• Der Alltag hält Belastungen und Herausforderungen verschiedenster Art bereit. Bei vielen Menschen führt dies zu Stress. Sind die Belastungen zu hoch oder dauern lange Zeit an, kann sich dies nachteilig auf die Gesundheit auswirken. In unserem Forum Stress, Nervosität & innere Unruhe können Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen.

Seit zwei Jahren schwere Depression mit immer wieder aufkommenden suizidalen Krisen

TEST TEST TEST 123

Evi70

New member
Sehr geehrter Herr Dr. Rieke,

Ich habe seit zwei Jahren eine "rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome" . Alle paar Wochen bekomme ich eine akute suizidale Krise. Wenn ich mich wieder einigermaßen stabilisiert habe, sind meine Depressionen noch schlimmer als vor der Krise. Psychiatrisch werde ich mit Mirtazipan 15 mg abends und Imipramin 25 mg 2 - 1 - 0 behandelt. Eine tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie mache ich seit 1,5 Jahren. Ich habe auch die Diagnosen: andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (weil ich in meinem bisherigen Leben von einer Extrembelastung in die nächste geraten bin), andauernde akute Belastungsreaktion, spezielle Angststörung (soziale Phobie). Ich habe eine Aggressionshemmung und meine Aggressionen, Sadismus und meine Sexualität abgespalten. Die Folge sind die "chronische Suizidalität" und Autoaggressionen. Sowohl mein Psychiater als auch mein Psychotherapeut sind der Meinung, dass ich mich ganz auf die Therapie einlasse und schon große Fortschritte mache. Aber ich gerate immer wieder in den oben beschriebenen Teufelskreis. Ich habe inzwischen auch Angst, dass ich irgendwann die Höchstzahl der Therapiestunden erreicht habe und dann ohne die therapeutische Unterstützung weiter muss. Ich habe inzwischen Angst vor mir selber, vor Suizidimpulsen ... Haben Sie einen Rat für mich?

Vielen Dank
Evi
 
Hi Evi,

deine Angst das Ende der Therapie betreffend, solltest du dem Therapeuten mitteilen.
Es kommt auch darauf an was für eine Therapie du machst, Verhaltenstherapien z.B. haben nicht so viele Stunden wie Traumatherapien.
Da kommt es auch drauf an welche Qualifikationen dein Therapeut hat und als was erdie Therapie bei der Kasse angibt.
Es gibt nach Ablauf der Therapie auch die Möglichkeit einmal im Quartal eine Stunde zu bekommen, oder in Mailkontakt zu bleiben, um zu sehen ob reagiert werden muss, oder ob es gut läuft.

Hast du denn suizidale Gedanken die in Richtung Planung und Vollendung gehen, oder eher eine Todessehnsucht die dich nicht loslässt?
Im Notfall kannst du dich immer in Behandlung begeben, in eine Ambulanz oder Klinik.

An deiner Stelle würde ich deine Ängste mit Therapeuten und Psychiater besprechen, es gibt immer Notfallmaßnahmen die über die Durststrecke einer Therapiepause hinweg helfen können, Sicherheit geben und auch jederzeit erreichbar sind.Das Wichtigste dürfte sein das du Sicherheit erlangst, das du nach der Therapie nicht alleine bist und alles vorbei wäre wenn du in eine Krise kommst.
Ich kann mir auch vorstellen das solche Gedanken die Therapie abbremsen, du dich nicht richtig darauf einlassen kannst da dich diese Sorgen um treiben, auch deshalb wäre Offenheit wichtig.
 
Hallo Tired,

​Danke für Deine Antwort. Die Suizidgedanken sind schon sehr konkret ... Ich musste mit dem Hausarzt und einigen Vertrauten wie Familie etc. Non-Suizid-Kontrakte schließen und mich auf diese Weise bei ihnen outen. Außerdem verlangen Psychiater und Therapeut, dass ich mich im Falle der Verschlechterung und Akutwerden der Suizidalität sofort beim Therapeuten melde und mich auf eine Krisenintervention einlasse. Das tue ich. Aber das Schwierige dabei ist, dass ich mich immer wieder wirklich gegen einen Suizid entscheide wegen meiner Familie etc. ... und dann kommt irgendeine Situation, die die traumatischen Erfahrungen/Extrembelastungen der Vergangenheit aktivieren, und ich bin wieder mitten drin. Das kommt vom Unterbewussten her. Das löst eine derart schiere Verzweiflung in mir aus und ich bekomme suizidalen Handlungsdruck. Ich komme dann einfach nicht mehr an meine Entscheidung heran sondern möchte nur noch alles so schnell wie möglich beenden. Die nicht gelebten Aggressionen der Vergangenheit bilden einen gefährlichen Komplex in meinem Unterbewussten, der sich gegen mich selber wendet.

