RE: STOP/QUELLEN
Sie sagen, unser Kommentar sei für Sie nicht mehr relevant. Vielleicht interessiert's andere:
Ich fürchte, so kommen wir nicht wirklich weiter. Ich finde keine klaren Belege in der von Ihnen angegebenen Literatur, für das, was Sie behaupten. Nützlich wäre, wenn Sie zum Beispiel angeben würden: 200.000 fälschlicherweise abgenommenen Brüste, Autor xy, Artikel xy, Seite x. Das macht es einfach leichter und man muss sich nicht durch alles durcharbeiten, um festzustellen, dass es da nicht drin steht.
Lassen Sie mich noch mal einen Anlauf versuchen.
Es ist klar und nicht strittig, dass einmal eingeführte Maßnahmen, die auf Studien/Ergebnissen beruhen, die jemand begründet anzweifelt, erneut überprüft werden müssen. Studien, die vor 20, 30 Jahren durchgeführt wurden hatten eben noch nicht die Qualität und Standards, die man heute berechtigterweise verlangt. Insofern ist es richtig, dass die Diskussion über den Sinn von Früherkennungsmaßnahmen geführt wird, wenn die Datenlage zweifelhaft ist. Die von Ihnen angeführten Quellen belegen aber nicht eindeutig das, was Sie behauptet haben. Und es ist für den Laien mühsam, sich durch die Statistik durchzuquälen – verstehen werden sie die meisten eh nicht. Kein Hinweis auf die 200.000 überflüssigerweise entfernten Brüste, kein Hinweis, dass ein hoher Anteil der Diagnosen falsch ist, kein Hinweis, dass Ärzte das aus Profitgier machen etc.
Und da gibt es eben auch – neuere – andere Erkenntnisse, die eben etwas anderes besagen. Auf der von Ihnen angegebenen Internetseite steht einerseits ein skeptischer Beitrag, aber eben auch:
„Die Mammographie ist zur Zeit (noch) das wichtigste bildgebende Verfahren in der Brustdiagnostik. Dabei werden mit Röntgenstrahlen alle Bereiche der Brust übereinander projiziert, es entsteht eine Summationsbild der Brust. Vorteile: Es geht relativ schnell, vor allem der ärztliche Teil ist sehr kurz, nur wenige Minuten. Nachteil: Relativ schwierige sichere Diagnosestellung, insbesondere bei dichter Brust, z. B. bei jüngeren Frauen.“
Zur Strahlenbelastung gibt es eine Stellungnahme der Strahlenschutzkommission:
http://www.ssk.de/2002/ssk0201.pdf
Die Strahlenschutzkommission kommt da zu einem ganz anderen Schluss als Sie und nennt auch andere Zahlen.
Wie soll der Laie da durchblicken? Das ist schwer.
Wichtig ist, denke ich, folgendes:
In der Vergangenheit, wurden Mammographien nur bei besonderen Indikationen gemacht oder stillschweigend eben geduldet. Durchgeführt wurden sie bei irgendeinem Radiologen, nicht jeder hat genügend Erfahrung, um solche Bilder wirklich zuverlässig beurteilen zu können. So kam es sowohl häufiger zu falsch positiven und negativen Befunden, die im ungünstigen Fall dem Patienten auch noch einfach so aufgetischt wurden, dass er sich alleingelassen fühlte mit seinen Ängsten. So sollte das natürlich nicht sein.
Anderenorts ist das schon lange anders. Man hat erkannt, dass es Standards bedarf, um die Qualität zu sichern, besonderer Ausbildung etc. Unklare oder positive Befunde, werden von einer zweiten und dritten Fachkraft angesehen, bevor man den Patienten damit konfrontiert. Trotzdem bleiben Befunde, die weiterer Abklärung bedürfen – nicht alle Patienten mit solch einem Befund haben Krebs. Aber bevor man einfach die Brust entfernt, wird weiter abgeklärt, bis hin zur Biopsie. Dann hat man Klarheit. Da ist es natürlich so, dass auch diejenigen, die kein Krebs haben, biopsiert werden. Das muss man wissen.
Allgemein hierzu:
http://www.brustkrebsvorbeugen.de/infos.asp?Seite=/patienten/news_mammographie.asp
Bei der Früherkennung sollte man natürlich auch einen Effekt sehen können, nämlich einen Nutzen. Und den kann man in diesen Ländern wohl auch sehen.
Da die Mammographie im Augenblick wohl die einzige Möglichkeit ist, Tumoren frühzeitig (also auch bevor man sie ertasten kann) zu erkennen, und man ab ca. 40, manche meinen 50, sich keine Gedanken mehr um die zusätzliche Belastung durch Strahlen machen muss, scheint es mir plausibel, dass man das macht – qualitätsgesichert und evidence-basiert.
Zwar stimmt es, dass einige aggressive Tumoren bereits gestreut haben, wenn man sie erkennt, und dass man einige Tumoren so gar nicht erfassen kann, aber ist das ein Grund das qualitätsgesicherte Mammographie-Screening abzulehnen? Bei einem früh entdeckten Brustkrebs sind die Heilungschancen eben viel größer. Also ist es doch logisch, zu versuchen, dass dieser möglichst früh entdeckt wird – unter einer Nutzen-Risiko-Abwägung. Und im Augenblick ist da die Mammographie eben am besten geeignet, das Verfahren wird immer genauer.
Im Endeffekt, da haben Sie recht, muss das jeder selbst entscheiden – aber es wäre schon schön, wenn man da möglichst genau Fakten seiner Enscheidung zugrunde legen könnte. Und deswegen ist eine genaue begleitende Überprüfung des Screening notwendig – das ist auch so geplant. Das eine oder andere wird da noch diskutiert werden, ev. verändert werden, zum Beispiel das Screening bei über 70jährigen. Da gibt es ja viele ganz rüstige Frauen heute, ohne Begleiterkrankungen etc., warum sollen die ausgeschlossen werden?
Vielleicht ergänzend. Bei einer Mammographie letztes Jahr erzählte mir meine Ärztin, dass sie diese Ausbildung absolviert hat. Bei der Beurteilung der vielen Bilder hatte sie in der Prüfung eine einzige Fehlbeurteilung, einmal falsch positiv. Bei einer obligatorischen Nachüberprüfung wäre das wohl aufgefallen – vorher darf man dem Patienten eh nichts mitteilen. Ich habe da Vertrauen, so lange die Daten nicht eindeutig dagegen sprechen. Und das sehe ich im Moment nicht so.
Für diejenigen, die es interessiert noch die Leitlinien, lang und für den Laien auch sicherlich mühsam, aber wenn man nur teilweise, punktuell nachsieht, vielleicht ganz interessant:
Leitlinien Brustkrebsfrüherkennung
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/077-001l.pdf