Re: Jaktation Schlafstörung
Hallo!
Zwar ist der Beitrag schon mehr als 2 Jahre alt, dennoch möchte auch ich mich als Betroffener melden. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich überhaupt in der Lage war, danach zu suchen, es ist mir gewissermaßen Peinlich.
Ich bin jetzt 23 und bin von einer leichten Form der Jaktation betroffen, seitdem ich ca 7 Jahre alt bin. Vielleicht war ich auch erst 6, 5 oder 8, ich kann mich garnicht mehr genau dran erinnern, jedoch fing dies als kleiner Junge, nicht als Baby an.
Warum rede ich von einer leichten Form? Nun, ich les hier desöfteren, dass sich manche sogar dabei verletz(t)en, mit dem Kopf gegen die Wand schlagen etc.
Dies ist jedoch bei mir nicht der Fall, ich habe lediglich das "Problem", rhythmisch mit dem Kopf und meinem Oberkörper mich zur Musik zu bewegen. Aber nicht nur das; ich höre Rap-Musik und kann mittlerweile einige Texte auswendig, da ich sie zum Teil mit-rappe. Ich gebe mich oft auch voll und ganz völlig absurden Fantasien hin, die teils Probleme meines Lebens beinhalten, teils aber auch reine Unterhaltungskonstruke sind, manchmal aber auch versuche, mir ungelöste Fragen zu erklären. In letzter Zeit, sprich den letzten ca 2 Jahren, geht das auch oft nahtlos über. Zunächst such ich mir ein paar Lieder zu mit-rappen aus, bevor ich meist eher melancholische Tracks in die Playlist einreihe - zur Zeit. Es kommt auf meine gesamte psychische Verfassung an.
Zum Beispiel lebe ich dort Fantasien mit einer Art perfekter Frau, wie sie sein müsste, wie der Tag aussieht, wie ich mich verhalten würde, was wir machen würden etc. Dazu muss gesagt sein, dass ich das allermeiste im realen Leben aufgrund vielfältiger Gründe nicht umsetzen könnte. (z.B. ist mein Selbstbewusstsein nicht sehr stark ausgeprägt, leichte introvertiertheit - verstärkt durch Marijuana). Aber es muss sich nicht um Frauen handeln, es kann auch darum gehen, wie ich mit meinen Jungs im fiktiven Low-Rider durch die Straßen ziehe und wir die absolut coolsten sind

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Ich stelle mir demnach vor, wie ich womöglich gerne Leben möchte, setze aber nichts davon um (das hat mehr mit dem Gras als mit dem Jaktieren zu tun). Um es gleich vorweg zu nehmen, ja es gab zwei Freundinnen, ich habe zumindest keine Sehnsucht nach meinem ersten Mal, obwohl ich gerade Single bin und schon gern wieder eine hätte. Diese Situationen waren es meist, wo meine Einschlafplaylist voll von fröhlichen Liedern war.
Reine Unterhaltungskonstruke sind Dinge, die ich in ähnlicher, aber auch stark abgewandelter Form gesehen/gelesen/gehört hab, und mich in diese Hineinversetze. Zum Beispiel gibt es eine Anime-Reihe namens "Neon Genesis Evangelion", wo 3 Kinder dazu auserwählt wurden, riesige Roboter gegen außerirdische Wesen kämpfen zu lassen (Sci-Fi), und ich mir dabei vorstelle, wie ich selbst diese Situation meistern würde, wie ich mich verhalten würde etc (wer diesen Anime gesehen hat, kann sicherlich verstehen, was ich meine). Oder ich bin ähnlich wie "Son Goku" aus "Dragonball", und stelle den besten und stärksten Kämpfer im ganzen Universum dar, rette die Welt oder eben das Universum, das Ganze geht auch oft in den gleich geschilderten, dritten Part hinein. Aber komischerweise kommen dort auch sehr krasse Vorstellungen zu Tage, die mich manchmal selbst ein wenig schockieren. Womöglich kennen hier einige die Serie "Dexter", in der ein Blutspurenanalyst sich nebenberuflich darum kümmert, andere Mörder zu töten und diese aus der Welt zu schaffen. Ich sympathisiere bis zu einem gewissen Grad damit, und versetze mich selbst in die Lage dieses Mannes, bzw Schauspieler. Aus einem mir noch nich ganz bekannten Grund, wahrscheinlich aus meiner allgemeinen, momentanen Unzufriedenheit heraus, kommt dieser verrückte Part häufig vor, begleitet von eher melancholischer oder aggressiver Musik.