Mein Therapeut bremst meinen Prozess immer wieder aus. Er sagt, dass ich zu schnell und aufdeckend arbeite und dass das die Gefahr einer Psychose birgt.
Ich habe auch mit beiden über meine Angst gesprochen, was das Ende der Therapie angeht. Der Psychiater sagte mir, es gebe immer Mittel und Wege, die im Notfall das Weiterführen einer Therapie auch über die maximale Stundenzahl ermöglichen würden ... aber das klingt so unsicher. Mit meinem Therapeuten habe ich vereinbart, dass wir jetzt die Sitzungen nur alle vier Wochen machen, damit ich möglichst lange noch die bewilligten Stunden zur Verfügung habe.

LG
Evi

P.s: (Sei bitte nicht irritiert wegen des anderen Nuternamens Evi70a, aber ich konnte unter Evi70 nichts mehr posten.)
 
Ich komme dann einfach nicht mehr an meine Entscheidung heran sondern möchte nur noch alles so schnell wie möglich beenden.

Hallo Evi,

ja, familiäre Bande sind zwar bis zu einem gewissen Punkt hilfreich, aber drüber hinaus helfen sie auch nicht mehr gegen den Druck.

Deshalb ist es so wichtig, wie du es ja schon machst, Krisenpläne zu haben an denen man sich dann entlang hangeln kann, ohne groß drüber nachzudenken.
Versprechen, Krisenpläne einzuhalten, ermöglichen es oft erst dies auch tun zu können und das funktioniert meiner Meinung nach sehr häufig besser als jedes schlechte Gewissen der Familie gegenüber.

Du solltest dich nicht zusätzlich mit Ängsten, das Ende der Therapie betreffend, belasten.
Dein Therapeut hat es ja schon gesagt, es gibt Möglichkeiten dann doch noch einige Stunden zu bekommen und eben auch die Möglichkeit ganz regulär in Kontakt zu bleiben, im Quartalsturnus.
Du wirst also nicht plötzlich komplett alleine da stehen, hast immer die Möglichkeit Hilfe zu bekommen.
Dein Psychotherapeut scheint da auch sehr gewissenhaft, so das er dich sicher auch weiter begleiten wird, also auf die ein oder andere Weise erreichbar bleibt.

Wenn dein Therapeut meint das du zu schnell vor gehst, in der Bearbeitung deiner Traumata, solltest du unbedingt versuchen da langsamer zu werden.
Der Mensch kann immer nur einen Teil aufarbeiten, braucht Zeit dazu, wenn du zu schnell bist kannst du das gar nicht verarbeiten und wirst von der Vergangenheit überflutet.
Eine Retraumatisierung ist quasi vorhersehbar und die bringt natürlich auch Suizidgedanken mit sich.

Vielleicht denkst du das alles besser wird, wenn du alles aufgedeckt hast, die Dinge dadurch sichtbar und beherrschbarer werden?
Das wäre ein Gedanke der im Prinzip auch logisch nachvollziehbar ist, die Psyche macht da leider nicht mit, sie braucht ihre Zeit und wohldosierte Aufarbeitung, um stabil zu bleiben.
Sie braucht aber auch Sicherheit und Rettungsanker, einer davon ist der Therapeut und mit deinen Befürchtungen verliert dieser Anker seinen Halt.
Versuche dich deshalb darauf zu konzentrieren das es weiter gehen wird, in besseren Phasen seltener und in schlechteren so häufig wie es nötig ist.
Gerade wenn dein Therapeut sagt das es nach der regulären Therapie, in Krisenzeiten, weitere Möglichkeiten gibt, solltest du darauf vertrauen.
Siehe dich als weiterhin abgesichert an, den Rest musst du ohnehin auf dich zukommen lassen, aber dein Therapeut wird sich sicher nicht weg ducken wenn du ihn dringend brauchst.
 
