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Lebensfreude fehlt ... (gerne an alle)

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Meine Schwiegermutter erzählte mir von einem Patienten von sich, der nicht mehr leben will ... sie sprach von "des Lebens müde" und das er alles gesehen hat.
Ja, diesen Gedanken kenne ich leider auch... :(
"Des Lebens müde" war ich das erste Mal irgendwann Mitte 20 mal für ein paar Tage, das hat sich danach aber wieder komplett gelegt.
Im Zuge der akuten Depri-Angst seit dreieinhalb Jahren habe ich diesen Gedanken allerdings auch wieder, und zwar u.a. auch wirklich exakt so, daß ich manchmal glaube, eigentlich schon alles gesehen und erlebt zu haben und das allermeiste ab sofort nur noch dröge, langweilige Wiederholung sei.

Auch hier weiß ich natürlich, daß dieser Gedanke irgendwo Quatsch ist. Trotzdem kommt er phasenweise immer mal wieder hoch. Ich sage mir dann auch immer ganz bewußt, daß ich noch lange nicht alles gesehen und erlebt habe, was ich gerne sehen und erleben möchte. Und unter anderem das Größer- und Erwachsenwerden unseres Sohnes steht da natürlich ganz vorn auf der Liste.

Ich vermute, daß solche Gedanken unter anderem vielleicht Ausdruck von Midlife-Crisis sind: Ich hab eben in der Tat in meinem Leben schon sehr vieles erreicht, insbesondere quasi alles von dem, was ich mir als große Meilensteine vorgenommen hatte: Studium, Berufseinstieg, heiraten, Kind, Familie...
Diese Meilensteine bedeuteten gleichzeitig immer auch eine gewisse Form von Wachstum und Weiterentwicklung, sind / waren also positiv besetzt.
Nun ja... was ist mein nächster großer persönlicher Meilenstein: Der Ruhestand... Und nicht nur, daß der Ruhestand für viele und wohl auch für mich nicht mehr ganz so positiv besetzt ist - es sind noch dazu noch locker 25 Jahre bis dahin. Das ist ein Zeithorizont, der um ein Vielfaches größer und unkalkulierbarer ist als die Zeitabstände zwischen den bisherigen Meilensteinen, wo immer nur ein paar wenige Jahre dazwischen lagen. Tja, und was kommt nach dem Ruhestand...

Das sind im Prinzip absolut hanebüchene und überflüssige, weil viel zu negativ besetzte Gedankengänge. Ich sollte eigentlich viel mehr im Hier und Jetzt leben, und ich bemühe mich auch darum. Ich denke auch, daß ich in der Hinsicht schon etwas Fortschritt erreicht habe.
Aber noch kriege ich sie eben nicht komplett abgeschaltet.

So ist das aber eben vielleicht auch an der Stelle beim Älter-Werden, nur mit dem Unterschied, daß es jeden unterschiedlich stark "mitnimmt". Die einen stecken es irgendwie weg, andere haben ordentlich daran zu knabbern.


Und mein Gedanke war sofort, dass ich das nicht bin, ich will noch so viel sehen in meinem Leben und will meine Kinder genießen auf groß werden sehen und das ich damit älter werde, gehört zum Lauf des Lebens dazu ...
Ich für meinen Teil habe mir aber genau wie Du fest vorgenommen, mich von solchen Gedanken nicht mehr so sehr beeinflussen und runterziehen zu lassen. Mein Entschluß ist ganz klar, halbwegs glücklich und zufrieden wenigstens 70 Jahre alt zu werden, vielleicht sogar 80, wenn's mit der Gesundheit paßt. Das sind immerhin noch 30-40 Jahre, als ziemlich genau meine zweite Lebenshälfte, und in der gibt es noch so viel zu sehen und zu erleben... Ganz zu schweigen davon, daß ich Familie, Freunde und Hobbies habe, die ich alle miteinander liebe und mag und für die ich mich interessiere. Auch jetzt noch, wenn nicht grad mal so ne Depri-Angst-Phase etwas ärger kommt.

Es gibt also in der Tat immer Grund zur Freude über irgend etwas. Die Kunst besteht wohl darin, dies auch dann noch zu erkennen, wenn die Stimmung grad mal mies ist.

Heute Nachmittag war ich draußen mit den Kindern, es war richtig schön
Ich hab neulich noch irgendwo den Tipp gelesen, daß man sich auf einen Kinderspielplatz begeben soll, wenn man Depri-Stimmung schiebt. Einfach, weil das ungezwungene und fröhliche Spielen und Lärmen von Kindern schön ist und man früher oder später nicht anders kann, als nach und nach ebenfalls die schönen Kleinigkeiten zu erkennen.
Kann ich, sobald ich etwas mit unserem Sohn zusammen unternehme, nur bestätigen. Diese Ungezwungenheit, die Neugier, die Wißbegier, der Spaß am täglichen Entdecken, Spielen und Lernen - ich wünschte, ich hätte nur einen Bruchteil davon zurück ;) In jedem Fall ist es aber in der Tat schon ansteckend :)


Wir sind auf dem richtigen Weg, Katha :)
Es dauert nur eben noch eine Weile.
Aber wir kriegen das schon hin, da bin ich zuversichtlich :)
 
Hallo alex,
ja an Midlife-Crisis dachte ich auch sofort!! Aber mensch, dass kann doch nicht sein, so von einen Tag auf dem anderen?! Aber Menschen sind schon manchmal seltsam.

