alex_77
New member
Hallo Evi,
ich habe mir Deinen Thread mal aufmerksam durchgelesen, und es tut mir sehr leid für Dich, daß Du so tief drinsteckst.
Ich habe selbst seit zweieinhalb Jahren Depressionen und Angststörungen, und bei mir ist anfangs auch alles mögliche zwischen leichter und schwerer Depression mit Anpassungsstörung und Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden. (Die Schwere übrigens während eines dreiwöchigen Klinikaufenthaltes - aber dazu später noch zwei Sätze mehr.) Zwischenzeitlich denke ich, daß es bei mir primär arge Unsicherheit, generelle Ängste über alles Mögliche, mangelndes Selbstbewußtsein und dadurch dann die phasenweise ausgelösten Depris sind. Im Laufe der Zeit habe ich mit meinem Therapeuten, mit meiner Frau und auch für mich zahlreiche potentielle Ursachen aus meiner Vergangenheit durchforstet, und ich war irgendwann auch an dem Punkt, daß ich zwar sehr vieles aufgedeckt hatte, aber trotzdem nicht so recht wußte, wie mir das nun konkret weiterhelfen sollte. Geschweige denn, wie man mit einzelnen Themen denn nun "richtig" abschließen kann... Tired erinnert sich vielleicht an meine Frage
Mittlerweile schließe ich mich Tireds damaliger Antwort immer mehr an, daß man das in dem platt und landläufig gemeinten Sinne wahrscheinlich niemals wirklich kann: Man kann mit seiner Vergangenheit nicht "abschließen", sie wird immer Teil von einem sein.
Was man aber sehr wohl lernen kann, ist zu erkennen und - mit der Zeit! - zu verinnerlichen, daß es eben die Vergangenheit(!) ist. Und nicht die Gegenwart oder die Zukunft. Wir Menschen tendieren leider dazu, ohne die entsprechende Erkenntnis, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gedanklich wild durcheinanderzuwürfeln. Zu glauben, daß das, was war, auch jetzt noch so ist und immer so sein wird. Daß das, was geschehen ist, auch heute und morgen wieder geschehen kann und wird. Das ist allerdings ein Trugschluß, und den versuche ich mir immer wieder auf's Neue bewußt zu machen:
Mein überangepaßtes und übervorsichtiges Verhalten ist zwar ein Resultat von Verletzungen und negativen Erfahrungen aus meiner Kindheit und Jugend. Doch während dieses Verhalten als - weitestgehend unmündiges und abhängiges - Kind und Jugendlicher noch nachvollziehbar und "richtig" gewesen ist, so habe ich das als Erwachsener nicht mehr nötig: Ich kann tagtäglich und in jedem Augenblick meines Lebens selbst entscheiden, ob ich etwas tue oder nicht tue, ob ich ein bestimmtes Risiko eingehe oder nicht eingehe. Und die Konsequenzen sind in den allermeisten Fällen weit weit weniger dramatisch, als es uns unser, durch Strafen und Mißachtung etc. aus Kindheit und Jugend geprägtes, Unterbewußtsein weißmachen möchte! Da gibt's keine Ohrfeigen mehr, da wird man i.d.R. nicht mehr ausgelacht, von schlimmerem gar nicht zu reden.
Auch klar:
Soweit die Theorie
In der Praxis fällt mir das mal leichter und mal schwerer. Es ist eben wirklich eine Frage von Geduld und Zeit, bis man alte Verhaltens- und Denkmuster ver- und neue gelernt hat.
Worauf ich damit hinauswill:
Ich denke, daß es schon wichtig ist, die Ursachen in der Vergangenheit aufzudecken und so gesehen auch aufzuarbeiten, daß man sie besser einsortieren kann. Und je nach Schwere der Erfahrungen und Traumata sind da garantiert auch noch weitere Schritte vonnöten, wie Trost und Verständnis bspw. durch die Schuldigen von damals.
Darüber hinaus jedoch scheint es mir sehr wichtig zu sein, ganz im buddhistischen Sinne mehr im Augenblick, in der Gegenwart zu leben und sich immer wieder klarzumachen, daß das Heute nicht das Gestern ist. Selbst, wenn sich vieles ähnelt, ist es doch anders, und man kann sich anders entscheiden, anders denken und anders handeln.
Damit ich das hinkriege, übe ich mich wirklich in Achtsamkeit. Darin, in der Gegenwart zu leben. Zu atmen. Wahrzunehmen. Vor allem das Schöne, und das dann auch bewußt zu genießen, indem ich es auch ganz bewußt im Kopf so denke.
Weiterhin habe ich vor längerer Zeit mal Yoga gemacht und werde das im September auch wieder anfangen. Die anderthalb Stunden einmal die Woche haben mir damals unheimlich gut getan, abzuschalten und zu entspannen. Ich hoffe, daß das wieder so sein wird - einmal die Woche in einer ruhigen und geschützten Umgebung fernab von jedem Trubel abschalten und runterkommen.