Hallo Evi,

mir geht es auch schon sehr lange so. Ich habe schon zig Medikamente durch, aber kaum Erfolg.

Ich kann mich auch kaum auf Kriseninterventionen einlassen, weil die Psychiatrie bei uns nicht wirklich gut ist.
Und wenn ich dann doch in meiner totalen Verzweiflung manchmal in der Klinik den Arzt vom Dienst anrufe, weil ich selbst Angst vor meinen Gedanken und Impulsen habe und ich ihm mittteilte, daß es mir total schlecht geht und nicht mehr kann und mich schon mit Tabletten abgeschossen habe, bekommt man zur Antwort
"Ich kenne Sie leider nicht, aber ich sage Ihrem behandelnden Psychiater morgen, das Sie angerufen haben".
Abgesehen von 2 Ärzten da bleibt man mit sich mit seinen Suizidgedanken und totaler Ratlosigkeit allein.
Und meist passiert es wenn Wochenende ist oder schon die anderen Ärzte keine Sprechstunde mehr haben.

Urmel
 
Liebe Tired,
Du hast Recht. Aber immer, wenn ich gerade wieder so eine Krise hinter mir habe und mitten in dem depressiven Absturz bin, dann kommt mir Angst wegen des Therapieendes, weil ich mich gerade dann so angewiesen fühle. Aber mein Psychiater ist ja auch noch da. Den habe ich bislang noch nie bei einer Krise kontaktiert. Ich kann mich nicht überwinden, den Arzthelferinnen zu sagen, dass ich gerade eine suizidale Krise habe und deswegen gerne mit dem Arzt sprechen möchte. Das schaffe ich einfach nicht.
Liebe/r Eisurmel,
das tut mir gut, dass Du mich verstehst und (sorry!) das aus eigener Erfahrung kennst. Dann fühle ich mich nicht so allein und absonderlich. Die psychiatrische Klinik ist für mich ein absolut „rotes Tuch“. Bislang habe ich es trotz der hohen Suizidalität noch immer geschafft, dass ich da nicht hin musste. Auch für mich ist das „mich melden, wenn ich in einer suizidalen Krise stecke“ immer eine wahnsinnig große Überwindung. Aber da mir sowohl der Therapeut als auch der Psychiater unmissverständlich zu verstehen gegeben haben, dass sie mich sofort einweisen lassen, wenn ich mich nicht an diese Absprache halte, tue ich es einfach, ohne weiter nachzudenken. Und Tired hat Recht, wenn sie sagt, dass man in diesen Zeiten einfach einen ganz klaren Notfallplan haben muss, an dem man sich ohne „Wenn und Aber“ einfach hält. Meine Bedenken bezüglich der Klinik haben mit meinen Extrembelastungen zu tun und sowohl der Psychiater als auch der Therapeut haben scheinbar eingesehen, dass sie mir besser nicht mehr damit drohen, weil sie ansonsten direkt eine neue Krise auslösen würden. Aber was Du über die Verfügbarkeit der Ärzte das schreibst, kommt mir auch in anderem Zusammenhang bekannt vor. Und auch mir geht es oft so, dass die Krise z. B. freitags abends kommt und der Therapeut dann schon in den wohlverdienten Feierabend ist. Dann versuche ich mir anders zu helfen, z. B. in dem ich mich meinen Vertrauten gegenüber oute oder zur Not die Telefonseelsorge kontaktiere.
LG
Evi
 
Ich kann mich nicht überwinden, den Arzthelferinnen zu sagen, dass ich gerade eine suizidale Krise habe und deswegen gerne mit dem Arzt sprechen möchte. Das schaffe ich einfach nicht.

