wir sind aber stark!!!
wir sind aber stark!!!
Hallo Rania,
konnte mich in letzter Zeit nicht mehr melden.
Hm...tut mir leid zu hören, dass du auch an Tinnitus leidest. Ich dachte auch lange Zeit, was wäre gewesen wenn ich diese eine Stunde, die ich auf diesem ätzenden Konzert verbracht habe, einfach ungeschehen hätte machen können; wenn ich an diesem Tag einfach einen anderen Weg beschritten hätte, indem ich meinen Tagesverlauf verändert hätte, wenn ich doch nur nicht meine Freunde dahin begleitet hätte, sondern etwas anderes angefangen hätte. Was wäre wenn gewesen....
Die wundervolle Stille vor diesem Tag X hatte ich nie zu schätzen gewußt, weil ich sie als eine Selbstverständlichkeit angesehen habe.
Ich wußte beim besten Willen nicht, ich AHNTE ja noch nicht mal, dass es Ohrgeräusche, die aus dem NICHTS enstehen, gibt...wäre nie im Leben auf diese Idee gekommen. Erst recht nicht, dass diese durch zu laute Musik entstehen könnten. Klar kann man auf die Dauer taub werden, war mir durchaus bewußt.
Aber ganz gewiss erleidet man keinen bemerkbaren Hörschaden bereits während des zweiten Konzert in seinem ganzen Leben.
Ich wurde eines Besseren belehrt.
Also mein Tinnitus blieb bestehen. Und zeitweise bildete ich mir auch ein, dass er ein klein wenig lauter wurde.
Aber dies definitiv behaupten kann man nicht, da keine absolut genauen Meßvorrichtungen existieren, die das auch objektiv bestätigen könnten.
Das Malheure war auch, dass ich zu lange wartete, bis ich mich zum Arzt traute. Ich dachte die ganze Zeit: du bildest dir das ein...oder...das vergeht schon, warte nur noch eine kleine Weile.
Irgendwie schämte ich mich zum Arzt zu gehen, um vielleicht womöglich als Hypochonderin dazustehen.
Was wußte ich damals schon von Ohrgeräuschen (ca 16-17 Jahre alt)...
Wußte noch nicht mal, dass solche Symptome überhaupt existieren!
Und das Märtyrium begann.
Ebenfalls wie du, erhielt ich Infusionen. Mit einen etwas schrägen Humor assoziierte und verglich ich meine verstochenen Ellenbogen an der Arm-Innenseite immer mit denen von süchtigen Junkies ,-)) (die Spuren sieht man noch heute). Versuchte er mir die Nadel in der Handvene zu platzieren wurde ich immer fast Ohnmächtig - ganz zu schweigen von der damit verbundenen Übelkeit.
Ja, und so ging das weiter, bis ich ins Krankenhaus kam, ca. zwei Wochen. Dort verabreichte man mir noch mehr Infusionen (mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg, hatte des öfteren dicke Ellenbogen, weil so mache Ärztin, wir reden hier nicht von jungen Ass.Ärzte, die Nadel falsch setzte und die Flüssigkeit der Infusion irgendwo im Gewebe versickerte, das natürlich promt die Form kurioser Schwellungen annahm, anstatt in geordnete Bahnen zu fließen ,-).
Denke, so viel Flüssigkeit in meinem Körper wie zu der Zeit, hatte ich wohl nie mehr in meinem Leben.
Auch hättest du das Leuchten in den Augen der Assistenzärzte sehen müssen, als ihnen endlich Übungsmaterial praktisch auf einem Silbertablett angerollt wurde ,-) denn jeden Tag wurde ich im Op-Saal geschoben, wo ich Halsspritzen bekam.
Die Idee dahinter war, dass man das im Hals an einer speziellen Stelle - seitlich am Hals - befindliche Nervengeflecht "auflockert" bzw. indem man es durch die Spritze paralysiert - so dass die Blutgefäße, die zum Kopf führen für eine Zeit lang "offen" bleiben. Folge: mehr Blut angereichert mit Sauerstoff dringt zu den Hörsinneszellen vor, um diese wieder zu beleben bzw. zu normalisieren, falls Manche noch zu retten gewesen wären.
Die Ärzte wußten/wissen ja selber noch nicht, ob
die Ohrgeräusche tatsächlich von abgestorbenen Sinneszellen kommen oder ob es einen anderen Grund hat. Sie nahmen an, wenn sie diese wieder "beleben" dann könnten sie ihre Funktion aufnehmen, die grob beschrieben wie folgt abläuft: Hörsinneszellen der Schnecke geben biochemische Botenstoffe ab, diese erreichen den Hörnerv, dort werden in Folge Aktionspotentiale (elektrische Impulse) gebildet, die somit weiter zum Gehirn geleitet werden. Das Gehirn setzt/ rechnet diese Impulse dann in Geräusche um. Folge: du hörst.
Zu dieser Zeit bin ich auf einen anderen Arzt in Wien aufmerksam geworden. Dieser entwickelte eine Infusion, die bewirkte, dass die Sinneszellen die Abgabe dieser Botenstoffe drosselten.
Seine Theorie lautete: Tinnitus entsteht wahrscheinlich dadurch, dass "irre geleitete" Hörsinneszellen der Schnecke ohne Grund und vor Allem zu VIEL an Botenstoffe abgibt, mit anderen Worten permanent und in übermäßiger Menge.
Das führe dazu, dass Aktionspotentiale im Gehinrnerv gebildet werden, die überhaupt keine Ursache haben, zB. dich umgibt Stille, aber du hörst trotzdem etwas.
Es klang interessant, jedoch wiedersprach seine Behandlungsmethode der Methode, mit Hilfe der man uns hier helfen wollte / will. Denn durch die Infusionen hier zu Lande, wird das Gegenteil erzielt: man möchte eine bessere Durchblutung der Sinneszellen erreichen und damit verbunden ist die Abgabe von Botenstoffen an das Gehirn
Jedenfalls lächelte mein HNO-Arzt, als ich ihm von meiner Entdeckung berichtete. Ich präsentierte ihm sogar ein Schreiben, um das ich vorher aus Wien bat. Er versicherte mir, diesen Sachverhalt mit anderen Kollegen zu erörtern.
Um es auf den Punkt zu bringen: es verlief sich im Sande. Er meinte, sicherlich kann ich das machen lassen, aber er würde es ablehnen, weil es in seinen Ohren ,-) abstrus klingen würde bzw. genau die gegenteilige Wirkung hätte (wie oben erläutert).
Akkupunktur, Sauerstoffkammern und dergleichen habe ich nach langer Bedenkzeit und sorgfältiger Reflektierung abgetan. Das damit verbunde Risiko der Verschlechterung meines Status quo erschien mir ein zu hoher Preis.
In den kommenden Jahren, hatte ich das Gefühl es schwankte. Mal waren die OG. lauter, mal stabilisierten sie sich und waren von der Lautstärke her, wie die zu Anfang.
Ich bekam dann erneut Infusionen oder aber mußte Tabletten nehmen.
Das Wissen um deren Nebenwirkungen, und diese waren nicht zu knapp, erzeugte immer ein komisches Gefühl in meiner Magengegend.
Ich habe in dieser Zeit nichts aus den Augen gelassen. Die Ärzte in der USA sind ja noch am fortschrittlichsten. Ich klammerte mich, wie schon gesagt, an der Hoffnung, dass drüben am ehesten etwas gefunden wird.
Der Trost Verzweifelter ist die Hoffnung - und diese stirbt bekanntlich ganz zuletzt

