Guten Morgen Christin,
Wie ich mit meiner
Psyche klar kommen soll weiß ich nicht. Ich schaff es einfach nicht zu aktzeptieren.
Kann ich einerseits verstehen und nachvollziehen, weil ich das Problem hin und wieder auch noch habe.
Fakt ist nur:
1. Es gibt psychische Krankheiten. Fakt.
2. Psychische Krankheiten können eine ganze Palette an Symptomen verursachen. Fakt.
3. Was genau widerstrebt Dir an dem Gedanken, daß es "nur" von der Psyche kommen könnte?
Wie ein bockiges
Kind was sagt nein so geht das nicht,das will ich nicht.
Naja... Du nimmst mir die Worte da ein bißchen aus dem Mund...
Warum zB ist es Tagen gut obwohl nichts anders ist ich nicht negativ gedacht hab und dann ist es wieder schlecht aber dann gleich so heftig das es mir den Boden u Ter dem Füßen haut.
Also, Christin, gehen wir doch mal folgende Hypothese durch, ok? Laß Dich bitte mal drauf ein, lies, versuche nachzuvollziehen, und bemühe Dich währenddessen, mal jede gedankliche Abwehrhaltung fallenzulassen. Ok?
Also:
1. Du hast womöglich etwas Organisches gehabt. Kann sein, muß nicht. Auf jeden Fall hat Dich die erste Phase ziemlich geschockt. Was nachvollziehbar ist, überhaupt keine Frage; s. meine Gastritis oben.
2. So etwas kann Streß auslösen.
3. Streß wiederum ist insofern hier nicht gut, als er anthropolisch nur zwei Möglichkeiten zuläßt: Kampf oder Flucht. Streng genommen noch totstellen. Nur alles drei ist für eine solche - rein psychische, nicht lebensbedrohliche Geschichte - nicht förderlich, sondern nur hinderlich: Es gibt nicht wirklich einen Gegner, gegen den Du kämpfen oder vor dem Du fliehen kannst. Im Gegenteil: Kämpfen verstärkt den Streß nur, der Versuch zu fliehen ebenso, weil Du nunmal nicht vor Dir selbst abhauen kannst. Beides führt in letzter Konsequenz zu Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Frust und Resignation.
Allerdings gibt es wirklich eine halbwegs zuverlässige Möglichkeit, den Streß zu reduzieren. Sport!
Und hier schließt sich der Kreis zu einer Aussage von Dir gestern:
Nein mach leider noch kein
Sport. Ich kann mich damit einfach nicht identifizieren. Bin der absolute Muffel und mag kein Sport machen. Ich kann mir auch nicht vorstellen das es mir hilft.
(Dauer)Angst, wie Du und ich und andere sie haben, erzeugen (Dauer)Streß.
Sport - also ordentlich Bewegung - kurbelt den Stoffwechsel an und ist praktisch die einzige Möglichkeit, solche Mengen an Adrenalin = Streßhormon abzubauen! Dadurch, daß das Adrenalin abgebaut wird, kriegst Du den Kopf besser frei, es werden Serotonin und Endorphine produziert, und Du fühlst Dich in Summe wohler, weniger unruhig, ausgeglichener.
Ich bin selbst irgendwo ein Sportmuffel.
Aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß mir Sport in der Tat hilft, und ich bedaure es aktuell sehr, daß ich aufgrund des Wetters, des zurückliegenden Urlaubs und nun wieder aufgrund des Wetters nicht vernünftig dazu komme, da wieder die Kurve zu kriegen. Im Augenblick ermüdet mich schon das Treppensteigen im Büro etwas, vier bis sechs Etagen hoch. Ich weiß aber aus meiner Erinnerung: Sobald ich auch nur ein bißchen regelmäßig was getan und ein Minimum an Kondition habe, geht es bereits deutlich besser.
Ich glaube, Du siehst das mit dem Sport auch etwas zu eng:
Es verlangt doch niemand, daß Du ab morgen Leistungssport machen sollst. Du sollst Dir nicht vornehmen, Halbmarathons zu laufen, die Fechtmeisterschaften zu gewinnen oder bei der Tour de France mitzuradeln!
Aber Du solltest definitiv ein wenig mehr Sport im Kleinen einbauen und ausprobieren. Da reichen – als Anregung – anfangs 15-20 Minuten joggen, langsam steigern auf 30-40 Minuten. 1x alle 2-3 Tage = ca. 3x in der Woche.