Das musst du auch nicht.
Ich bin sogar der Meinung das es die Arzthelferinnen nichts angeht.
Du sagst einfach das du den Arzt dringend sprechen musst, wenn gefragt wird weshalb, dann sagst du entweder das du mit Dritten nicht darüber reden kannst, oder das es dir einfach schlecht geht bzw. du eine Krise hast.
Um was es genau geht, muss die Arzthelferin nicht wissen, sie braucht aller höchstens ein Stichwort, damit der Arzt schon mal einen Hinweis hat.
Er kennt dich ja und wird sich dann auch denken können um was es geht, bzw. das es wichtig ist.
Das solltest du aber auch nochmal ansprechen, es wäre schon doof wenn ein Hemmnis, das gar nicht nötig wäre, das alles schwerer für dich macht als es wirklich ist.
Wenn es dir so schwer fällt, wird der Arzt sicher auch kein Problem damit haben wenn du der Sprechstundenhilfe gar nichts zu deiner Situation sagst, sondern einfach nur ihn verlangst und wenn überhaupt nötig, sagst das dies so abgesprochen ist.
 
"Ich habe inzwischen auch Angst, dass ich irgendwann die Höchstzahl der Therapiestunden erreicht habe und dann ohne die therapeutische Unterstützung weiter muss."

Ihre Bedenken sind zwar verständlich, aber unbegründet.
Besonders bei analytischen Verfahren sind sehr lange Therapiezeiträume nicht ungewöhnlich.
Hauptsache, Ihr Therapeut ist auch in diesem Punkt angeschlossen.

Ich finde überhaupt, dass Sie es richtig handhaben, durch Offenheit und Transparenz eine breite sozial-familiäre Stütze zu haben.

Aber etwas können Sie nicht beeinflussen: den Zeitfaktor.

Hier hilft nur Geduld und nicht das Drängen auf Beschleunigung des therapeutischen Prozesses.
 
Lieber Herr Dr. Riecke,

vielen Dank für Ihre Antwort. Das beruhigt mich, was Sie zum Thema Therapiedauer schreiben.

Aber wie komme ich aus dem Teufelskreis heraus: akute suizidale Krise => Stabilisierung => Verschlimmerung der Depression (starke Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, innere Leere etc.) => leichte emotionale Besserung => neue akute suizidale Krise u. s. w.

​Wie komme ich aus diesem Dilemma und den sich nicht bessern wollenden Depressionen und ständigen suizidalen Krisen heraus? Mein Therapeut blockt immer ab, wenn ich über die Extrembelastungen und Traumata meiner Vergangenheit sprechen will. Er sagt mir dann: "Was bringt ihnen der Blick nach hinten. Die Vergangenheit ist vorbei und es gilt jetzt, sich nach vorne zu bewegen." Ich habe eigentlich in der ganzen Therapie noch nie wirklich die Ereignisse von früher angesehen und mit dem Therapeuten besprochen. Das einzige, wo das grob zur Sprache kam war ganz zu Beginn der Therapie als ich den Anamnesebogen ausfüllen musste. Wie kann ich die zurückliegenden Erfahrungen denn so bearbeiten oder heilen lassen, dass ich nicht immer und immer wieder von neuem bei der Begegnung mit einem Trigger in diese totale Verzweiflung und Panik stürze? So können sich die Depressionen doch auch nicht verbessern, oder?

Evi
 
In einer Therapie ist es ganz wichtig zu sagen was einen stört, auch wenn man das Gefühl hat das es nicht so läuft wie es sollte.

Hast du dem Therapeuten schon mal gesagt das du mit der Strategie nicht so gut klar kommst?

Ich kann mir vorstellen das dahinter System steckt, das du einfach noch nicht so weit bist um weiter zu gehen.
Schließlich hast du ja momentan massive Probleme und da wäre es eventuell regelrecht fahrlässig nach etwas zu graben das diesen Zustand verschlimmern würde.
Sicher funktioniert so eine Therapie auch über die Vergangenheit, aber wenn man sie einmal gerufen hat dann kann man sie nicht wieder einfach so Deckeln, man muss also in einer Verfassung sein die es zulässt damit umzugehen.
Vor allem auch ohne den Therapeuten, da man ja die meiste Zeit auch ohne ihn klar kommen muss.