Abends vor dem Schlafengehen höre ich mittlerweile immer wieder mal Traum- und Fantasiereisen. Auch das hilft mir enorm, den Kopf auf andere Gedanken zu bringen, und ich hänge dann negativen Gedanken und Empfindungen nicht mehr so sehr nach. Manchmal döse ich dabei sogar schon ein, damit das entspannte Einschlafen anschließend meistens kein Thema mehr.
Das alles fällt mir wie gesagt auch nicht immer leicht - mal klappt es besser, mal schlechter; immer wieder rutsche ich auch in die eingefahrenen Spuren zurück, auch mal für länger, was dann prompt auch unter Umständen ne tagelange depressiv-ängstliche Phase nach sich zieht. Ich denke aber schon, daß es mir immer besser gelingt, neue, bessere Spuren anzulegen, und mit der Zeit werden sie sich einfahren, und die alten werden versanden. Irgendwann einmal...
Ich würde Dir daher empfehlen, begleitend zu der professionellen Unterstützung Dich einmal mit dem Achtsamkeitsthema vertraut zu machen. Das geht auch sehr gut über Bücher; wenn es Dich interessiert, kann ich Dir da gern mal ein zwei Tipps geben.
Aber auch mit Hilfe von Yoga oder Tai-Chi wirst Du ruhiger und achtsamer. Sieh Dich also mal bei Gelegenheit um, ob es in Deiner Nähe Kurse gibt, bspw. bei der VHS.
Zuguterletzt schließe ich mich HelloGoodBy's Ratschlag mit dem Joggen an, bzw. eben ein bißchen leichter Sport ganz allgemein. Eventuell wäre für Deinen Aggressionsabbau sogar ein Kampfsport geeignet...? Ich könnte mir gut vorstellen, daß es Dir hilft, selbstbewußter, energischer und souveräner aufzutreten. Eine Freundin meiner Frau macht bspw. regelmäßig Kickboxen, und sie sagt, daß es so gut tut, den ganzen Frust und Ärger rauszuschlagen und vor allem auch rausschlagen zu dürfen(!), und sei es eben nur gegen den Boxsack. Besprich das vielleicht mal mit Deinem Therapeuten, was er davon hält.
Genug für den Moment
Wünsche Dir auf jeden Fall auch gute Besserung, und laß Dich nicht unterkriegen! Du machst das alles genau richtig, auch, daß Du Deine Familie informierst und miteinbeziehst!
LG,
Alex
ich habe mir Deinen Thread mal aufmerksam durchgelesen, und es tut mir sehr leid für Dich, daß Du so tief drinsteckst.
Ich habe selbst seit zweieinhalb Jahren Depressionen und Angststörungen, und bei mir ist anfangs auch alles mögliche zwischen leichter und schwerer Depression mit Anpassungsstörung und Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden. (Die Schwere übrigens während eines dreiwöchigen Klinikaufenthaltes - aber dazu später noch zwei Sätze mehr.) Zwischenzeitlich denke ich, daß es bei mir primär arge Unsicherheit, generelle Ängste über alles Mögliche, mangelndes Selbstbewußtsein und dadurch dann die phasenweise ausgelösten Depris sind. Im Laufe der Zeit habe ich mit meinem Therapeuten, mit meiner Frau und auch für mich zahlreiche potentielle Ursachen aus meiner Vergangenheit durchforstet, und ich war irgendwann auch an dem Punkt, daß ich zwar sehr vieles aufgedeckt hatte, aber trotzdem nicht so recht wußte, wie mir das nun konkret weiterhelfen sollte. Geschweige denn, wie man mit einzelnen Themen denn nun "richtig" abschließen kann... Tired erinnert sich vielleicht an meine Frage

Mittlerweile schließe ich mich Tireds damaliger Antwort immer mehr an, daß man das in dem platt und landläufig gemeinten Sinne wahrscheinlich niemals wirklich kann: Man kann mit seiner Vergangenheit nicht "abschließen", sie wird immer Teil von einem sein.
Was man aber sehr wohl lernen kann, ist zu erkennen und - mit der Zeit! - zu verinnerlichen, daß es eben die Vergangenheit(!) ist. Und nicht die Gegenwart oder die Zukunft. Wir Menschen tendieren leider dazu, ohne die entsprechende Erkenntnis, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gedanklich wild durcheinanderzuwürfeln. Zu glauben, daß das, was war, auch jetzt noch so ist und immer so sein wird. Daß das, was geschehen ist, auch heute und morgen wieder geschehen kann und wird. Das ist allerdings ein Trugschluß, und den versuche ich mir immer wieder auf's Neue bewußt zu machen:
Mein überangepaßtes und übervorsichtiges Verhalten ist zwar ein Resultat von Verletzungen und negativen Erfahrungen aus meiner Kindheit und Jugend. Doch während dieses Verhalten als - weitestgehend unmündiges und abhängiges - Kind und Jugendlicher noch nachvollziehbar und "richtig" gewesen ist, so habe ich das als Erwachsener nicht mehr nötig: Ich kann tagtäglich und in jedem Augenblick meines Lebens selbst entscheiden, ob ich etwas tue oder nicht tue, ob ich ein bestimmtes Risiko eingehe oder nicht eingehe. Und die Konsequenzen sind in den allermeisten Fällen weit weit weniger dramatisch, als es uns unser, durch Strafen und Mißachtung etc. aus Kindheit und Jugend geprägtes, Unterbewußtsein weißmachen möchte! Da gibt's keine Ohrfeigen mehr, da wird man i.d.R. nicht mehr ausgelacht, von schlimmerem gar nicht zu reden.
