Re: Magensonde ja oder nein?
Liebe Simone,
bei meinem Vater war das Weglaufen phasisch. Als er noch in seiner Wohnung lebte, kam es meistens abends über ihn. Er rief an (ich wohnte unweit von ihm) und erklärte mir, dass er nun "mal nach Hause" ginge. Das war für mich der Startschuss sofort zu ihm hinzufahren...so ging es manche Nacht. Vater ließ sich nicht überzeugen, dass er bereits in seiner Wohnung sei, also zogen wir uns oft an und ich ging mit ihm ein oder zweimal um den Block, um dann wieder an seiner Tür anzukommen... Manchmal schaffte ich es mit einem Trick: Vater war immer sehr hilfsbereit und verantwortungsbewusst. Ich erklärte ihm, die Wohnung gehöre mir (es war natürlich seine) und ich wäre sehr beruhigt, wenn er dort die Nacht verbringe und auf alles aufpasse. Das hat oft gewirkt. Morgens war er oft viel orientierter und es ging wieder.
Das Weglaufen im Heim (in dem er leider 7 Monate war), geschah unabsichtlich. Seinen Aussagen nach wollte er nur einen Spaziergang machen oder etwas einkaufen, einmal auch "seine Mutter besuchen" (die längst nicht mehr lebte und auch 800km weit weg begraben ist). Er fand dann einfach nicht mehr zurück und ging verloren. Das geschah im Heim 5 Mal. Man sedierte ihn dann, was ihm die Gehfähigkeit entgültig raubte. Die Mobilität kam nie mehr zurück, deshalb würde ich dringend von Beruhigungsmitteln abraten. Der Drang zu Gehen bleibt ohnehin - und dann kommen durch diese Mittel noch schwere Stürze dazu.
Es hilft nur, gemeinsam mit dem Kranken viel zu laufen und nach Möglichkeit eine Wohnform zu suchen, wo freies Bewegen möglich ist. Leider gibt es das viel zu selten - was unbegreiflich ist, denn das Phenomen ist ja die Regel bei den immer mehr zunehmenden Demenzerkrankungen.
Das Problem "Kurzzeitpflege" kenne ich gut, auch mein Vater wurde aus diesem Grunde meist nicht genommen. Er war deshalb nur 2x in einer solchen Einrichtung.
Bei Vater verlor sich dieser Drang - aber es dauerte schon 9 - 12 Monate. Dazu kam dann die Immobilität, die wie eine schwere Schuld auf meiner Seele lastet, denn ich habe keine bessere Möglichkeit für ihn gefunden und konnte die Beruhigungsmittel auch erst zu spät abwehren. Wenn man die Institution und die Ärzte gegen sich hat, ist es sehr, sehr schwer - man müsste den Betroffenen nach Hause holen und selbst pflegen, aber das war mir als alleinerziehende Mutter nicht möglich. Ich musste auch für unseren Lebensunterhalt aufkommen und konnte nicht rund um die Uhr für Vater da sein. Ich weiß auch nicht, ob ich die immer intensiver werdende Pflege körperlich hätte bewältigen können - wohl eher nicht.
Die Wohngemeinschaft war und ist ein Kompromiss. Es ist menschlicher als im Heim - es ist eine große Familie. Leider - wie ich schon schrieb - auch mit Mängeln. Jeder hat sein eigenes individuell eingerichtetes Zimmer. Wohnraum, Küche, Wintergarten, Bäder und Terrasse werden gemeinsam genutzt. Es leben 8 alte Menschen dort, deren Demenz unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Mein Vater ist derzeit das schwächste Glied.
Das Problem mit dem Essen kenne ich auch nur zu gut...ganz besonders schlimm ist es in Krankenhäusern. Wenn man dort nicht täglich zum Füttern kommt, verhungert der Angehörige.
In der WG läuft das unterschiedlich gut. Der eine Mitarbeiter kommt besser klar, ist gewissenhafter als der andere. Aber man muss auch selbst häufig anwesend sein. Das gehört dazu.
Trotzdem können Sie sich vorstellen, dass zwei Betreuer auf 8 alte Menschen eine andere Situation darstellen als 2 auf 38, wie es am Wochenende z.B. im Heim war.
Wenn Sie mehr über unsere Geschichte wissen wollen, lesen Sie einmal in den folgenden Thread hinein:
http://www.onmeda.de/foren/forum-alzheimer/pflegeheime--und--demenz---erfahrungen/1443502/read.html
Um die Unruhe, die möglicherweise zum Weglaufen führt, ein wenig einzudämmen, empfehle ich Ihnen nochmal Neurexan oder auch aus der Homöopathie Chamomilla D200 oder Ignatia D200.
Probieren Sie es aus - verkehrt machen können Sie damit nichts.
Das Weglaufen geschieht ja nicht, um uns zu ärgern. Es ist der verzweifelte Versuch des kranken Menschen, seine Welt wieder zu ordnen und zu begreifen...ich habe mich oft gefragt, wie einsam ein Mensch sein muss, der "zu Hause" nicht mehr findet und welche Angst das auslösen muss.
Melden Sie sich gerne bei mir, wenn Sie Fragen haben - egal um was es sich handelt. Nach 5 Jahren mit dieser Krankheit hat man nahezu alles schon einmal mitgemacht.
Ich wünsche Ihnen und allen Beteiligten Mut, Kraft und ein bisschen Erfolg bei der altenativen Behandlung.
Herzlichst
Leona