Hallo Max,
die Psyche kann sehr vieles - was Fluch und Segen zugleich ist:
1. Nimm Dir alte Leute, deren Ehepartner gestorben ist. Es kommt häufig vor, daß der zurückgebliebene Partner einige Wochen bis Monate später auch stirbt. Bei meiner Großmutter zum Beispiel war es rein organisch gesehen auch so, ein Herzinfarkt, ein halbes Jahr, nachdem mein Großvater gestorben ist (ist jetzt insgesamt 20 Jahre her). Aber in der Familie sind wir uns einig, allen voran mein Vater, der seine Mutter ja noch mit am besten gekannt hat, daß man ihr schon in den Monaten zuvor ansehen konnte, wie sie abgebaut hat und schlicht wohl einfach nicht mehr allein weiterleben
wollte. Irgendwann dann hat ihr die Psyche den "Wunsch" erfüllt...
2. Krebspatienten oder Querschnittsgelähmte, bei denen sich sämtliche Spezialisten einig sind, daß da unmöglich etwas zu retten ist. Und siehe da - manche erfahren eine sogenannte "Spontanheilung", und die Medizin steht rein wissenschaftlich gesehen wie der Ochs' vorm Berg. Warum: Weil diese Menschen sehr wahrscheinlich sehr tief in sich drin den Wunsch und Willen (wieder)entdeckt haben, auf jeden Fall wieder gesund werden und weiterleben zu wollen. Gibt durchaus auch Berichte von solchen Menschen, die behaupten, diesen Heilungsprozeß regelrecht gespürt zu haben. Und der Stationsarzt steht mit seinem Stab um das Krankenbett drumrum und versteht die Welt nicht mehr...
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich das ebenfalls bestätigen, wenn auch in stark abgemilderter Form:
Wenn ich mich mies fühlen möchte (immer vorausgesetzt, ich wollte das auch wirklich), würde es mir problemlos gelingen, mich über eine negative Gedankenspirale entsprechend zu fühlen. Die Folgen sind dann neben emotionalen Reaktionen wie schlechter Laune, Angst, etc. durchaus auch körperliche Reaktionen wie Magenschmerzen, Durchfall, Kopfdrücken, Migräne, etc.
Der Grund dafür ist relativ einfach: Wenn es uns schlecht geht und wir uns selbst immer besorgter beobachten, verspannen wir unbewußt. Versuche mal darauf zu achten, wie sich Deine Bauchmuskulatur anfühlt, wenn Du unter Streß stehst; Du dürftest relativ flach atmen, und die Muskeln sind allesamt angespannt und verkrampft. Den Unterschied kannst Du besonders gut erspüren, wenn Du nun ganz bewußt tief ein- und aus atmest, vier- fünfmal.
Was bedeutet diese Anspannung?
=> Dein Körper ist im Streßmodus = Kampf oder Flucht. Das ist biologisch so programmiert, bei jedem Menschen, da kann man erstmal wenig dran ändern. Hierbei fährt der Körper alles runter, was er nicht zum Überleben braucht - dazu gehören unter anderen die Verdauung und das Denken. Sämtliche Energie und Sauerstoff wird in die Muskeln gepumpt, denn die erste Devise bei Kampf oder Flucht ist knallhart das Überleben - entweder den Gegner besiegen, oder abhauen. Für unseren Körper und eben auch auf gewisse Weise für unsere Psyche gibt es da nichts dazwischen - nen Säbelzahntiger haste damals nicht zu nem Kompromiß überredet bekommen ("ey, kannste nich den Hasen da drüben nehmen statt mir").
Kämpfen oder Abhauen. Basta!
Damit wird Dir vielleicht klar, warum Deine Verdauung so häufig verrückt spielt und Dein Denken benebelt ist: Deine Psyche und Dein Körper stehen unter Dauerstrom!
Die gute Nachricht daran ist: Du kannst es mit der Zeit unter Kontrolle bekommen.
Die weniger gute Nachricht ist: MIT DER ZEIT! Es erfordert eine Menge Geduld, Zeit und Übung, auch mittels geeigneter Techniken wieder runterzukommen und sich umgekehrt nicht von allem sofort wieder ins Bockshorn jagen zu lassen.
Ich übe daran mittlerweile seit ein bis zwei Jahren.
Und trotzdem habe ich in den letzten Tagen und gerade heute wieder so ne Phase, wo das alles, was ich bisher gelernt habe, nicht so recht greifen will. Grad eben noch in ner Besprechung wurde die wirtschaftlich äußerst unschöne Perspektive des Unternehmens recht plakativ dargestellt - und ich hatte echt alle Mühe, mich davon nicht runterziehen zu lassen. Ich konnte regelrecht spüren, wie mir "etwas" - nämlich mein einsetzendes, negatives Denken, also die Psyche - versucht hat, meine Kräfte auszusaugen.
Glücklicherweise erkenne ich die Symptome mittlerweile immer früher und kann gedanklich gegensteuern (positives Denken, kognitive Verhaltenstherapie), so daß sich die Talfahrt in aushaltbaren und erträglichen Grenzen hält.
Und eben da kommt dann das zum Tragen, was Tired oben geschrieben hat:
Ich versuche es so zu halten, die Sachen aussitzen solange es geht und es geht lange
Es geht wirklich seeehr lange, länger und besser als ich noch zu Beginn gedacht hätte!
Auch hierbei spielt die Einstellung - also die Psyche im weitesten Sinne - eine maßgebliche Rolle, diesmal positiv und unterstützend.
Du siehst also:
Ja, es kann definitiv sehr viel von Psyche kommen. In jedem Fall ist die Psyche immer ein mehr oder weniger starker Katalysator. Aber sie ist niemals unbeteiligt.
Drücke Dir die Daumen! Nicht an Deinen Symptomen verzweifeln, die gehen auch wieder weg. Lerne Entspannungstechniken (Autogenes Training, Jacobson), mache Yoga oder Tai-Chi, und hol Dir therapeutische Unterstützung.
Das wird schon, wirst sehen
