Hallo Anso,
etwas ähnliches kenne ich auch.
Natürlich habe ich mir dazu auch viele Gedanken gemacht und ich hoffe ich kann mich jetzt auch verständlich ausdrücken.
Ich denke gerade wenn die eigenen Gefühle nicht so zugänglich sind, man aber zu bestimmten Emotionen anderer einen speziellen Zugang zu haben scheint, beruht es zum großen Teil auf dem eigenen Empfinden, obwohl man dies nicht richtig wahrnehmen kann. Es beruht genau auf den Empfindungen, die für einen selber so kritisch und schmerzhaft sind, das man sich irgendwann den Zugang dazu verbaut hat.
Es gibt ja das schöne Wörtchen Empathie, ich glaube mittlerweile das es nicht die übliche Form der Empathie ist die alle kennen, das man sich gut in etwas hinein versetzen kann, weil man es kennt und das auch weiß und sich damit auch sehr gut abgrenzen kann.
Ich denke es ist eher etwas unbewusstes, man kann die Emotionen anderer nur erspüren wenn man diese auch selber besitzt, hast du einen bewussten Zugang dazu dann spielt sich das "Mitfühlen" in einem normalen und erklärbaren Rahmen ab.
Wenn es schwieriger ist die eigenen Emotionen zu erfassen dann verändert sich auch die Wahrnehmung bezüglich der Gefühle anderer, du kannst ihre Wahrnehmung bewusst ähnlich schlecht erfassen wie die eigenen, da du ja nur einen schlechten Zugang dazu hast, es fehlt auch die Kontrolle und auch der (reale) Bezug, um dass was andere Senden so einzuordnen wie es andere tun.
Dazu fehlt die Übung, man geht normalerweise ganz selbstverständlich mit eigenen Gefühlen um, ordnet sie ein, lernt sie in die richtige Schublade zu stecken, sie zu kontrollieren und zu verarbeiten.
Das ist aber nicht möglich wenn der Zugang fehlt, man geht anders als andere damit um, verdrängt, oder verschiebt sie.
Es ist aber trotzdem so das deine Gefühle da sind, genauso in dir leben wie auch in anderen Menschen und das sie trotz allem einen Einfluss auf das Zwischenmenschliche und deine Reaktionen darauf haben, nur dass es eben an der Kontrolle über diesen Einfluss mangelt.
Ich denke das was du im Zusammenspiel mit deinem Gegenüber erlebst, ist im Grunde genommen ein Katalysator deiner eigenen Gefühle, die sich auf diese Weise äußern, da sie ansonsten kaum einen Weg in dein Bewusstsein finden können. Du lebst deine eignen Gefühle aus, da du diese aber nicht erfassen kannst nimmst du an das es sich um Gefühle anderer handelt, da du gerade mit jenen in Kontakt warst und genau diese Gefühle bei ihnen erkannt hast.
Du selber musst aber diese Gefühle besitzen um sie nachempfinden zu können, wahrscheinlich sind sie sogar viel stärker und wilder (vielleicht auch bedrohlicher) als jene die du normalerweise spüren kannst, du hast sie gezähmt indem du sie schwer zugänglich gemacht hast, aber sie brechen hervor sobald du einen Gegenüber hast der genau das beschreibt wovor du selber Angst hast, oder was in dir selber brodelt.
Was du da spürst ist also dein eigenes Empfinden, es sind nicht die Gefühle der anderen, es ist dass was du in einer ähnlichen Situation auch empfinden würdest. Deine Emotionen benutzen nur jemand anderen, um sich selber Gehör zu verschaffen, um dir zu sagen: Guck, genauso gehts dir auch".
Wenn man Emotionen anderer gut beschreiben könnte, also wenn dein Gegenüber es fertig brächte dir seinen Gefühlszustand exakt verständlich zu machen und du den deinen voll erfassen könntest, dann würdest du sicher sehr häufig feststellen das du eben nicht genauso empfindest wie er.
Du würdest merken das deine Reaktion deine eigenen Gefühle sind und das derjenige, von dem du glaubst das du seine Gefühle lebst, eigentlich nicht so fühlt wie du es wahrnimmst. Er ist nur ein Auslöser, seine Äußerungen ein Trigger, für das was in dir vorgeht, du spürst in dich selber hinein und gar nicht in den anderen.
Das erscheint dir nur so, weil wir Menschen sehr ähnlich ticken und das was in bestimmten Situationen in uns vor geht, fast identisch sein kann.
Das was du fühlst sind aber immer noch deine eigenen Wahrnehmungen, die sich nur an dir und deinem Gefühlsleben orientieren, an deinen Erinnerungen, an deinen eigenen Ängsten, an deiner eigenen Wut und Verzweiflung.
Das Gefühl das du den Zustand von jemand anderen durchlebst liegt einzig und alleine daran das du selber keine große Erfahrung mit der Einordnung deiner eignen Gefühle hast, sie selber nicht zu spüren glaubst, vielleicht sogar dafür sorgst das du sie auf keinen Fall intensiver wahrnimmst.
Also sorgen deine Gefühle dafür das du sie doch wahrnehmen musst, indem sie ein Spiegelbild erschaffen über das du einen Zugang zu dir selber bekommst, über das du dich selber spüren kannst.
Du glaubst das zu fühlen was das Spiegelbild in einer bestimmten Situation fühlen würde, das beruht aber einzig und alleine auf deiner Annahme und deinen eigenen Emotionen zu dieser Annahme. ein Spiegelbild fühlt aber nichts, außer du füllst es mit deinen ganz eigenen Emotionen und vor allem auch deinen Vermutungen dazu, was es jetzt wohl fühlen würde. Natürlich spürst du es dann auch sehr stark und real, denn es sind ja auch deine eigenen Seelenqualen die du da übertragen hast, das was am Nahesten an dir dran ist und dadurch auch ausgelebt werden möchte.
Was für eine Therapie machst du denn?
Was hat denn der Therapeut dazu gesagt?
Ich vermute mal das dies ein durchaus bekanntes Phänomen ist und in Therapien werden auch Übungen angewandt die genau dieses Problem bearbeiten, z.B. Rollenspiele um einen besseren Zugang zu sich selber zu erhalten.
Menschen mit bestimmten psychischen Problemen gelten oft als besonders einfühlsam, mit viel Empathie, ich denke es liegt auch daran das sie ihre Gefühle manchmal durch andere erleben und da wir alle ähnlich sind, natürlich auch die Gefühle zum Gegenüber passen, aber trotzdem sind es die eigenen und nicht die eines anderen.