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RE: Zuletzt
RE: Zuletzt
Hallo zusammen,
nein, hier war kein Erdbeben! ;-) Aber ich kann mir natürlich vorstellen, wie erleichternd das ist, zwischen all diesen unkonkreten Auskünften und dem Rätselraten endlich mal von jemandem zu hören, was tatsächlich passiert (passieren kann), wenn man sterbenskrank ist oder einen solchen Angehörigen hat.
Es ist sehr mutig von euch, euren Bruder zu Hause versorgen zu wollen. Meine Freundin hat mit ihren 3 Schwestern im vergangenen Jahr ihre Mutter (Hirntumor) begleitet. Sie ist zu Hause in ihrem Bett friedlich eingeschlafen, und es hat natürlich sehr, sehr viel Kraft gekostet, rund um die Uhr jemanden bei ihr zu haben - trotz Arbeit und eigener Familie. Frag mich nicht, wie es im Eheleben meiner Freundin zeitweise ausgesehen hat.
Eine ihrer Schwestern hat mit deren Freundin einen gemeinsamen Freund begleitet (multipler Krebs, der junge Mann war erst Anfang 30). Gerade diese letzte Sterbebegleitung war für alle Beteiligten sehr anstrengend, weil der Mann gekämpft hat wie ein Löwe und sich gerade zum Schluss nicht hat im Bett halten lassen. Viele jüngere Krebspatienten werden noch einmal unruhig, wenn sie merken, dass jedes Nachgeben der eigenen Müdigkeit auch heissen kann, nie wieder aufzuwachen...
Mein Schwiegervater ist in der Nachsorgekur in Bad Lippspringe verstorben. Die Reise dorthin hat er in merklich trüber Stimmung angetreten, obwohl sein Gesundheitszustand sehr gut war - äußerlich. Nach einer Woche dortigen Aufenthalts hatte er jedoch so deutlich abgebaut, dass ihn die Ärzte der Kurklinik in eine Klinik mit Palliativ-Station überwiesen haben. Dort ging es zu wie in einem Hospiz. Wir bekamen Decken, Sessel und Fürsorge angeboten (ja, auch für die Angehörigen!), es wurde uns Essen und Trinken angeboten, wir hätten auch im Zimmer übernachten können, wenn wir gewollt hätten. Montags kam er dort hin, Mittwochs erreichte uns zu Hause der Ruf, doch bald anzureisen, und am Donnerstag Abend ist er verstorben.
Es hängt viel von eurer persönlichen Kraft, von der Einstellung des Patienten und von der hausärtzlichen Versorgung ab, ob ihr die Pflege zu Hause bis zum Ende gewährleisten könnt und wollt. Es ist nicht schlimm, sich irgendwann die körperliche und seelische Erschöpfung einzugestehen, die eine solche Aufgabe mit sich bringt. Vielleicht solltet ihr euch rechtzeitig mit dem Hausarzt beraten, welche Medikamente ihr selbst geben dürft und welche nicht. Die schon erwähnte Freundin hat eine ausgebildete Krankenschwester zur Schwester, die vom Arzt tatsächlich auch sehr hochwirksame Mittel zum Spritzen dagelassen bekommen hat. Das ist nicht selbstverständlich, und die meisten Angehörigen stehen dann vor dem schweren Schritt, doch ein Krankenhaus kontaktieren zu müssen, damit die schmerzfreie Versorgung des Sterbenden geleistet werden kann.
Vielleicht gibt es in eurer Nähe ein Hospiz oder eine Klinik mit Palliativ-Station. Wenn ihr rechtzeitig auch auf diese letzten Schritte vorbereitet seid, dann fällt es euch nachher nicht so schwer, an alles zu denken, was euch den Abschied leichter macht. Und dass es leichter ist, die Trauer schon bei der Sterbebegleitung zu beginnen, das weiß ich, seit ich mit der Familie bei meinem Schwiegervater am Bett gesessen und bis zu seinem letzten Atemzug ausgeharrt habe. Wenn ich jemals wieder Abschied nehmen muss, dann auf diese Weise und nicht anders. Es tut sonst zu lange zu weh.
Weiterhin viel Kraft und Liebe wünscht euch
Anke
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