Re: Zungenschmerzen
Sehr geehrter Herr Prof. Wust,
ich war heute in der Klinik. Der mich untersuchende Oberarzt sprach von einer Sache, die nicht so gut aussieht. Er meinte, ich sollte mir die nächsten 2 Monate nichts vornehmen und alle Termine absagen.
Nächsten Montag soll ich ins Krankenhaus (Biopsie). Ich fragte ihn, ob ich nun Zungenkrebs oder Mundbodenkrebs hätte. Darauf er: "Mundbodentumor, kein Carcinom."
Alles sehe sehr gut und kompakt aus. Die operative Entfernung dürfte keine größeren Probleme bereiten. Die Lebensqualität wäre auch kaum eingeschränkt, ich müßte mir keine übergroßen Sorgen machen. Man könnte im Mundboden nach der OP etwas einsetzen. Dies habe ich erst später realisiert. Man kommt ja in solchen Untersuchungsmomenten kaum zum nachdenken. Fragen fallen einem ja erst immer hinterher ein. Ich habe gesagt, daß ich mir z.B. nicht vorstellen könnte, mir die Zunge entfernen zu lassen. Darauf die ebenfalls anwesende Ärztin: "Das kann ich verstehen."
Mir wurde auch gesagt, daß größt mögliche Aufklärung geleistet werde. Was alles sein könnte, darüber sollte ich mir aktuell keinen Kopf machen. Erst müßten die entsprechenden Untersuchungen durchgeführt werden.
Man hat mich dann krank geschrieben. Diagnose V.a. C 02.9. Perplex war ich als ich im Internet nachgesehen haben. Laut Klassifikation ICD 10 lautet die Diagnose Zunge nicht näher definiert. Was hat das jetzt mit dem Mundbodentumor zu tun.
Was soll ich von diesem Oberarzt halten, der von Mundbodentumor spricht und als Diagnose C 02.9. angibt. Ich fühle mich irgenwie verarscht, um es salopp auszudrücken.
Muß ich jetzt von Zungenkrebs ausgehen? Wird mir ein Stück von der Zunge entfernt. Kann ich dann noch sprechen. Diese Sorgen gehen mir durch den Kopf herum. Ich fühle mich mit meinen Sorgen nicht ernst genommen. Nicht daß beide Ärzte unfreundlich waren, ganz bestimmt nicht. Ist es erst mal üblich den Patienten zu beruhigen, auch wenn einem versprochen wird, die Aufklärung als oberste Priorität anzusehen?
Ich verspüre schon mal im Leistenbereich re. und li. ein leicht schmerzhaftes Ziehen. Spricht das für Metastasenbildung? Dieser Umstand wurde von dem Oberarzt kaum zur Kenntnis genommen: "Da machen Sie sich jetzt mal keine zu großen Sorgen."
Meine Lebenserwartung wäre auch kaum eingeschränkt. Die Erfolgsquote betrage über 60 %.
Die Empathie war für meine Begriffe gering ausgeprägt. Ich hatte nicht das Gefühl, daß man sich ernsthaft mit mir beschäftigt hat. Es ging so nach dem Motto, kommen Sie erstmal zu uns ins Krankenhaus, dann wird schon alles gut werden, bzw. dann sehen wir weiter.
Wenn ich das richtig verstanden haben, soll ich jetzt für ca. 3 Tage in die Klinik. Dann werde ich für eine Woche nach Hause entlassen und dann soll so schnell wie möglich eine OP stattfinden.
Herr Prof. Wust, ist dies wirklich die normale Vorgehensweise bei der gestellten ICD 10 Diagnose. Kann es mir passieren, daß ich gar nicht erst entlassen werde und mir sofort wegen Dringlichkeit eine Folgeoperation aufgeschwatzt wird und ich so keine Möglichkeit habe, mir eine zweite Meinung einzuholen? Wie soll ich mich verhalten? Mein Hausarzt, der zunächst felsenfest von ein Entzündung im Mundbereich ausgegangen war, denkt jetzt an mich. War auf einmal im Streß und hatte keine Zeit. Selbstverständlich soll ich ihn auf dem laufenden halten. Ob ich nach der Biopsie sprechen oder Nahrung aufnehmen könnte, das könnte er als nicht untersuchender Arzt nicht beantworten, das müßte ich mit der Klinik besprechen.
Ich habe das Gefühl, keiner spricht die tatsächlichen Probleme an oder bereitet einen auf Eventualitäten vor, die eintreten könnten. Wie kann ich da Vertrauen entwickeln. Ich fühle mich den Medizinern ausgeliefert. Alles bleibt im Ungefähren und dann wird man mit beruhigenden Worten zugetextet. Wenn man dann im Auto sitzt fallen einem die Fragen, die zu stellen gewesen wären erst ein.
Nach der Biopsie bin ich dann bettlägerig? Kann ich essen oder hänge ich nur an Schläuchen oder Kabeln. Habe ich Schmerzen? Wenn ja, bekomme ich ausreichend Schmerzmittel? Kann ich mich verständlich machen und meine Wünsche äußern?
Warum geht man auf meine mit der Erkrankung verbundenen desolaten Psyche nicht ein? Beschäftigt man sich nicht mit der besten bzw. schlimmsten Annahme?
So habe ich mir vorgestellt, daß ich mit einer erheblichen Sprachbeeinträchtigung keine OP durchführen lassen will. Ich könnte meinen Beruf nicht mehr ausführen. Was ist wenn ich dann sterben will? Dies wurde kurz mit der Ärztin -der Oberarzt war schon weg- erörtert, im Stehen. Ich habe nur verstanden, daß ich ersticken könnte, ein Luftröhrenschnitt durchgeführt werden könnte. Bestenfalls könnte ich durch Blut, Blutgerinsel sterben. Das wäre dann ein schöner Tod.
Herr Prof. Wust, ist das kompetente und professionelle Beratung? Warum geht man als Mediziner nicht von sich aus auf die möglichen Komplikationen ein und führt eine entsprechende Beratung durch. Wie gesagt, die Ärzte waren nicht unfreundlich. Alles ging husch, husch.
Jetzt war ich als "Zivilist" in der Klinik. Hatte meine Straßenbekleidung an, konnte jederzeit wieder gehen. Was ist wenn ich mit dem Schlafanzug im Klinikbett liege. Dann kommen die Mediziner rein, besprechen mit einem den Sachverhalt teils im Fachchinesisch und dann geht es ganz schnell wieder raus, weil so viel andere Fälle auch erledigt werden müssen.
Wäre nett, von Ihnen zu hören. Kann das Forum meine Befürchtungen und Ängste verstehen? Wäre schön, wenn sich Betroffene auch melden würden.
MfG
tesafadu