Herr_Lich Haha, du bist schreck-Lich... so ein Doppeldeuter... aber ist tatsächlich in mehrfacher Hinsicht wahr!
Du meintest freimachen wie beim Onkel Doktor, oder? Nee, das wollte ich überhaupt nicht an(doppel)deuten. Das ist nicht meine Art.
Freiheit von und für Dinge und Menschen ist eine Sache, die man selber macht (außer man wird mit physischer Gewalt daran gehindert). Unfreiheit, die man in unserer Gesellschaft wahrnimmt, kann und muss man immer selbst beenden. Ich will überhaupt nicht sagen, dass das ganz einfach sei, und auch nicht, dass jeder, der unter Unfreiheit leidet, daran selbst schuld sei. Aber ändern muss man das selbst.
Schade, dass Mars nicht landen will. Mit alt oder jung hat das aber vermutlich nicht so viel zu tun. Ich glaube nicht, dass nach einer kurzen Kennenlernphase (die ihr ferndatenvermittlungstechnisch hinter euch gebracht habt), das Wissen um das Alter für die Attraktivität einen Unterschied machen kann.
Wohl aber die wahrgenommene Jugendlichkeit. Und da habe ich einen Gedanken, den ich mit dir teilen will (vermutlich hilft das im Zusammenhang mit Mars garnichts, aber ich denke seit deinem Eröffnungspost darüber nach).
Denk dir das, was jetzt kommt einfach mal als provokante These eines Therapeuten. Vermutlich liege ich ja total falsch. Dann sag' es mir.
Du schreibst, du seist in der Mitte deines Lebens (ich tippe auf, na, sagen wir mal, 43), wirktest aber 15 Jahre jünger - also wie 28. Ich habe mich bei deiner Eröffnung schon gefragt, warum du das betonst. Die längste Zeit war ich der Meinung, dass es dir dabei darum ging, den Abstand zu V. so deutlich wie möglich zu machen. Der ist schließlich nicht nur nach Jahren viel älter als du, der macht sich auch noch noch älter! Hundert Jahre Unterschied! Klar, dass da nix mehr geht.
Zwischenzeitlich hast du aber immer wieder betont, wie wichtig dir der Sport sei, dass die Muskeln, die du trainiert hast, da bleiben. Es gehört, glaube ich, zu deinem Eigenbild, dass du jung und unzerstörbar bist. Du hast ein Problem mit dem Älterwerden. Glaube ich.
Und das ist ein Problem für die Außenwirkung. Jemand, der erst erzählt, dass sie wirkt wie 28, und dann, dass sie zwanzig Jahre lang in der falschen Karriere war, dann mit Abfindungs-Verhandlungen und Geldanlagetechniken die Grundlage für die zweite Karriere gelegt hat, die ergibt kein stimmiges Bild. Du wirkst nicht wie 28, wenn man dich kennengelernt hat. Weil du's nicht bist (und das hat überhaupt nichts mit straffer Haut, festen Brüsten und trainierten Muskeln zu tun).
Ich bin so alt, dass ich in meiner Erlebenswelt gleich zwei Beispiele von Problemen mit Älterwerden habe, die ich mit deinem "ich wirke aber 15 Jahre jünger" assoziiere. Die Eine ist eine ehemalige Kollegin. Sie hat als Elternzeitvertretung knapp zwei Jahre bei uns gearbeitet. Die hat der Bewerbung ein 20 Jahre altes Foto beigelegt. Tatsächlich war die sehr hübsch, und es gab überhaupt keinen Grund, da mit alten Bildern ein noch hübscheres Bild zu erzeugen. Von der Figur her war sie das, was der Amerikaner "petite" nennt - ich schätze mal gut 40 Kilogramm bei 1,65 m. Aber sie war halt in Wirklichkeit 54. Ihr Lebenslauf umfasste nicht weniger als 12 Stationen. Und das passte überhaupt nicht zu dem, was sie meinte darstellen zu müssen. Von ihr kamen immer wieder so Nebensätze der Art "weil, wenn man sich pflegt, dann ist das Alter ja nicht wirklich ein Problem". Für sie eben doch. Bei der war die krampfhafte Eigenwahrnehmung in krassem Widerspruch zu dem, wie alle anderen sie wahrgenommen haben. Die Konsequenz: Sie ist eine alte Jungfer (nein, ich weiß nicht, ob sie das auch technisch ist, das interessiert mich auch nicht. Es ist die Rolle, die sie mittlerweile spielt).
Die andere ist eine Mutter hier aus der Nachbarschaft. Die habe ich kennengelernt, als sie gerade ihren Sohn bekommen hatte - und ich war schwer beeindruckt von ihrer Schönheit. Ungefähr bei der dritten oder vierten Gelegenheit, bei der ich mit ihr gesprochen habe, erzählte sie mir zum ersten mal, dass sie es nicht mehr aushalte. Sie müsse jetzt etwas tun, um nicht für immer wie ein Walross rumzulaufen. Und seit dreizehn Jahren tut sie was. Sie läuft zum Beispiel fast jeden Tag eine sehr große Runde mit dem Motto "quäl dich, du Sau". Und so wie ihre Haut aussieht, ist sie mindestens zweimal die Woche im Solarium. Sie hat sich die Zähne richten lassen, weil die vorher ein bisschen ungleichmäßig (wenn auch perfekt gepflegt und strahlend weiß) waren - jetzt hat sie so eine Hollywood-Kauleiste, die aussieht wie aus Plastik. An ihrem Körper ist kein Gramm Fett. Ihre trainierten Wadenmuskeln sehen deshalb grotesk eckig aus. Ihr Mann, der sehr attraktiv, gepflegt und auch sportlich ist (sagt zum Beispiel auch meine Frau), geht derweil auf das Rentenalter zu.
Sie ist der Meinung, dass sie sich mit ihrer Schinderei was Gutes tut. Die meisten Leute, mit denen ich über sie spreche, finden sie grässlich und unattraktiv.
Ich will überhaupt nicht über die Frau urteilen. Sie macht das alles vermutlich für sich selbst, und wenn sie damit glücklich ist, dann ist alles gut. Ich bin allerdings ziemlich sicher, dass sie das auch sehr bewusst und plakativ für ihre Umwelt macht. Auf ihren Laufrunden läuft sie zum Beispiel immer durch meine Siedlung, obwohl es außen vorbei einen viel besser geeigneten Weg am Fluss-Damm gibt. Am Badesee breitet sie sich am liebsten gleich beim Zugang vom Parkplatz her in der Mitte aus. Sie zeigt ihren Körper schon sehr gerne her. Ich kenne aber keinen, dem das gefällt.
Was meinst? Treffe ich dich damit? Oder ist die ganze Assoziation Quatsch?