RE: Wünsche
RE: Wünsche
" Offensichtlich sind Sie Kollege!? "
im anonymen Internet vermutet man sehr leicht, das ist nicht immer hilfreich.
p.s.
Eine 40jährige Frau trat im Erstkontakt zunächst betont selbstbewusst auf, wirkte im Gespräch dann aber rasch unsicher und ängstlich. Vor etwa 15 Jahren hätte sie im Rahmen ihres Medizinstudiums einerseits hypochondrische Befürchtungen, andererseits aber heftige Ängste vor Spritzen entwickelt - vor allem, wenn sie selbst Patienten Blut abnehmen musste beziehungsweise Spritzen zu verabreichen hatte. Diese Phobie habe sich in der Folgezeit verschlimmert, zunehmend hatte sie die Befürchtung, dass sie Patienten schwer schädigen oder gar töten könnte, indem sie versehentlich ein falsches Medikament spritzte. Im Praktischen Jahr brach sie schließlich das Studium ab, da sie sich keinerlei Kompetenz mehr zutraute, ihre Patienten ärztlich beziehungsweise medizinisch angemessen betreuen zu können. Gegenwärtig kämpfe sie bei der Erziehung ihrer beiden kleinen Kinder damit, dass sie diese vor jeglichen Verletzungen schützen müsse und befürchte, eine heimtückische Erkrankung zu übersehen, die tödliche Folgen haben könnte.
Biographisch bedeutsam war eine ausgeprägte Rivalität mit ihrem 3 Jahre jüngeren Bruder; bei seiner Gebart reagierte sie erstmals mit phobischen Ängsten. Aus ihrer Sicht war er der bevorzugte Liebling der Eltern; sie habe sich während ihrer Kindheit und Jugend immer wieder vergeblich bemüht, durch Leistung und betont jungenhaftes Auftreten elterliche Anerkennung zu gewinnen. Im Verlauf der Psychotherapie wurde ihr zunächst bewusst, wie sehr sie sich gewünscht hatte, dass ihr Bruder verschwindet, später konnte sie sich eingestehen, dass sie ihn gern am liebsten selbst beiseite geschafft hätte. Das Medizinstudium habe sie vor allem deswegen aufgenommen, um ihrem Vater, der selbst gern Medizin studiert hätte (sich aber wegen vegetativer Labilität diesen Wunsch versagt hatte) zu beweisen, was in ihr steckt.
Die phobische Symptomatik kam im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn des Medizinstudiums ihres Bruders auf, der wie schon in der Schule auch als Student mit besten Leistungen glänzte, und sie sich ihm gegenüber neuerlich klein und minderwertig vorkam.
Dieses Beispiel beschreibt eine phobische Entwicklung mit zunehmender Tendenz zur zwangsneurotischen Symptombildung, wobei psychodynamisch vor allem (unbewusste) Konflikte mit aggressiven Impulsen (Rivalität und Eifersucht) zugrunde liegen.
http://www.m-ww.de/foren/read.html?num=7&id=8196&thread=8194