Auch klar:
Soweit die Theorie

In der Praxis fällt mir das mal leichter und mal schwerer. Es ist eben wirklich eine Frage von Geduld und Zeit, bis man alte Verhaltens- und Denkmuster ver- und neue gelernt hat.
Worauf ich damit hinauswill:
Ich denke, daß es schon wichtig ist, die Ursachen in der Vergangenheit aufzudecken und so gesehen auch aufzuarbeiten, daß man sie besser einsortieren kann. Und je nach Schwere der Erfahrungen und Traumata sind da garantiert auch noch weitere Schritte vonnöten, wie Trost und Verständnis bspw. durch die Schuldigen von damals.
Darüber hinaus jedoch scheint es mir sehr wichtig zu sein, ganz im buddhistischen Sinne mehr im Augenblick, in der Gegenwart zu leben und sich immer wieder klarzumachen, daß das Heute nicht das Gestern ist. Selbst, wenn sich vieles ähnelt, ist es doch anders, und man kann sich anders entscheiden, anders denken und anders handeln.
Damit ich das hinkriege, übe ich mich wirklich in Achtsamkeit. Darin, in der Gegenwart zu leben. Zu atmen. Wahrzunehmen. Vor allem das Schöne, und das dann auch bewußt zu genießen, indem ich es auch ganz bewußt im Kopf so denke.
Weiterhin habe ich vor längerer Zeit mal Yoga gemacht und werde das im September auch wieder anfangen. Die anderthalb Stunden einmal die Woche haben mir damals unheimlich gut getan, abzuschalten und zu entspannen. Ich hoffe, daß das wieder so sein wird - einmal die Woche in einer ruhigen und geschützten Umgebung fernab von jedem Trubel abschalten und runterkommen.
Abends vor dem Schlafengehen höre ich mittlerweile immer wieder mal Traum- und Fantasiereisen. Auch das hilft mir enorm, den Kopf auf andere Gedanken zu bringen, und ich hänge dann negativen Gedanken und Empfindungen nicht mehr so sehr nach. Manchmal döse ich dabei sogar schon ein, damit das entspannte Einschlafen anschließend meistens kein Thema mehr.
Das alles fällt mir wie gesagt auch nicht immer leicht - mal klappt es besser, mal schlechter; immer wieder rutsche ich auch in die eingefahrenen Spuren zurück, auch mal für länger, was dann prompt auch unter Umständen ne tagelange depressiv-ängstliche Phase nach sich zieht. Ich denke aber schon, daß es mir immer besser gelingt, neue, bessere Spuren anzulegen, und mit der Zeit werden sie sich einfahren, und die alten werden versanden. Irgendwann einmal...
Ich würde Dir daher empfehlen, begleitend zu der professionellen Unterstützung Dich einmal mit dem Achtsamkeitsthema vertraut zu machen. Das geht auch sehr gut über Bücher; wenn es Dich interessiert, kann ich Dir da gern mal ein zwei Tipps geben.
Aber auch mit Hilfe von Yoga oder Tai-Chi wirst Du ruhiger und achtsamer. Sieh Dich also mal bei Gelegenheit um, ob es in Deiner Nähe Kurse gibt, bspw. bei der VHS.
Zuguterletzt schließe ich mich HelloGoodBy's Ratschlag mit dem Joggen an, bzw. eben ein bißchen leichter Sport ganz allgemein. Eventuell wäre für Deinen Aggressionsabbau sogar ein Kampfsport geeignet...? Ich könnte mir gut vorstellen, daß es Dir hilft, selbstbewußter, energischer und souveräner aufzutreten. Eine Freundin meiner Frau macht bspw. regelmäßig Kickboxen, und sie sagt, daß es so gut tut, den ganzen Frust und Ärger rauszuschlagen und vor allem auch rausschlagen zu dürfen(!), und sei es eben nur gegen den Boxsack. Besprich das vielleicht mal mit Deinem Therapeuten, was er davon hält.
Genug für den Moment

Wünsche Dir auf jeden Fall auch gute Besserung, und laß Dich nicht unterkriegen! Du machst das alles genau richtig, auch, daß Du Deine Familie informierst und miteinbeziehst!
LG,
Alex