Hallo Hope,
zunächst einmal tut es mir leid, daß es Dich erwischt hat.
Im weiteren kann ich mich den Ausführungen von Dr. Riecke und Tired aber nur anschließend:
Das hört sich für mich als Laien ganz stark nach einer Angststörung an. Wenn ich mir Deine Beiträge so durchlese, dann taucht - gefühlt - in jedem dritten Satz das Wort "Angst" auf. Sticht mir direkt ins Auge.
Deine Angst fokussiert sich im Zentrum darauf, daß Du schizophren, wahnsinnig, nicht mehr zurechnungsfähig und damit nicht mehr für Deine Kinder und Familie da sein könntest. Das ist nicht ungewöhnlich: Seit zwei Jahren lese und schreibe ich hier nun bei Onmeda mit (habe selbst irgendwas zwischen Depression und Angststörung), und es gibt sehr viele Angstpatientien, deren zentrale Angst im Angesicht von Krankheiten besteht: Angst vor Lungenkrebs, Angst vor Gehirntumor, Angst vor einem Herzinfarkt, Angst vor Psychosen... Das ist erstmal nicht ungewöhnlich, stellen solche Krankheiten doch eine ernste Gefahr für unsere Gesundheit und unser Überleben dar.
Ich habe selbst immer wieder spürbar Angst. Was mir dabei in den letzten zwei Jahren zunehmend besser geholfen hat, ist es zu akzeptieren und es zuzulassen, daß ich Angst haben
darf. Noch konkreter: Ich
muß keine Angst haben, aber ich
darf Angst haben!

Das ist für mich anfangs ein etwas unverständliches Konzept gewesen, weil man zuerst instinktiv dagegen ankämpft, sich so zu fühlen. Es fühlt sich schlichtweg sch**** an, man ist mehr oder minder komplett neben der Spur und kann nur schwer einen klaren Gedanken fassen.
Aber die klaren Gedanken, die ich in einem solchen Moment fassen kann, nutze ich dafür, mir das Angst-haben ganz bewußt zu erlauben, es aber nicht zu übersteigern (!), sondern gleichzeitig ganz ruhig ein- und auszuatmen und mich trotz der Ansgt in die Angst hinein zu entspannen. Ich weiß - das klingt irgendwie abgehoben, esoterisch, Du weißt wahrscheinlich ebensowenig wie ich am Anfang, was das bedeutet. Frag hier im Forum mal Tired, Dr. Riecke, Crashdog oder andere, wie ich zu Beginn hier regelmäßig Fragen gestellt habe wie der Ochs' vorm Berg... "wie mach ich das?"; "ich weiß nicht, wie das gehen soll?", usw.
=> Trotzdem: Mit der Zeit habe ich es - irgendwie - gelernt. Ich kann Dir leider nicht genau sagen, was ich dafür getan habe, und ich habe trotzdem noch meine Momente, wo es mir schwerer fällt (die letzten paar Tage zum Beispiel).
Nichtsdestoweniger klappt es immer besser, und indem ich mich beruhige und die Angst einfach da sein lasse (ohne zu sie übersteigern! einfach nur da sein lassen), halte ich es aus.
Weiterhin hilft dann Ablenkung mit einem halbwegs interessanten Thema ganz gut, um auf andere Gedanken zu kommen. Ich setze mich dann schonmal vor den PC und spiele, gehe cachen, fahre Fahrrad oder baue mit meinem Sohn Lego. Insbesondere das scheinbar monotone Wühlen in den Lego-Steinen auf der Suche nach bestimmten Teilen hat schon fast etwas meditatives; währenddessen gelingt es mir eigentlich fast immer, die Angst und das Unwohlsein komplett auszublenden. Und meistens ist es auch danach dann entweder weg oder nur noch ein schwacher Nachklang, der mich aber nicht mehr weiter stört. Beim Geocachen ist es nicht viel anders, und noch dazu bewege ich mich an der frischen Luft und in der Natur