Das der Therapeut vor allem auf Gegenwart und Zukunft konzentriert ist, kann einfach nur bedeuten das er versucht dich in und mit der Gegenwart zu stabilisieren, um im nächsten Schritt nach der Vergangenheit zu schauen.
Denn wenn du nicht im hier und jetzt stabil bist, wäre es ein unüberschaubares Risiko dich den Gefahren einer Retraumatisierung auszusetzen und damit auch einer möglichen Suizidalität bzw. einem verschlimmern.
Es ist doch eigentlich verständlich, das wenn jemand suizidal ist, der Therapeut dann bemüht ist das nicht auch noch im Rahmen der Therapie anzufeuern.
Das sind denke ich, auch die Gefahren einer Therapie die immer wieder von Contra-Leuten angeführt werden, ein umsichtiger Therapeut weiß wie er das Risiko minimieren kann und es hört sich so an als würde deiner genau das tun.
 
Liebe Tired,

ich habe das bei meinem Therapeuten angesprochen. Ich kann ihm und auch meinem Psychiater mit großer Offenheit, sowohl was die Suizidalität angeht als auch was mich in der Therapie stört oder ich nicht verstehe, begegnen und beide schätzen das, glaube ich.

In den ersten Monaten der Therapie sagte mir der Therapeut genau das, was Du beschrieben hast ... Ich müsste erst deutlich stabiler sein, um bestimmte Themen und Prozesse überhaupt anzugehen.

Aber in Bezug auf die Extrembelastungen etc. sagte er mir inzwischen immer wieder, dass mein Wunsch, das Vergangene „aufzuarbeiten“, ein Missverständnis von meiner Seite aus sei. In der Therapie gehe es nicht darum, dass ich das Vergangene noch einmal anschaue und mich damit erneut konfrontiere. Das würde mir nichts bringen und mich höchstens retraumatisieren. Ich müsste lernen, die „alten Filme“ von den neuen zu trennen und meine Aggressionen nicht mehr abzuspalten und gegen mich selber zu richten sondern sie nach außen hin einzusetzen, für mich zu sorgen und mich zu wehren. Durch meine Abspaltungen ziehe ich Aggressionen und Situationen, in denen ich zum Opfer werde, an ... Auch kann ich mich vor allem Autoritätspersonen gegenüber nicht wehren. Ich tue in Situationen, in denen ich mit einer Autoritätsperson zu tun habe (auch und vor allem Ärzten gegenüber), wirklich alles (!), um einer solchen Person gegenüber absolut gefällig zu sein, weil ich unsagbare Angst habe, sie könnte sich gegen mich wenden und mich in irgendeiner Form misshandeln oder vernichten. Somit gerate ich immer und immer wieder in neue Opfersituationen und bin inzwischen an einem Punkt, wo ich das einfach nicht mehr ertrage, wo meine Psyche unmittelbar eskaliert, sobald eine neue oder ähnliche Situation auch nur im Ansatz auftritt.

Das ist die Front, an der ich kämpfe ... und wo ich das Gefühl habe, ich komme so nicht wirklich weiter: Ich bin im Augenblick so frustriert (!), weil ich noch vor wenigen Wochen wirklich eine echte und ehrliche Grundsatzentscheidung getroffen hatte, dass ich mich nicht selber töten will, das ein Suizid grundsätzlich Tabu ist. Der Psychiater und mein Therapeut haben sich riesig mit mir gefreut. Und keine zwei Wochen später bin ich erneut dermaßen in eine akute suizidale Krise geraten, die auch begleitet war von Suizidimpulsen, dass ich einfach nicht mehr weiter weiß. Meine Entscheidung war wie weggeblasen und ich bekam den gefährlichen Eindruck, dass ich die Kontrolle über mich selbst verliere. Deswegen habe ich mich auch erneut neben meinem Therapeuten meiner Familie gegenüber anvertraut, damit sie auf mich aufpassen. Das ist jetzt eine gute Woche her ...

Inzwischen kann ich mich in „normalen“ Situation abgrenzen und zur Wehr setzen. Das habe ich durch die Therapie gelernt. Aber Autoritätspersonen gegenüber ist das immer noch extrem schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, für mich.

LG

Evi
 
Aber in Bezug auf die Extrembelastungen etc. sagte er mir inzwischen immer wieder, dass mein Wunsch, das Vergangene „aufzuarbeiten“, ein Missverständnis von meiner Seite aus sei. In der Therapie gehe es nicht darum, dass ich das Vergangene noch einmal anschaue und mich damit erneut konfrontiere. Das würde mir nichts bringen und mich höchstens retraumatisieren. Ich müsste lernen, die „alten Filme“ von den neuen zu trennen und meine Aggressionen nicht mehr abzuspalten und gegen mich selber zu richten sondern sie nach außen hin einzusetzen, für mich zu sorgen und mich zu wehren.

