Ich werde verrückt, wieso bin ich so, ich verstehe mich nicht. Ich fühle mich so hilflos und schlecht. Ich bin bestimmt Schuld an allem.
Ich muss mich nur zusammenreißen.
Es kann, es darf nicht sein, dass ich wieder von vorne anfangen muss.
Was ist das nur.
Hallo Franzi,
also ich verstehe es schon und du kannst mir glauben, deine Reaktion ist vollkommen normal.
Ich habe es ganz ähnlich erlebt, gerade am Anfang der Therapie bin ich ziemlich abgestürzt, hin und wieder erwischt es mich immer noch mit dieser Wucht.
Du musst aber nicht von vorne Anfangen, denn genau das ist ein Teil der Aufarbeitung und jedem geht es erst mal schlechter, wenn er sich bewusst mit dem beschäftigt was ihn jahrelang gequält hat. Das gehört dazu, das ist ein wichtiger Teil des Aufarbeitens und leider muss man da auch durch tiefe Täler schreiten, damit es später kontinuierlich besser wird.
Gerade dadurch das du dich bewusst damit beschäftigst geht es schlechter, aber auch gerade dadurch kannst du es verarbeiten und dich wieder zurück kämpfen. Wenn du das nicht tust, wirst du immer Probleme haben und sie werden dich beherrschen, da du dem nichts entgegensetzt, das geht nur mit einer Aufarbeitung die sich bewusst damit beschäftigt und die auch weh tut.
Wenn du darüber nachdenkst wirst du es selber als logisch empfinden, das es einem schlechter geht wenn man sich mehr mit dem Schlechten befasst, aber man hat es auch irgendwann besser im Griff, dafür wird die Therapie sorgen und danach geht es besser, als vor der Therapie.
Ich kann mich noch gut erinnern, als mich die Differenzen mit meinem Vater unkontrollierbar geplagt haben, ich auch nicht einschätzen konnte was eigentlich los ist und es durch die Therapie noch steiler bergab ging.
Ich habe dann auch versucht das zu klären und manchmal fuchst es mich heute noch und ich würde am liebsten mal Tacheles reden.
Das geht aber nicht, weil einfach zwei verschiedene Sichtweisen aufeinander prallen und mein Vater nicht erkennt das er ein übler Mensch war und sich menschenverachtend verhalten hat, bei jedem Versuch das zu klären war er am Ende das arme Opfer und ich hatte nur mein selbst erwähltes Schicksal bekommen.
Das woran ich mich nicht mehr erinnern kann, aber trotzdem ziemlich gut weiß was da los war, bestreitet er natürlich bis heute und es ist sinnlos da nach Antworten zu suchen, er würde niemals zugeben was er nicht muss. So gibt er nur das zu was sowieso alle mitbekommen haben und was eigentlich auch schon schlimm genug ist. Aber Schuld war er natürlich nicht, schon alleine weil er nie Kinder wollte.
Eine Hammer Feststellung, aber so tickt er nun mal und egal was ich tue oder sage, ich kann es nicht ändern..
Und genau darin liegt meiner Meinung auch die Lösung, du kannst es nämlich genauso wenig ändern.
Du kannst versuchen das mit deinem Vater zu klären, vielleicht brauchst du das auch, aber das wichtigste ist das man einfach zu akzeptieren versucht das da wohl nichts mehr zu machen ist und der einzige Weg zum inneren Frieden ist es "vielleicht" ihm mit einer gewissen Ignoranz und auch Milde zu begegnen. Nicht vergessen, man kann auch weiter wütend sein, aber der Mensch von damals lebt nicht mehr und man selber ist auch nicht mehr das Kind von damals.
Bei mir funktioniert es oft, bei weitem nicht immer, wenn ich mir sage das der Mann einfach krank war und es deshalb, von ihm, weder eine logische Erklärung, noch die Wahrheit geben wird, ich muss es nicht verstehen, weil man Irrsinn nicht verstehen kann.
Man muss auch für sich selber viel mehr Verständnis aufbringen, das ist fast noch wichtiger als mit dem Vater abzuschließen. Man muss aufhören nach Begründungen zu suchen, die wird man nicht erhalten, man muss aufhören den Grund in sich selber zu sehen und begreifen das man viel zu jung war um eine Schuld zu haben. Man hätte geschützt werden müssen und die die das hätten tun sollen und nicht taten, sind die wahren Schuldigen, aber auch die sind nicht mehr dieselben wie früher und haben sowieso nur Ausreden parat weil sie vor sich selber nicht zugeben können das sie Verbrecher sind/waren.
Du musst deinen Weg finden dich selber als Geschädigte ohne Schuld zu sehen, schon aufgrund dessen weil du zu jung warst um anders reagieren zu können und auch weil du abhängig warst. Du hast jemandem vertraut dem man von Natur aus vertrauen muss, der die Macht des Urvertrauens in den Händen hielt, aber diese Rolle ausgenutzt und mit Füßen getreten hat. Du wurdest betrogen und ausgenutzt, also gibt dir keine Schuld an etwas das jedem Menschen so widerfahren wäre, wenn er an deiner Stelle gewesen wäre.
Solche Menschen wie dein Vater, erfüllen mit ihrem Handeln alle Mordmerkmale, es fehlt nur ein Toter um lebenslänglich zu bekommen, leider wird das Töten der Seele nicht wie ein Mord behandelt, obwohl es für die Opfer meist schlimmer ist und ein ständiger Überlebenskampf.
Also sieh dich als Starke Frau, die überlebt hat und immer noch ums Überleben kämpft, das ist eine wahnsinns Leistung.
Du musst dich auch nicht zusammen reißen, im Moment kämpfen deine Gefühle gegen Tatsachen und logische Gedanken.
Auch das gehört dazu und je mehr du das aufarbeitest, desto mehr wirst du deine tiefen Gefühle durch klare Gedanken beherrschen können, dich selber davon überzeugen können das nichts war wofür du eine Verantwortung trägst und das du großes geleistet hast, weil noch da bist.
Du wirst irgendwann erkennen das du in diesem Horrorfilm die Gute warst und dein Vater der Böse. Das du es bist die es in der Hand hat zu vergeben oder zu verstoßen, dein Vater hat sein Recht auf Mitsprache verwirkt, er ist nun davon abhängig wie du damit umgehst, du hast die Macht zurück und er muss mit deinen Entscheidungen leben.
Du wirst auch nicht verrückt, all deine Reaktionen sind normal und vor der Heilung tut es oft erst mal noch so richtig weh.
Vielleicht kannst du deinen Therapeuten anrufen und ihm sagen das du gerade eine Krise hast, normalerweise halten die sich immer noch den ein oder anderen Termin für Notfälle frei.
Oje, da hab ich mal wieder in die vollen gegriffen, hoffe du kommst dir jetzt nicht total zu getextet vor.