RE: Sedierung bei örtlicher Betäubung
Hallo an alle,
bei so viel negativen Erfahrungen werde ich ja richtig in die Rolle des Verteidigungsministers gedrängt ;-(( ...
Aber im Ernst: Die Unempfindlichkeit auf örtliche Betäubung = Lokalanästhesie (LA) ist wirklich extrem selten. Und wenn man z. B. beim Zahnarzt schon eine wirksame LA erhalten hat, dann gibt es keinen Grund anzunehmen, dass die LA in anderen Regionen nicht wirkt.
Was bleibt?
Denkbar sind anatomische Probleme (z. B. Verwachsungen, untypische Verläufe der Nerven u. ä.), aber eben auch, dass der betäubende Ärzt (Anästhesist oder Operateur) einen schlechten Tag hat, oder weniger Erfahrung. Manche LA sind wirklich schwierig zu setzen. Und da ist es schon ein Unterschied, ob man 3 oder 30 Jahre Berufserfahrung hat, obwohl auch die 30 Jahre nicht eine 100 %ige Gewähr bieten.
DAS HAUPTPROBLEM besteht darin, dass natürlich jeder Patient und jeder Arzt damit rechnen (und auch rechnen können), dass die LA sitzt. Ausnahmen aus den genannten Gründen sind SO EXTREM selten, dass z. B. die Gefahr, auf dem Weg zum Arzt einen Verkehrsunfall zu haben, VIELFACH größer ist. Und wer rechnet denn mit einem Unfall?
Ich glaube auch, dass man zwar eine hohe "Trefferquote" bei der LA erreichen kann. Und wenn nicht? Hier liegt der Fehler in der oft zu beobachtenden nicht adäquaten Reaktion des Arztes/der Ärzte: In der Situation, in der die Op stattfindet, kann man oft nicht sagen, woran der Versager liegt. Und da das so selten ist, glaubt man oft den Patienten nicht so recht. Manchmal kommen dann auch so fromme Sprüche: "Reißen Sie sich mal ein wenig zusammen", "jetzt wird das mal etwas unangenehm", "wir sind gleich fertig", "das kann ja gar nicht mehr weh tun" usw.
Ich nehme mir die Freiheit zu sagen, dass ich solche Aussagen, wenn sie denn gemacht werden, ablehne. Häufig genügt ja schon, dass man einfach noch etwas wartet, bis die LA richtig wirkt (am Anfang tuts oft mehr weh, als im Verlauf der Op), dass man noch etwas LA nachspritzt, oder das man berücksichtigt, dass die Op vielleicht etwas länger gedauert hat und daher die Wirkung der LA nachläßt.
Ich bin auch kein Freund von starken "Sedierungen", da der Schmerzreiz davon wirklich nicht beeinflußt wird, auch wenn es der Patient vielleicht "verschläft" und subjektiv nichts merkt.
Natürlich kann man auch auf eine Narkose ausweichen, das ist eleganter und - in gewissem Sinne - "ehrlicher".
Zusammenfassend: Es kann sehr unterschiedliche Gründe haben, dass eine LA nicht wirkt; wir Ärzte sollten aber ernsthafter darauf eingehen. Ich rede hier auch von mir, denn ich bin mit Zunahme der grauen Haare auch kritischer mir selbst gegenüber geworden. ABER insgesamt gesehen ist das wirklich EXTREM selten; das erklärt auch das Misstrauen der Ärzte gegenüber der Äußerung des Patienten, dass das Op.-Gebiet nicht ausreichend betäubt ist. Bitte glauben Sie mir, da habe ich auch einige Erfahrungen...!
Am besten ist es wirklich, dass man sich im Rahmen des Aufklärungsgespräches mit dem Anästhesisten vorher über die Frage offen unterhält. Bzw. mit dem Operateur: Denn die LA wird ja auch häufig durch den operierenden Arzt gesetzt.
Für Ihren eigenen Ablauf drücke ich Ihnen die Daumen.
cfw