Hallo Evi,

ich glaube da hat dein Therapeut absolut recht.

Sicher ist Aufarbeitung wichtig, aber sie ist nicht immer umsetzbar oder notwendig, kann auch gefährlicher sein als das sie etwas nutzt.
Da kommt es wohl sehr darauf an was aufgearbeitet werden soll und umso mehr es ist und um so tiefer es sitzt, desto schwieriger dürfte es werden.
Es dürfte auch oft in keinem Verhältnis stehen, das was eine Aufarbeitung bringt gegen das was sie auslösen kann und das was sie auslöst kann dann zu einem erneuten, eventuell schwierigeren Problem führen.

Eigentlich ist man ja so wie man ist, durch Konditionierungen, Ängste, negativ Erfahrungen........etc.
Um das zu ändern braucht man eigentlich keine Aufarbeitung, sondern andere Erfahrungen und Sichtweisen, die Kraft um abschließen zu können.
Die Aufarbeitung ist doch im Grunde ein Wunsch, weil man nicht loslassen kann und denkt das kann man wenn man sich damit intensiv auseinander setzt.
So genau weiß aber niemand was dann passiert, es kann nützen, es kann aber auch sehr schaden und der Therapeut beurteilt aufgrund seiner Erfahrung, was bei seinem Klienten wahrscheinlicher ist.
Nutzen tut Aufarbeitung auch nichts wenn man nicht loslassen kann und es gibt nicht wenige bei denen das so ist und die in ihrer Geschichte fest hängen.
Der Weg zu versuchen sich vom Vergangenen zu lösen, ohne sich großartig damit zu beschäftigen und damit auch am Leben zu erhalten, ist meiner Meinung nach ein guter Weg.

Die Probleme der Vergangenheit sind ohnehin in die Gegenwart mitgebracht worden, zumindest die Auswirkungen und die gilt es zu überwinden, was vor allem in der Gegenwart und Zukunft passiert, nicht in der Vergangenheit.
Zu verstehen was früher passiert ist, hilft auch nicht so wie man sich das vorstellt, weil es immer Punkte gibt die man nicht nachvollziehen kann und die auch nicht gelöst werden können, auch dafür gibt es nur Lösungen im Umgang mit dem was "ist".

Man braucht also keine Vergangenheitsforschung damit es wieder besser geht, das erklärt nur warum es einem geht wie es einem geht, es ist aber nicht die eigentliche Lösung.
Die Lösung besteht auch im loslassen können, unser Geist suggeriert uns das wir das nur können wenn wir uns intensiv mit vergangenem beschäftigen, aufarbeiten und vor allem verstehen.
Das muss man aber alles gar nicht, das ist nur unsere eigne Überzeugung und man muss manchmal auch erst diese überwinden, um sich in der Gegenwart helfen zu können ohne das die Vergangenheit ständig dazwischen funkt..
 
"Wie kann ich die zurückliegenden Erfahrungen denn so bearbeiten oder heilen lassen.."

Nach Ihrer Schilderung scheint die Aufarbeitung der Vergangenheit tatsächlich im ambulanten Setting problematisch.

Haben Sie mal über eine stationäre Behandlung nachgedacht?
 
Ja, das habe ich wiederholt getan. Mein Therapeut sagte mir vor allem am Anfang der Therapie mehrfach, dass ich bestimmte Themen und Prozesse nur im stationären Setting angehen dürfte und er hat mir auch immer wieder nahegelegt, einen solchen stationären Aufenthalt - auch und gerade während der ambulanten Behandlungsphase - einzubinden. Aber immer, wenn ich versucht habe, mich gedanklich darauf einzulassen, bin ich in eine akute suizidale Krise geraten. Inzwischen ist das wegen der damit provozierten Krisen kein Thema mehr. Mein Therapeut sagte mir, dass ich das erst einmal wieder vergessen soll, weil ich noch nicht so weit bin ... Dass das immer unmittelbar eine Krise auslöst, hängt mit den Extrembelastungen zusammen. Im Grunde sehne ich mich so sehr danach, das einfach tun zu können. Ich wäre so froh, wenn ich einen solchen Rahmen bekäme, und dann hoffentlich wirklich weiter käme. Aber es geht einfach nicht ...