.
Meine erfreut sich Tag täglich ihres Lebens und ist quicklebendig ,-).
Muß auch sagen, dass ich keine Probleme mehr habe meinen T. zu akzeptieren. Klar nervt er manchmal, besonders hin und wieder beim Einschlafen oder vielleicht wenn absolute Konzentration gefragt ist- wie beim Lernen, aber das Gehirn lernt mit der Zeit diesen Zeitweise auszublenden.
Und dafür könnte ich meines küssen

).
Zu Anfang "trainierte" ich es - diese Funktion / diesen Mechanismus auszuführen - und es klappte für ca. fünf Sekunden - jippie :-D. Aber das war auch schon das Höchste der Gefühle.
Ich schätze mich auch glücklich, dass ich mich mit keinem schlimmen Hörsturz konfruntiert sehen mußte oder mit einem überlauten hochfrequenten Pieeeeeepston.
Den habe ich zwar, aber er ist äußerst schwach und geht in das allgemeine beidseitige Ohrrauschen unter.
Dass du nun neben deinem Tinnitus auch deine Augen ins leidenverschaffende und nerventötende Spiel gekommen sind, das ist sicherlich nicht leicht.
Aber weißt du was, ich denke, uns wird so leicht keine weitere, mittelgroße Katastrophe mehr in unserem weiteren Leben aus der Bahn werfen. Dazu sind wir zu stark geworden durch diese oft unglaublichen Lebensumständen.
Wir sind daran gewachsen und haben unsere Stärke ausgelotet, wir wissen, dass wir schlimme Krisen meistern können, indem wir uns unter Anderem mit ihnen irgendwie arrangieren können, (oftmals alleine) ohne daran zu zerbrechen.
Dieses Wissen gibt doch Kraft und Mut, nicht wahr?!
Also ich kann dir nur empfehlen, schau weiterhin nach vorne und lenke dich ab, zumindest so lange, bis dein Geist und deine Seele mit der neuen Situation fertig geworden sind.
Keine Sorge, irgendwann macht es "klick" und es geht fortan betreffend dieser Sache fast stolperfrei vorwärts

.
Tschakaaaaaa, ok, jetzt geht´s mit mir durch

).
Schöne Grüsse.