stattfinden.
Aber Vorsicht! Proxy-Dienst ist nicht gleich Proxy-Dienst. So gibt es zwar kostenlose Dienste, wie etwa JAP. Diese eignen sich aber meist nicht für Filesharing. Rene Holzer von Nutzwerk erklärt das so, "JAP ist ein Dienst, der HTTP spricht, das heißt, dass ich damit Webseiten anwählen kann. JAP holt mir diese und leitet sie an mich weiter. eMule oder Kazaa sprechen jedoch eigene Protokolle, die JAP nicht versteht und somit nicht bearbeiten kann."
Der von Nutzwerk angebotene Dienst "SaferSurf" versteht sich mit einigen Tauschbörsen-Protokollen, beispielsweise FastTrack und kann so "stellvertretend für die Tauschbörsennutzer" Dateien tauschen. Lauscher werden so nur die IP-Adresse des Proxy-Dienstes sehen. Nicht aber die IP-Adresse des Filesharers. In der Kette "IP-Adresse -> Datenverkehr -> Daten auf der Festplatte" verschlüsselt SaferSurf also gleich am Anfang die Daten vor neugierigen Blicken.
Rechtlicher Rahmen für Proxy-Dienste
Bleibt die Frage, ob auch Proxy-Dienste Daten herausgeben müssen, wenn dies der Staatsanwalt verlangt. Nach dem Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) dürfen keine personenbezogenen Daten über die Nutzer des Anonymisierungsdienstes erhoben und gespeichert werden. Mehr noch: Eine vorsorgliche Protokollierung der Zugriffe aller Nutzer des Dienstes würde sogar gegen das TDDSG verstoßen.
Proxy-Dienste sind also generell nicht verpflichtet, Daten aufzeichnen und den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung zu stellen. Auf keinen Fall muss ein Proxy-Dienst Daten aus der Vergangenheit zur Verfügung stellen (Deanonymisierung). Das ist zum Beispiel bei den Klagen der Musikindustrie der Fall. Anhand von IP-Adressen werden Daten der Vergangenheit angefordert.
Allerdings kann auf richterlichen Beschluss eine Aufzeichnung für die Zukunft angeordnet werden. Hierfür gelten aber Regelungen an die sich auch das BKA und andere Behörden halten müssen. So muss ein Tatverdacht vorliegen. Eine Überwachung des gesamten Datenverkehrs des Proxy-Dienstes ist ohnehin ausgeschlossen, der Beschluss kann nur gegen Einzelpersonen gerichtet werden.