Was haltet ihr beide davon...
Was haltet ihr beide davon...
...wenn ihr mal zusammen zu einer Beratungsstelle für Schwangere geht? Dass ihr eine ganz schön beschissene Situation habt, mit der auch jeder "unvorbelastete" Mensch so seine Schwierigkeiten hätte, aber erst Recht jemand, der euren Hintergrund hat, das steht wohl außer Frage. Also: lasst euch doch helfen! Wir sind ja alles nur Laien hier und haben weder die Unterlagen zur Krankheit und derzeitigem Gesundheitszustand Deiner Frau noch sind wir psychologisch geschult, um eure seelischen Konflikte in konstruktive Überlegungen zu lenken. Ihr müsstet beide einen klaren Kopf haben, um die für euch richtige Entscheidung zu treffen. Du hast bereits einmal erlebt, wie gravierend die Folgen sind, wenn man jemandem die Entscheidung abnimmt (nehmen musste in eurem Fall). Also lass sie selbst zu einer Entscheidung kommen, hinter der sie auch in 5 Jahren noch stehen kann. Ihr habt ja Zeit. Ihr müsst nicht innerhalb von X-Wochen entscheiden, ob das Kind bleiben soll oder nicht. Ihr bekommt in jedem Fall die medizinische Indikation, wenn die Ärzte jetzt schon dazu raten, die Schwangerschaft zu beenden.
Es gab einen sehr schönen Artikel im Stern, in denen Mütter von sehr schwer kranken Kindern ihre Entscheidung für das Austragen der Schwangerschaft anstelle einer Abtreibung beschrieben haben. Auch diese Möglichkeit steht euch offen, wenn Deine Freundin lieber diese Belastung auf sich nehmen möchte, als "Gott zu spielen" und JETZT das so sehnlich gewünschte Kind seines Lebens zu berauben. In dem Artikel schrieb auch eine Mutter, der ganz klar gesagt wurde, das in ihr wachsende Kind sei nicht lebensfähig. Sie hat es per ganz normaler Geburt entbunden, es auf den Arm genommen und es so einschlafen lassen. Sie konnte dieses Kind berühren, Abschied nehmen - ganz bewusst - und dann beisetzen. Das ist vielen Eltern von gestorbenen Kindern wichtig. Sie wissen ja nicht, wie sehr sie in der Zukunft bedauern werden, dass das Kind nicht einmal ein eigenes Grab hat.
Nein, ich plädiere nicht dafür, JEDES Leben unter Aufbietung aller Möglichkeiten am Leben zu halten. Aber die Möglichkeit, dass Deine Frau ihr weiteres Leben besser meistert, wenn sie riskiert, einem kranken bzw. behinderten Kind das Leben zu schenken als es ihm zu nehmen, besteht durchaus. Sprecht diese Möglichkeit doch mit anderen durch, die damit Erfahrungen haben.
Persönliche Anmerkung: ich hatte eine Fehlgeburt hinter mir und mich nach einer Risikoschwangerschaft mit meiner Tochter (gesund, 12 Jahre alt) sterilisieren lassen, weil ich nie wieder diese Ängste um ein Kind aushalten wollte. Ich stehe zu dieser Entscheidung und bewundere Menschen, die über mehrfache Fehlgeburten nicht den Verstand und Lebensmut verlieren. Und ich empfinde großen Respekt für Frauen, die ihre Entscheidung für ein krankes, behindertes oder zum Tode verurteiltes Kind bewusst treffen. Ich hätte das nicht gekonnt. Ich würde keiner Frau die Entscheidung abnehmen wollen. Ich weiß, wie sehr man unter dem Verlust eines Kindes leiden kann, wenn man keine Antwort findet auf die Frage: WARUM?! Es hilft nur der Blick in die Zukunft. Wenn die Perspektive für euch beide darin liegt, irgendwann den richtigen Zeitpunkt zu haben, einem gesunden Kind das Leben zu schenken, dann kann das den Verlust erträglich machen. Entscheiden kann man nur, was man vorher bewusst in allen Fragen abgewogen hat. Ich rate euch also, euch AUCH ganz bewusst danach zu erkundigen, wie es mit der Entscheidung FÜR das Kind weiter gehen könnte. Seid ehrlich mit euch. Es ist eure Entscheidung. Niemand kann sie euch abnehmen.
Grüße
Anke