Guten Morgen Chibi,
Das dein Mann Türen knallt und rumbrüllt, liegt auch nicht an dir, sondern alleine an ihm.
Ich kann mir vorstellen das du vorher gut funktioniert hast, da gab es es keinen Grund zum Türen knallen, natürlich war er deshalb auch anders. Jetzt ist das gerade nicht so und er tickt aus weil du nicht mehr funktionierst. Sicher wird er überfordert sein, das ist aber kein Grund, da kann man anders mit umgehen ohne seinen Frust an dir auszulassen, denn du kannst genauso wenig dafür wie er.
Was ist denn das?
Er sollte dich doch eigentlich unterstützen und ich meine mich zu erinnern das er stattdessen nur Kritik übte und sauer war weil er auf deine Arbeitskraft verzichten musste und wenn du am WE zuhause warst musstest du sämtliche Arbeiten an den Tagen nachholen und wurdest durchgehend kritisiert, während er aus schlief und dich alleine machen lies, obwohl du krank bist.
Das, was Tired schreibt, kann ich Dir aus meiner Sicht als Mann, Ehemann, Partner und Vater nur und 100%ig bestätigen!
Glaub mal, bevor unser Sohn geboren wurde, war es mir als Mann und Partner meiner Frau auch sehr bequem, daß wir beide tun und lassen konnten, was wir wollten. Acht Jahre sind eine verdammt lange Zeit, um sich daran zu gewöhnen und das als selbstverständlich anzunehmen.
Dann kam unser Sohn - und unser beider Leben war auf den Kopf gestellt; da brauche ich Dir sicher nichts zu erzählen.
Aber eben auch
meines, das des Mannes, Ehemanns und Vaters!
Klar... es wäre mir auch irgendwo lieber und bequemer, ich könnte so weitermachen wie davor und bräuchte mich um kaum mehr als meinen Job und ein bißchen Haushalt mit zu kümmern. Klar wär's mir in meiner egozentrischen Perspektive lieber, meine Frau - oder auch irgendjemand anders - würde meinen Teil der Arbeit zu Hause für mich erledigen. Wenn mir dann noch jemand Sohnemann abnehmen würde in der ersten halben Stunde, wenn ich nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause gekommen bin, das wäre doch mein Himmelreich. Und danach mit dem Großen spielen, ein bißchen Computer, fernsehen, basteln - ideal - soll sich doch bitte meine Frau um das Geschirr, den Müll und die Wäsche kümmern. Staubsaugen - ach komm, das bißchen. Erstens ist das doch nicht so schlimm, und zweitens hätte "sie" das ja ruhig auch mal machen können. Warum "immer" ich...?
Ich schreib das deshalb so plastisch und mit ironisch-sarkastischem Unterton, weil solche Gedanken in der Art wahrscheinlich auch Deinem Mann durch den Kopf gehen.
Nur:
So funktioniert das moderne Leben nicht mehr!
Ehemännern und Vätern kommt heutzutage definitiv eine größere Verantwortung und Aufgabe im Haushalt und der Kinderbeschäftigung zu als früher. "Wir" Männer müssen raus aus unserer Komfortzone, die wir von Mama an gewöhnt gewesen sind. Und das ist unbequem - da kann ich mit meiner Depression und den Ängsten echt ein Lied von singen...
Ich beschwere mich aber auch nicht (mehr). Ja, es gab eine Zeit, vor der Depri, da hat mich das alles teilweise ziemlich angekotzt, hab mein ganzes Leben in Frage gestellt, hab mich gefragt, ob's das jetzt schon gewesen sein soll, mein eigenes Leben sei vorbei. Ähnlich könnte es Deinem Mann gehen.
Der Unterschied zwischen ihm und mir und anderen Männern / Vätern ist nur:
- Es gibt Männer, die stecken die Umgewöhnung weg wie nix. Wobei ich hier auch mal behaupten möchte, daß viele Männer und Väter da auch nach außen hin sicher ne Maske auflegen; kein Mensch weiß, wie es in ihnen drin aussieht!
- Dann gibt's die wie mich: Die fressen ihren Frust in sich rein, bis daraus eine Gastritis, ne Depression oder Was-auch-immer an Krankheit draus erwächst. Die brechen mal heulend in der Küche zusammen, weil sie nicht mehr weiterwissen, weil sich alles so "dramatisch" verändert hat.
- Und schließlich gibt's die wie Deinen Mann: Die zeigen ihren Frust und ihre Hilflosigkeit äußerlich, werden laut, jährzornig, knallen Türen, brüllen rum, usw.
Aber allen diesen Männern und Vätern ist gemein:
Sie kommen schlichtweg mit der Veränderung nicht zurecht! Nicht mehr, nicht weniger. Sie sind im Prinzip genauso hilflos und ratlos und getrieben wie ihre Frauen, aber sie äußern es anders. Manche nur anfangs nicht, da renkt es sich ein, andere brauchen länger. Bei manchen klappt's gar nicht; da ist der eigene egozentrische Freiheitsdrang so stark, daß die Beziehung und die Familie irgendwann auseinander brechen.
Aber das alles ist definitiv nicht die Schuld der (Ehe-)Frau und Mutter!!!
