RE: Lymphödem
Hallo Julia,
ich hab mal alles zusammengeschrieben, was mir spontan zum Thema Lymphödem einfällt und hoffe, dass es Dir weiterhilft:
Lymphödem
Es handelt sich um eine Abflussstörung der Lymphflüssigkeit. Dieser geschieht über die Lymphbahnen oder Lymphgefäße. Das sind haarfeine Äderchen, die vor allem die Venen begleiten, grundsätzlich aber praktisch überall im Gewebe vorkommen können, denn die Lymphflüssigkeit ist der Transportmechanismus für alle Abfallprodukte, sozusagen unsere hauseigene Müllabfuhr.
Die Lymphknoten, die man ja z.B. am Hals bei jeder Erkältung groß und hart tasten kann, sind Sammelstationen, sozusagen Container, die bei Erkrankungen gefüllt werden, um dann später wieder ausgeleert zu werden.
Ein Lymphödem kann dadurch entstehen, dass Lymphbahnen nicht mehr so gut durchgängig sind wie vorher, z.B. nach größeren Operationen oder schweren Quetschverletzungen oder auch durch eine Bestrahlungsbehandlung. Solche Lymphstauungen, die also Folge eines anderen Problems sind, nennt man sekundäres Lymphödem. (Ödem bedeutet einfach Flüssigkeitsansammlung, unabhängig von der Ursache).
Sehr viel häufiger ist das primäre Lymphödem, das dem Menschen in die Wiege gelgt worden ist und sich irgendwann im Laufe des Lebens bemerkbar macht. Typisch für dieses primäre Lymphödem ist eine Schwellneigung, die - bei genauer Betrachtung - an den Zehen beginnt und sich erst im Laufe der Zeit auf den Vorfuß bzw. Fußrücken und dann das Sprunggelenk mit den Knöcheln weiter ausdehnt. In den ersten Jahren bildet sich die Schwellneigung in der Nacht normalerweise vollständig zurück. Besonders dick werden die Beine bei stehender oder sitzender Tätigkeit. Kommt ein Venenleiden hinzu, so summieren sich die Beschwerden.
Die Behandlung besteht in einer möglichst konsequenten Kompression, die im Bedarfsfalle mit Lymphdrainagen kombiniert werden kann. Das kann eine manuelle oder auch eine apparative Behandlung sein. Für letztere gibt es Heimgeräte.
Es gibt keine Medikamente, die hier helfen und auch keine Cremes.
Wichtig zu wissen ist,
dass die "lymphgestaute" Haut schlechter heilt als normale,
dass Röntgenuntersuchungen wie sie früher zur Venenuntersuchung eingesetzt wurden (Phlebographie) die Situation verschlechtern können und
überhaupt alle Eingriffe an solchen Beinen mit großer Vorsicht und Zurückhaltung durchgeführt werden sollten.
Die Strümpfe müssen nur so lang sein wie die Stauung hoch reicht (plus ca. 10cm), meist reichen Kniestrümpfe. Wenn sie gut passen, sind sie angenehm. Es sollte mindestens Kompressionsklasse II sein. Wenn das nicht ausreicht, ist eigentlich Klasse III an der Reihe. Die sehen aber weder gut aus, noch sind sie leicht anzuziehen. Mein Tipp: In solchen Fällen lieber zwei Paar Klasse II übereinander anziehen.
Ein Lymphödem kann man nicht wieder loswerden, das ist die schlechte Nachricht, aber man kann damit beschwerdefrei leben, wenn man sich um seine Beine kümmert, das ist die gute.
Langfristig kommen solche Patienten meiner Erfahrung nach nicht ohne ein Heimgerät zur apparativen Lymphdrainage aus, insbesondere, wenn sie einen vollen Terminplan haben (3 Kinder, ein kranker Schwiegervater, dazu Haus und Hof etc.). Auf Antrag werden die Geräte zur Zeit noch von den meisten Kassen übernommen. Sie müssten regelmäßig die Zeit dafür investieren.
Sollten noch Fragen offen sein, scheuen Sie sich nicht, sie zu stellen.
Mit herzlichen Grüßen
Dr. Ive Schaaf