Der Trick besteht hierbei darin, sich eine Ablenkung zu suchen, die die Konzentration auf angenehme Art und Weise von den Angstgedanken weglenkt, ohne sie bewußt zu bekämpfen oder zu unterdrücken.
Abschließend für's Erste zum Thema "Medikamente":
Da Du aller Voraussicht nach "nur" eine Angststörung hast, würdest Du im ersten Schritt wahrscheinlich zunächst SSRI erhalten oder SNRI (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer bzw. Serotonin-Noradernalin-Wiederaufnahmehemmer).
Beide Medikamentengruppen sind i.d.R. mittlerweile sehr gut getestet, einzelne Medikamente schon seit Jahrzehnten in der 2. oder 3. Generation im Einsatz, und sehr gut verträglich.
Es kommt bei der Einnahme in den ersten Tagen und 1-2 Wochen durchaus zu Nebenwirkungen - ich habe mich in den ersten 2-3 Tagen abwechselnd gefühlt wie in Watte gepackt, dann wieder, als hätte ich ne Kanne Kaffee mit Koffeinkonzentrat auf ex getrunken

War nicht ganz angenehm.
Aber es ging vorüber! Und doch schon besser als permanent von Angst gebeutelt zu werden.
Nach bereits einer Woche stellte sich dann eine erste positive Wirkung bzgl. meiner Stimmung bzw. Angst ein, und mit zunehmender Zeit und angepaßter Dosierung geht es mir mittlerweile auf sehr hohem Niveau wieder gut. Ich habe anfangs Citalopram 20mg genommen, habe aber vor einem Jahr auf Fluoxetin gewechselt (beides SSRI), welches ich bis heute mit einer Tagesdosis von 40mg nehme.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß man bis zu rund 4-8 Wochen "überstehen" muß, bis sich der Wirkspiegel stabil aufgebaut hat.
Aber in keinem Fall! brauchst Du Angst vor diesen Medikamenten zu haben! (Merke aber auch wieder: Du
darfst diese Angst haben; Du
mußt es aber nicht!

) Ich hatte ganz zu Beginn auch Vorbehalte, und mittel- bis langfristig käme ich schon auch gerne wieder ohne Medis zurecht. Aber solange ich sie brauche, ist das eben so, und sie schaden mir nicht, sondern helfen mir, mich zu stabilisieren
Du kannst Dich ja hier mal ein bißchen einlesen:
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
Fluoxetin (nur als SSRI-Beispiel!)
Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
Venlafaxin (nur als SNRI-Beispiel!)
Die beiden aufgeführten Medikamente wirklich nur exemplarisch, da Du offenbar - genau wie ich - gern verstehst und Dir Wissen aneignest und somit vielleicht ein besseres Gefühl dafür bekommst.
In keinem Fall sollte ein Medikament eine Therapie ersetzen! Und wenn Du es Dir zutraust, es ohne Medikament zu schaffen, ist das gut. Es ist aber auch gut, wenn Du unterstützend ein Medikament einnimmst, um eben überhaupt erst einmal wieder einen klaren Kopf zu bekommen und Deine Gedanken sortieren zu können. Ok?
Zuguterletzt ein meiner Meinung nach sehr gutes Hörbuch, um einem die erste große Angst vor Depressionen und Angststörungen zu nehmen:
Erfolgreich gegen Depression und Angst
Ich hab das Hörbuch damals in meinen akuten Phasen und auch in den Wochen danach so häufig gehört, daß mir jetzt noch wesentliche Passagen im Ohr geblieben sind.
Eine der wichtigsten Kernaussagen:
"Du bist nicht wahnsinnig, und Du wirst es auch nicht werden!"
(... und Du entwickelst auch keine Schizophrenie)
In diesem Sinne wünsche Dir gute Besserung, starke Nerven, und halte durch: Das geht vorüber!
Nicht heute, nicht morgen, nicht nächste Woche. Aber auf lange Sicht schon. Zumindest wirst Du immer besser lernen, damit zurechtzukommen, es zu akzeptieren, es Dir zu erlauben - und trotzdem ganz ruhig Dein Leben zu leben.
Daran glaube ich ganz fest!!