Wenn Dir joggen nicht gefällt – was ich irgendwo nachvollziehen kann; und zumindest auf Asphalt ist es auch nicht unbedingt gesund für die Gelenke -, dann nimm stattdessen das Fahrrad. Stell Dir ne kleine Übungsstrecke zusammen, die Dich nach 20 Minuten zu Deiner Lieblingseisdiele führt, iß Dir gemütlich ne Kugel, und fahr dann wieder zurück. So hast Du das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden.
Wenn Fahrrad fahren auch nicht Dein Ding ist, probier’s mit forsch spazieren gehen. Oder Nordic Walking.
Ich habe zum Beispiel vor zwei oder drei Jahren Klettern für mich entdeckt. Allerdings nicht in der Halle, einfach nur stur nach oben – das ist nicht meins. Sondern in einem Kletterwald, draußen in der Natur. Da kommt es auf eine sehr interessante Mischung aus Kraft, Geschicklichkeit, Gleichgewicht-halten und Technik an, und die frische Luft und die Konzentration darauf helfen auch gut, den Kopf frei zu bekommen.
Das Freiluft-Klettern hat nur dummerweise eben auch den Nachteil, daß es nur von Mitte Frühling bis Mitte Herbst möglich ist.
Aber der Frühling steht ja vor der Tür – vielleicht wäre also auch das ne Möglichkeit für Dich.
Für all das mußt Du auch in keinen Verein - bin ich auch kein Freund von, weil es dann sehr schnell wieder in Richtung Leistung und Wettkämpfe geht. Aber all die Vorschläge oben kannst Du wunderbar allein oder mit ner Freundin zusammen machen. Irgendjemand in Deinem Freundes- und Bekanntenkreis wird sicher etwas in der Richtung machen, und wenn Du Dich da locker anschließt und ihr das nicht verbissen im Wettstreit gegeneinander angeht, hast Du schon sehr viel gewonnen.
Christin,
ich kann Dich grundsätzlich gut verstehen. Ich übe mich immer noch mit dem Ausschleichen des Medikaments und muß mich selbst häufig genug treten, um den Ar*** zu so etwas hochzukriegen. Auch ich hab immer wieder das böse Stimmchen im Kopf, daß mir einflüstern will, daß es alles nichts bringt. Ich habe allerdings wie gesagt schon einmal erlebt, daß es mir geholfen hat – und spätestens dann, wenn ich das böse Stimmchen damit konfrontiere, fehlt ihm ein passendes Gegenargument. Außer einem schwachen „Aber dieses Mal ist es anders“ kommt da nix.
Ich hab die letzten Tage mal was für mich ausgegraben, was ich Dir hiermit gut weiter verlinken kann:
Hilft regelmäßiger Sport gegen Angststörungen?
Sport für die Seele
Sport gegen Angst und Depressionen?
Wie ich es schaffte, meine Angst zu besiegen (speziell 4.)
Einfluß von Sport und Bewegung auf Angststörungen
Ich will Dich damit nicht zuspammen.
Ich will Dir nur aufzeigen, daß Sport und Bewegung für jeden Menschen und gerade für uns Angst-, Streß und Adrenalingeplagten irgendwo lebensnotwendig sind.
Wenn Gott gewollt hätte, daß wir einfach nur gedanklich vor uns hinmuffeln, hätte er uns wohl kaum unseren Körper gegeben, oder? Dann hätte es ein ätherisches Hirn irgendwo in den Weiten des Universums auch getan

Ganz im Gegenteil: Mein Körper, Dein Körper, jeder Körper will auch bewegt und bis zu einem gewissen Grad gefordert werden.
Wie immer ist hier das persönliche Maß entscheidend, klar. Aber gar nichts zu machen und sich auf „Sportmuffel“ rauszureden, scheint mir definitiv nicht der richtige Weg zu sein!
Also Christin, bitte, in Deinem eigenen Interesse:
Lies die Beispielartikel und Erfahrungsberichte oben! Mir geben sie Mut und Zuversicht, daß es der richtige Weg ist.
Und dann fang mit etwas an – ne kurze Route, forsch zu Fuß, gejoggt oder mit dem Fahrrad. Zwischendrin ne Kugel Eis gegessen oder auch nur mal fünf Minuten auf ne Bank im Grünen gesetzt – und weiter zurück nach Hause.
Ich werde jetzt gleich, sobald ich den Post hier abgeschickt habe, mal wieder sechs Etagen die Treppen runter- und anschließend wieder hochlaufen – zum Joggen werde ich heute Abend wegen eines Konzertbesuchs nämlich nicht kommen. Aber zweimal Treppensteigen schaffe ich noch
Also, los, anstatt jetzt sofort zu schreiben und zu kontern, was und warum Du das nicht schaffst:
Schuhe an und RAUS!!!
Paß auf Dich auf, ok?