Meinen Sie, dass er deswegen immer das "Aufarbeiten der Vergangenheit/der Extrembelastungen" bei mir abblockt, weil ich noch zu instabil dafür bin? Und dass seine Begründung - das mir das nichts bringen würde - nur dazu dienen soll, damit ich diese Themen erst mal wirklich ruhen lasse?? Muss ich mich doch irgendwann mal mit den Extrembelastungen der Vergangenheit genauer beschäftigen, um nach vorne zu kommen??
 
Liebe Anneline,

​danke für Deinen Beitrag. Da ich noch einiges andere an Medikamente regelmäßig nehmen muss wegen einiger chronischer Erkrankungen, kann ich nicht jedes Präparat nehmen. Das Immipramin und Mirtazipan, das mir der Psychiater verschreibt, wirken bei mir eigentlich sehr deutlich. Vorher hatte ich auch massive Schlafstörungen, starke innere Unruhe u.s.w. Ohne diese Medis wäre ich völlig aus dem Gefecht gesetzt. Aber ich habe trotz der Medikation immer noch ab und an deutliche Abstürze, was aber wohl hautsächlich an den unverarbeiteten Extrembelastungen und Traumata der Vergangenheit liegt.

Heute hatte ich mein Therapiegespräch und dabei einiges klären können ... und gute Anregungen für das Weitergehen bekommen: Aggressiv zu der Selbstmörderin in mir sein.
 
Sie, dass er deswegen immer das "Aufarbeiten der Vergangenheit/der Extrembelastungen" bei mir abblockt, weil ich noch zu instabil dafür bin? Und dass seine Begründung - das mir das nichts bringen würde - nur dazu dienen soll, damit ich diese Themen erst mal wirklich ruhen lasse?? Muss ich mich doch irgendwann mal mit den Extrembelastungen der Vergangenheit genauer beschäftigen, um nach vorne zu kommen??

Ich kann mir gut vorstellen das du noch zu instabil scheinst, das Thema deshalb für den Therapeuten sehr heikel ist.

Ich kann mir aber auch vorstellen das er versucht dir einen anderen Weg zu weisen, der auch funktionieren kann.
Aufarbeitung wäre dann nur notwendig, wenn du diesen Weg nicht gehen kannst.
 
Ich selbst leide nur ...ich nenne es mal "Micro-Depries". Suizidgedanken habe nicht sehr häufig und ich weiß auch das ich mir nichts antun werde. Als Teenager war das allerdings auch etwas anders.

Das ich dir hier antworte ist deine folgende Aussage die mich schockierte:
Aber in Bezug auf die Extrembelastungen etc. sagte er mir inzwischen immer wieder,
dass mein Wunsch, das Vergangene „aufzuarbeiten“, ein Missverständnis von meiner
Seite aus sei. In der Therapie gehe es nicht darum, dass ich das Vergangene noch einmal
anschaue und mich damit erneut konfrontiere. Das würde mir nichts bringen und mich höchstens
retraumatisieren.

Keine Ahnung was man im Psychologiestudium in Deutschland lernt. Aber ich finde es nichts logischer als dem Schmerz nach zu gehen und aufzuarbeiten. Mit Sicherheit kann es dich in dieser Phase seelisch destabilisieren und man sollte es in einer Zeit tun in der man wenig zusätzlichen äußeren Stress hat. Zudem Mitmenschen um sich herum die einem zuhören und vielleicht noch wichtiger dich in Arm nehmen und trösten können.

Zuletzt hat mir das Buch "Sprache ohne Worte" einen sehr viel geholfen.
Der Klassiker von Arthur Janov: "Der Urschrei". Die darin beschrieben Primärtherapie geht es eher um Traumata in der Kindheit. Das kann ich dir natürlich nicht sagen ob das bei dir zutrifft.
Ich habe mehrere Erinnerungen daran: Ich fühlte mich wie ein Kaninchen dem man das Fell abgezogen hat. und gleichzeitig als ob ich durch ein Spiegel trat und seit dem die Welt von einer anderen Seite sehe. Eine Zeitlang war ich aufgrund der Wiedererfahrung traurig aber ich war sehr froh eben nur traurig zu sein und nicht depressiv!