Klar ist es auch für mich gedanklich leicht, meiner Frau die "Schuld" zu geben - nix bequemer als das. Ich hab die Ursache und die Schuld meiner eigenen Unzulänglichkeiten und mangelnden Anpassungsfähigkeit auf jemanden anders geschoben, bin also frei, mich aufzuregen, innerlich oder äußerlich. Jetzt mal so rein theoretisch.
Aber wenn ich mir - als Mann - mal die Mühe mache, mich in meine Frau hineinzuversetzen...: Sie geht auch Vollzeit arbeiten, sie macht ebenfalls den Hauhalt (und wenn ich ehrlich bin, auch den größeren Teil davon), sie kocht wochenends häufiger als ich, und auch sie will (und muß) Zeit mit unseren Sohn verbringen, ob's gerade paßt oder nicht. Und auch sie hat das Bedürfnis nach Ruhe- und Auszeiten, nach Abschalten und mal Nix-Tun. Und sie steht mindestens ebenso unter Strom wie ich, wenn nicht sogar noch mehr, weil Mütter häufiger als Väter den (irrigen!) Anspruch an sich selbst haben, in ihrem "Job" als Mutter alles perfekt machen zu müssen.
Und noch dazu hat meine Frau auch noch mich Depressiven an der "Backe"... , was sicher auch über weite Strecken kein Zuckerschlecken gewesen ist, ganz bestimmt nicht. Insbesondere, als ich im Sommer für 3,5 Wochen in einer Klinik war!
Wenn ich mir das alles - eigentlich Selbstverständliche! - einmal richtig klar mache, dann verraucht mein egoistischer Frust und Zorn, der absolut fehl am Platze ist!, ganz schnell wieder. Und anstatt meine Frau anzupflaumen, warum sie es in ihrer Urlaubswoche vor 2 Wochen häufig mal nicht geschafft hat,
*Pseudo-Frust-an* *genervtes Augenrollen* wenigstens die Geschirrspülmaschine mit "ihrem" Geschirr umzuräumen
*Pseudo-Frust-aus*, schlucke ich meinen Ärger, der absolut fehl am Platze ist! (ja, ich wiederhole mich ganz absichtlich

), runter, mache mir bewußt, daß auch sie ihre Auszeiten braucht und nicht 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tag nur malochen kann, und räume die Geschirrspülmaschine selbst um. Vielleicht nicht sofort, vielleicht erst ne Stunde später. Oder am nächsten Tag. Aber ich brülle meine Frau nicht an, ich lasse sie sich ausruhen, nähen, sticken, fernsehen gucken, alles, was sie in einem solchen Moment braucht, um ihre Akkus wieder aufzuladen.
Jaaa, das ist für mich als Ehemann und Vater garantiert anstrengender als mich um gar nichts zu kümmern, rumzubrüllen, ich wollte meine Ruhe haben, und die Tür zu meinem Arbeitszimmer hinter mir zuzuknallen, um PC zu spielen. Ja, ganz richtig.
Aber da muß ich durch!
Dieses Leben mit Kind haben meine Frau und ich uns gemeinsam ausgesucht. Ja, wir waren damals so naiv, wie wahrscheinlich fast alle Eltern, zu glauben, der Großteil unseres Lebens verliefe so weiter wie zuvor. Tja, Pustekuchen, wir haben uns getäuscht. Eltern zu sein und parallel noch Geld zu verdienen, nen verantwortungsvollen Job zu bekleiden - das ist ein 24-Stunden-Job, für beide!
Aber nur zusammen kommt man durch diese Zeit hindurch, kann an ihr wachsen, richtig
erwachsen werden - und immer wieder wunderschöne Momente verleben, über die man sich freuen kann.
Und das Gute daran ist, meiner Erfahrung nach:
Wenn man sich unterstützt und nicht gegenseitig fertig macht, dann reduziert sich der 24-Stunden-Job, für beide!
Deshalb: "In guten, wie in schlechten Zeiten" - das hat Tired absolut richtig zitiert.
=> Ich hab n bissel den Eindruck, als wäre Dein Mann noch so etwas auf 40/50er-Jahre-Generation gepolt... Es wird Zeit, daß dein Mann in der modernen Zeit ankommt, erwachsen wird und Dir wie ein verlässlicher Ehepartner und Vater eurer Kinder unter die Arme greift! Gerade in der jetzigen Phase, wo ihr es so schwer habt.
Bitte ihn daher mal um eine klare Aussprache, eventuell ne Paarberatung, schicke ihn mal selbst zu ner Krisenbewältigungstherapie, mache ihm klar, daß es nur gemeinsam geht und Du sonst vor die Hunde gehst...
Denn: So, wie Dein Mann mit Dir umgeht, insbesondere, seitdem es Dir so schlecht geht, das ist absolut keine Art.
Und mal ganz bestimmt nicht Deine Schuld!
So gehst Du vor die Hunde, und Du läßt Deinen Mann auch noch fein raus.
Mach das nicht, laß das bloß nicht zu.
Ich wünsch Dir alles Gute, trotz alledem einen halbwegs schönen Tag. Und daß Du mir die klaren Worte nicht übel nimmst. Aber ich hoffe einfach, daß Du das einem Mann und Vater vielleicht etwas mehr glaubst
LG,
Alex