Ungelöste Fragen sind vorallem solche, auf die niemand eine Antwort hat. Ist das Universum unendlich? Wenn Nein, was ist dahinter? Was war vor dem Urknall? Wie wurde er ausgelöst? Ist das alles totaler Blödsinn? Wie konnten die Menschen als einzige Form auf diesem Planeten solch eine Entwicklung nehmen? Warum gibt es Hass, Neid und Gier? Wieso können wir nicht in einem ultimativen Frieden leben? Warum müssen Menschen verhungern, und andere haben mehr als eine Milliarde Dollar auf dem Konto?
Zu einigen habe ich immernoch keine Antwort, zu manchen haben ich bereits eine Theorie entwickelt, teilweise auch heraus aus bestimmten Unterhaltungskonstrukten.
Ich hab das Gefühl, meine Gedanken sind erst beim Jaktieren völlig losgelöst und meine Gehirnleistung steigt sogar noch an, manchmal hatte ich auch in anderen Dingen Erkenntnisse (auch bei alltäglichen Dingen, die meist aber nur eine untergeordnete Rolle spielen), die ich beim "normalen rumhängen" vorm TV nie gehabt hätte.
Ich bin seit längerer Zeit am überlegen, ob ich nicht dagegen ankämpfen soll. Meine Eltern haben es natürlich mitbekommen, als ich klein war, aus Scham hab ich das allerdings irgendwann abgestritten und seitdem sind sie der Meinung, ich mache das nicht mehr. Freunden hab ich NIEMALS auch nur eine Andeutung gegeben. Sprich: Ich bin damit allein. Es weiß niemand davon, und irgendwie möchte ich das auch garnicht. Einerseits mag ich es, ein Geheimnis zu bewahren, andererseits hab ich mir desöfteren gedacht: "Sind diese ausschweifenden, teils 2 Stunden andauernden Tagträume gut für dich? Wäre es nicht besser, die Dinge umzusetzen, die die Realität betreffen? (Nein, ich möchte kein "Dexter" werden)
Ich will nicht sagen, dass ich die Kontrolle darüber habe, aber zumindest ich mache es, wie bestimmt schon erahnt, nur wenn ich alleine bin (was die allermeiste Zeit der Fall ist). Und: NUR! wenn ich Musik dabei habe. Ich kann das nicht ohne Musik, ich kann mittlerweile auch nur schwer ohne einschlafen. Wenn ich bei einem Freund übernachte brauche ich nicht das Jaktieren, aber die Musik! Ich schlafe bei Freunden grundsätzlich mit mp3-Player im Ohr.
Ich habe mir nicht alles durchgelesen, da es recht spät ist, ich gleich noch ein wenig Jaktieren muss, es ist fast wie eine Sucht. Ich kann zwar ohne, aber es fühlt sich komisch an. Wobei ich gestehen muss, dafür auch auf Schlaf zu verzichten. Es beläuft sich dann meist eher auf eine halbe Stunde statt 2, aber in dieser Hinsicht belastet es mich schon. Der dadurch resultierende Schlafentzug belastet mich manchmal sehr, vermutlich habe ich deswegen manchmal ans aufhören gedacht.
Desweiteren hilft es mir, eine gewisse Müdigkeit zu "erzeugen". Wenn ich eigentlich noch garnicht müde bin, aber morgens früh raus muss, jaktier ich erstmal n Stündchen und kann danach prima schlafen
Manchmal frage ich mich, was eigentlich der Auslöser dafür ist, aber bis heute hab ich keine plausible Erklärung gefunden. Ich hatte keine atemberaubend schöne Kindheit, aber auch keine schreckliche. Das einzige was ich weiß ist, dass ich es mir entweder eingebildet hab, oder es war etwas verrücktes, ich war verwirrt oder sonstwas. Jedenfalls ging das Licht in meinem Zimmer ganz plötzlich an, ohne das ich am Lichtschalter war oder jemanden dort gesehen hab. Es ist zu lange her, als dass ich sagen könnte, meine Eltern haben nur nach mir geschaut. Vielleicht war ich sogar krank zu dem Zeitpunkt, fiebrig oder sonstwas - ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls ging es ein paar Sekunden später wieder aus. Ich erinner mich an diese Situation, und irgendwas hat mir dabei Furcht eingeflößt. Klingt heute etwas lächerlich, jetzt wo ichs schreib...aber nunja, das ist das erste Mal, wo ich mich ganz Bewusst ans Jaktieren erinnern kann.