Versuche die Energie aufzubringen Joggen zu gehen. Am besten zu zweit, in der Natur.
Zwei drei feste Tage in der Woche gleiche Urzeit egal welches Wetter.

Wenn es dich sehr stark überkommt: Denke immer es geht vorbei und es werden bessere Tage kommen!

Seit wann (alter) hast Du die Depressionen, wann wurden die schwerer.
Schreib mal was dich generell interessiert?

Gute Besserung!


















Sprache ohne Worte:
 
Die Extrembelastungen und Traumata beginnen bei mir schon in frühester Kindheit und dauerten Jahre und mitunter Jahrzehnte an ... Mir war das gar nicht so bewusst, dass das Ausmaß so extrem viel und schwer sei. Ich kannte ja bislang nichts anderes. Als ich zum ersten Mal einem Menschen meine Vergangenheit in groben Zügen offen legte (das war am Anfang meiner jetzigen Therapie) zeigte sich der Therapeut "geschockt" und sagte, dass ich ungeheuer viele, außerordentlich schwere und langandauernde Extrembelastungen erlebt hätte und es ein Wunder sei, dass ich nicht noch viel gravierendere Störungen entwickelt hätt. Ich dachte, als er mir das sagte, dass er das wohl jedem Patienten sagt - dass das wohl so ein "Psychologengerede" sei - und nahm die Aussage von daher nicht ernst.

Nach einiger Zeit habe ich dann auch den Schritt zum Psychiater gewagt, der auch wieder mit einer Anamnese begann. Sein Kommentar zu meiner geschilderten Vergangenheit war: "Sie haben in Ihrem bisherigen Leben nichts anderes als Traumata und Extrembelastungen erlebt." Und er konnte nicht nachvollziehen, wie es möglich war, dass ich zuvor noch nie in psychotherapeutischer oder psychiatrischer Behandlung gewesen war. Aber das hatte seinen Grund darin, dass psychische Störungen und Erkrankungen von meinem Elternhaus aus absolut tabuisiert (!) war. Ich habe diesen Schritt mit extremen Schamgefühlen erst tun können, als absolut nichts mehr ging und ich nur noch die eine Möglichkeit für mich sah, meinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Allerdings hatte ich zuvor wiederholt psychosomatische Erkrankungen von Lähmungen bis zu schweren epilepsieartigen Anfällen. Wenn mir die Ärzte dann eine psychosomatische Erkrankung bescheinigten, habe ich mich nicht weiter behandeln lassen sondern zugesehen, dass ich so wieder zurecht kam.

​Meine ersten Depressionen hatte ich wohl schon als Kind. Später als Jugendliche dann wieder. Die erste "schwere Depression" hatte ich im Alter zwischen 25 und 30 Jahren. Die jetzige Depression habe ich seit ca. 2011/2012. Die Verschlimmerung zur "schweren" Depression passierte so 2013/2014. Ich habe ein großes Pflichtbewusstsein und Willensstärke. Ansonsten wäre ich nie so weit gekommen und würde nicht mehr leben.

Ich habe in der Therapie schon über die Erfahrungen meiner Kindheit gesprochen - genauer über die Beziehung zu meinen Eltern etc.-, die ja die Wurzel für so manches noch bestehendes Problem ist. Aber über die eigentlichen Traumata, die schon damals immer wieder akute Suizidalität bei mir auslösten und an die ich mich nur noch der Sache nach aber nicht mehr an Einzelheiten erinnern kann, nie.

Das mit dem Joggen ist sicher ein guter Rat ... aber ich befürchte, dass ich mich nicht dazu aufraffen kann. Ich bin schon froh, wenn ich den normalen Tag mehr oder weniger gut hinbekomme.

Ich habe in letzter Zeit einige psychologische Bücher gelesen, die mir wirklich geholfen haben. Aber mein Therapeut bremst mich auch hier immer wieder, weil er meint, dass das psychisch für mich zu anstrengend sei ...
 
Back
Top