Aber eines kann ich sagen: Gestern war ich endlich auf dem langersehnten Konzert und es war ein toller Aben.d Ich habe jede Minute genossen, war nachher wie auf "Wolke 7" und es war und ist noch immer alles schön! Was so ein Abend doch ausmachen kann!!
Einfach daran festhalten!!!!! :)

Und genau Alex, wir schafffen das!!! Schon für die Kinder!!
 
Moin Katha,

wie geht's? :)

Aber mensch, dass kann doch nicht sein, so von einen Tag auf dem anderen?!
Ich bin mittlerweile überzeugt davon, daß es keinen von uns wirklich von einem Tag auf den anderen trifft (kritische Schicksalsschläge oder Traumata mal außen vor; da kenne ich mich auch nicht so mit aus).
Es fühlt sich für uns / den Betroffenen anfangs aber so an.

Nach allem, was ich mir in den vergangenen Jahren angelesen habe - Sachbücher, Ratgeber, aber auch Erfahrungsberichte / -bücher von Betroffenen -, sind in Wahrheit, denke ich, sämtliche dieser Depressionen und Angststörungen ein schleichender Prozeß, dessen Keime irgendwann in der frühen Kindheit gelegt werden: Ein gleichartig vorbelastetes Elternteil, so daß das Kind unbewußt und automatisch durch Abgucken und Nachahmen lernt; Erziehungs"fehler" durch die Eltern; zu häufige Umzüge, berufsbedingt durch Vater/Mutter, so daß das Kind es schwerer hat, Vertrauen in seine Umgebung aufzubauen, weil es jedesmal rausgerissen wird und sich woanders neu eingewöhnen muß; Zurückweisungen durch andere Kinder / Klassenkameraden / Mobbing.

Bildlich stelle ich es mir vereinfacht mitterweile so vor:
Jeder Mensch startet mit einem leeren psychischen "Faß", das idealerweise so lange wie möglich so leer wie möglich sein sollte. Durch diverse Einflüsse, die bereits im Mutterleib beginnen, füllt sich dieses Faß im Laufe des Lebens nun mit allen möglichen negativen Prägungen und Erfahrungen. Eventuell besteht sogar eine genetische Prädisposition, so daß das Faß vielleicht gar nicht ganz leer ist oder sich schneller füllt.
Je mehr negative Erfahrungen in frühen Jahren gemacht werden, mit einem umso volleren Faß "startet" man dann als junger Erwachsener in sein eigenes aktives Leben. Da kommen natürlich weitere negative Erfahrungen hinzu - Verluste, Streß, Krankheit, usw.

Irgendwann ist das Faß dann voll, und es schwappt mit einem "Knall" über.
Das ist dann das Ereignis, bei dem wir sagen "von einem Tag auf den anderen".

Tatsächlich ist es aber in den meisten Fällen so, daß man - wenn man bewußt zurücksieht - feststellt, daß es einem schon in den Monaten und Jahren zuvor nicht mehr so gut ging wie zuvor: Man war eventuell reizbarer, hatte permanent Kopfschmerzen, ne Gastritis (wie bei mir), war hier und da unzufriedener mit diesem und jenem, was einen Jahre zuvor kaum gejuckt hätte, hat sich manchen Situationen vielleicht unwohler oder mulmig gefühlt, ohne, daß man es sich richtig erklären konnte.
All diese "Kleinigkeiten" und Anzeichen schieben wir in unserer Leistungsgesellschaft allerdings meistens auf den allgegenwärtigen Streß des Lebens, den jeder hat. Kaum einer stellt in dieser Phase schon fest, daß etwas grundsätzliches nicht stimmt. Wie auch? - es läuft ja trotzdem im Großen und Ganzen noch(!) gut. Das bißchen Kopf- oder Magenschmerzen wird sich schon wieder legen... Und ja - ein bißchen Reiseangst hat doch auch fast jeder... paßt schon...

Sicher wird es auch die Fälle geben, in denen solche Situationen wirklich von heute auf morgen eintreten. Ich glaube aber, daß es die Ausnahme ist. Bei den meisten ist einfach das Faß voll und übergelaufen, aber wir hatten monate- und jahrelang nicht das Bewußtsein festzustellen, daß es am Voll- und Überlaufen ist.

Wenn es dann erstmal übergelaufen ist - zum "Knall" gekommen ist -, wird es dann nicht ganz einfach, den Schlamassel wieder aufzuräumen, eben weil so viel davon in die Jugend und vor allem frühe und unbewußte Kindheit zurückgeht. Saaten, die da eingepflanzt wurden, sind nach all der Zeit hervorragend verwurzelt, und neue Saaten, die wir heute pflanzen, greifen da nicht so ohne weiteres bzw. brauchen eben auch ihre Zeit. Aller Erfahrung nach auf jeden Fall länger, eben weil unser Gehirn, Gedächtnis und die Psyche mit 30 oder 40 keine leeren Behältnisse mehr sind wie als Säugling oder Kleinkind.


Was mich - abgesehen von Sohn, Frau und auch meinem Leben selbst - bei der Stange hält, ist das Wissen und der feste Glauben daran, daß unser Gehirn grundsätzlich anpassungsfähig und die neuronalen Strukturen veränderbar sind.
Es dauert nur eben seine Zeit...
Und ansonsten die Hoffnung, daß früher oder später vielleicht doch noch bessere medizinische Hilfsmittel gefunden werden. Wobei ich keine Ahnung habe, wie ein Medikament einem gegen feste (falsche) Überzeugungen und Prägungen helfen soll...


Aber wir kriegen das schon hin! :)
Jede Depression geht vorüber! :)
 
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