Ich glaube jeder, der damit lebt, hatte schonmal den Gedanken: "Bin ich verrückt? Bin ich damit allein?". Und da ich eine gewisse Scham dabei empfinde, hätte ich ohne das Internet geglaubt..."JA!". Aber es scheint, als hätte ich mich geirrt, und kann dank der Anonymität zumindest den anderen Usern gegenüber einfach drauf losschreiben, wie genau das bei mir aussieht.
Nachdem was ich hier und bei anderen Foren über Google gelesen hab, kann ich wohl froh sein, zumindest keine körperlichen Schäden davon zu tragen. Zumindest keine direkten wie Platzwunden etc. Aber ob das optimal für die seelische Verfassung ist, ich bin mir nicht sicher. Vielleicht reflektiere ich bewusste und auch unterbewusste Probleme, was ich sonst evtl gar nicht tun würde, in einer anderen Form oder in Affekthandlungen etc. Vielleicht erarbeite ich dafür Lösungen, die ich abrufe, wenn gewisse Situationen auftreten werden. Vielleicht versuche ich die Welt zu verstehen, und kann einfach in dieser Einsamkeit am klarsten Denken.
Vielleicht aber flüchte ich vor der Realität, bei der ich Probleme hab, sie so anzunehmen, wie sie ist, dazu mehr mein Leben träume, als ich meinen Traum lebe...
Wie Ihr seht, ich trete der Angelegenheit mit gemischten Gefühlen gegenüber, wobei ich bisher auch mit niemanden darüber geredet hab und keinerlei externe Einschätzung besitze, ob ich das in einer "normalen" Form umsetze, oder eben gerade mit den teils extremen Tagträumen zu weit gehe. Es verwirrt mich auch manchmal...ich bin eigentlich Pazifist, ich bin kein Freund von Gewalt und all die damit zusammenhängenden Dinge, dennoch bin ich manchmal selbst der Typ, der mit Vergewaltigern, Folterknechten und Mördern aufräumt. Vielleicht verabscheue ich diese Menschen, die anderen Leid zufügen, ihnen seelische und körperliche Qualen bereiten, die ein Leben lang bleiben, noch mehr als den Gedanken, dass solche Wesen sterben und solche Taten niemals wiederholen können. Eigentlich wäre Prävention, oder gar das nicht vorhanden sein solcher Gedanken und Taten wesentlich wünschenswerter, nur leider utopisch

Das ist jedoch ein anderes Thema, um das es hier eigentlich gar nicht geht.
Themenwechsel - Ich hab gelesen, das trifft häufig autistische Menschen, oder hochbegabte. Ich kann nicht sagen, ob ich zu diesem Personenkreis gehöre, vorallem daher, weil die Motivationslosigkeit des Kiffens und die Verstärkung der Faulheit und Lustlosigkeit mich nie dazu gebracht hat, Topleistungen in irgendeiner Hinsicht zu bringen. Ich möchte nicht überheblich, gar arrogant klingen, aber ich vermute, eine zumindest überdurchschnittliche Intelligenz zu besitzen, ein sehr ausgeprägtes rationales, logisches Denken. Wobei ich gewiss auch kein Genie bin

Diese Problematik mit dem Grünen kam allerdings sehr viel später hinzu; was ich weiß, ist, ich bin ein Suchtmensch (das fing schon an, als ich mit 8 oder 9 meine Playstation bekam; mich von dem Ding zu Trennen war eine Herausforderung...). Daher fällt es mir auch unheimlich schwer, damit aufzuhören. Eine lange Partnerschaft, mit der ich zusammen wohn(t)e, gabs bisher nicht. Ob ich wirklich darauf verzichten kann? Das weiß ich nicht...
Nun, ich hoffe einen gewissen Einblick gegeben zu haben, wie das bei mir aussieht. Es weist gewisse Parallelen auf, aber auch Unterschiede zu hier geschilderen Fällen. Eine Aussage blieb mir aber hängen: Es gibt kein Patentrezept für eine "Heilung", denn bereits jeder Verlauf dieser "Krankheit" scheint verschieden zu sein, und es gibt vielfältige Hintergründe und Ursachen, warum jemand Jaktiert. "Krankheit" möchte ich das allerdings nicht nennen, höchstens ein psychologisches Problem. Wobei ich selbst da nicht weiß, ob ich ein Problem hab, oder nur eine sehr eigenwillige Reflektions- und Einschlafmethode, für die ich das ganzen viele Jahre gehalten habe.
Mit allerfreundlichsten Grüßen
Terenzo