Wenn ich das mal so genau wüßte... *g*
Vor allem habe ich auch immer noch spürbare Schwankungen, wenn auch auf vergleichsweise hohem Niveau. Der "Alte" bin ich definitiv noch nicht bzw. nicht mehr.
Was ich getan habe:
1. Nov 2013 (1. akute Phase - nix ging mehr): Zum Hausarzt gegangen, Citalopram 20 mg verschrieben bekommen, krank schreiben lassen für 2 Wochen. Danach ging's schon wieder halbwegs, so daß ich wieder arbeiten gegangen bin.
2. Mich hier im Forum angemeldet in der Hoffnung, ein paar Tipps zu bekommen und auf "Mitleidende" zu treffen, die besser verstehen, was da los ist, als ich das zu dem Zeitpunkt konnte. Hat super geklappt, da kann ich mich gar nicht genug bei allen hier für bedanken
3. Termin beim Psychiater ausgemacht (dauerte bis Feb 2014).
4. Psychotherapie weitergemacht (lief eh schon seit Dez 2012).
5. Reihenweise Bücher zur Depressionsbewältigung, -hilfe, Kognitiven Verhaltenstherapie, etc. gelesen. Auch Wikipedia - den Artikeln dort kann man noch am ehesten glauben, wenn man schon im Internet sucht *g*.
6. Erste Schritte in Richtung "langsam machen", "Ruhe bewahren", "mich nicht unnötig antreiben".
Das alles hat während meines ersten Schubes ganz gut funktioniert. Mitte März 2014 war ich soweit, daß ich das Citalopram eigenmächtig ausgeschlichen habe... Dachte auch, ich bräuchte den Psychiater nicht weiter, und die Psychotherapie ist terminlich auch irgendwie ins Hintertreffen geraten.
Klassischer Fall von "Denkste":
Im Juni/Juli kam dann schleichend der Rückfall, so daß ich auch 3,5 Wochen in einer Klinik war. Er war zwar nicht so tief wie der erste, aber irgendwie intensiver.
Was ich da getan habe:
1. Bei meinem Psychiater und meinem Psychotherapeuten "angekrochen" und um Wiederaufnahme der Therapien gebeten. War kein Thema; seitdem bin ich auf Fluoxetin 40 mg eingestellt.
2. Noch sehr viel bewußter an den Programmen
"langsam machen", "Ruhe bewahren", "mich nicht unnötig antreiben" gearbeitet, bei jeder passenden Gelegenheit. Mal klappt's besser, mal schlechter, aber im Großen und Ganzen ok.
3. Ein
Stimmungstagebuch angefangen. So kann ich mir an schlechteren Tagen vor Augen führen, daß es mir schonmal seeehr viel schlechter ging und ich im Vergleich dazu zur Zeit richtig gut dran bin
4. Mit "Geocachen" und "Alleine(!) ein Eis essen" wenigstens schonmal zwei
Tätigkeiten gefunden,
bei denen ich es halbwegs schaffe, abzuschalten und zu entspannen. An echten Übungsmethoden wie Progressiver Muskelentspannung und Autogenem Training arbeite ich noch - da klappt's mal besser, mal schlechter - in den letzten Tagen definitiv nicht so gut :/
5. Meinen Tag und mein "Programm" "durchziehen", aber bewußt langsamer und mit weniger (bewußtem) Druck. Zur Not lieber einen Schritt weniger - immer noch besser als gar keinen. Und die, die ich mache, eben ganz in Ruhe und möglichst ohne Hektik. Das geht natürlich auch nicht immer, gibt ja leider genügend Taktgeber im Alltag, und nicht jedem kann man da immer widersprechen... Aber doch an deutlich mehr Stellen als ich noch vor einem Jahr gedacht hätte.
6. Parallel zum schulärztlichen Psychiater die Behandlung bei einem homöopathischen Psychiater-Heilpraktiker begonnen mit dem Ziel, mittelfristig auf das Fluoxetin verzichten zu können. Mal sehen... nach der letzten Rücksprache mit meinem schulmedizinischen Psychiater sieht's eher so aus, als stünde ab August evtl. Venlafaxin statt Fluoxetin zur Diskussion, je nachdem, wie sich meine Symptome und die Diagnose entwickeln. Unter'm Strich ist mir das aber egal - solange es hilft und ich nicht mehr in dieses üble Loch abstürze.
7. Mit Freunden und Kollegen gesprochen. Ich habe das Glück, ein diesbezüglich sehr tolerantes und offenes Umfeld zu haben - und das macht es leichter, damit umzugehen, weil ich es nicht verstecken brauche. Klar hausiere ich damit nicht am schwarzen Brett *g*, und ich suche mir die Leute schon irgendwo aus, denen ich es anvertraue. Aber ich halte es grundsätzlich auch nicht hinter dem Zaun.
8. Infolgedessen mache ich mir auch immer und immer und immer wieder klar, daß ich nicht der einzige bin mit einem solchen Problem bzw. einer solchen Krankheit: Es trifft zwischen 10 und 20% der deutschen Bevölkerung wenigstens einmal im Leben; nach einer isländischen Studie sogar bis zu 80% der Bevölkerung. Irgendwo dazwischen wir die Wahrheit liegen. Auch in meinem Umfeld gibt es ein paar ähnlich gelagerte Fälle, auch wenn keiner davon so "klinisch-schlimm" ist wie meiner. Aber in Ansätzen geht es sehr sehr vielen Menschen so. Früher oder später. Und es trifft nicht zuletzt auch zahlreiche Prominente quer durch alle Bereiche - Medien, Politik, Wissenschaft. Das macht es mir leichter, es zu akzeptieren.
9. Akzeptanz. Akzeptanz. Akzeptanz. Im Prinzip ist das sogar der Schlüssel - wird an vielen Stellen so auch geschrieben und gesagt, und ich kann es nur bestätigen: Wenn man anfängt, es zu akzeptieren und zuzulassen, wird es erträglich. Es verschwindet nicht, ich möchte es immer noch lieber ganz loswerden. Aber es hat einen Teil seines lähmenden Schreckens verloren, und das gibt mir wenigstens ein solides Grundmaß an Lebensqualität und Zuversicht zurück.
Ich bin wie gesagt bei weitem nicht der "Alte": Ich hab mittlerweile sehr sehr gute Tage - an denen ich mich frage, was das für ein Albtraum war und ob ich die Medikamente und die PT überhaupt brauche. So wie bis Freitag/Samstag herum.
Und dann hab ich doch wieder angespanntere, spürbar mühsamere Tage - so wie seit Samstag herum. Alle paar Tage und Woche wieder. Das sind dann die Momente, so wie auch heute Früh, wo wieder Ohnmacht und Verzweiflung an meine Tür klopfen und hereingelassen werden wollen.
Aber ich lasse sie vor der Tür stehen, denn - und das ist das Allerwichtigste - hab ich auch in einem
Blog gelesen und kann es nur bestätigen:
10. Ich kann immer handeln! Ich bin nicht ohnmächtig. Ich habe immer die Wahl, der Ohnmacht nachzugeben und zu verzweifeln - oder sie auf Abstand zu halten. Und zwar ganz in Ruhe, ganz langsam, ganz bewußt, ohne Streß und mit möglichst wenig Angst.
Aber unbestritten: Es ist ein Weg! Und er wird immer schöner, je besser es klappt
Hoffe, das hilft Dir etwas weiter. Wenn Du weitere Fragen hast, nur zu
Alex