Moin Elektraa
Naja, bei mir meldet sich morgens zumeist der Angespannte, wenn nicht sogar noch der Ängstlich-
Depressive dazu

Gerade an den letzten drei Tagen bin ich morgens ab halb fünf / fünf herum wieder wach, spüre die (leichte) Anspannung und tue mich dann auch echt schwer, wieder einzuschlafen. Das sind dann so die Momente, wo ich mir wünsche, der Mist wäre endlich vorbei.
Aber dank der ganzen neuen Sichtweisen und des Austausches mit euch gelingt es mir immer besser, das einigermaßen gelassen einfach auszuhalten, zu erspüren und zu akzeptieren. Das tut gut, baut keinen unnötigen zusätzlichen Druck auf und ist daher garantiert der richtige Weg. Blöd isses irgendwo trotzdem noch, klar - aber das ist
auch okay.
Hab das Hörbuch des einen Coaches gestern Nachmittag zum zweiten Mal begonnen, weil es so gut und auch teilweise mit humorvollen Noten anzuhören ist.
Allerdings gibt es da einen wesentlichen Punkt, an dem ich nicht ganz mit ihm - und eben auch vielen anderen, zum Beispiel meiner eigenen Coachin - übereinstimme:
Ja - wir sind für uns selbst verantwortlich.
Ja - im Außen ist sicherlich nie jemand anders für uns verantwortlich.
Ja - es gibt per se keine schlechten Gefühle, und jeder sollte es sich erlauben, sie alle fühlen zu dürfen.
Aber nein - ich bin der zunehmend felsenfesten Überzeugung, daß sehr wohl unsere moderne Gesellschaft und die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte und Jahrtausende als Ganzes daran die Verantwortung trägt, daß es heutzutage immer mehr Menschen streßbedingt dreckig geht. Und da ist es von vielen Coaches leicht gesagt, man müsse sich davon distanzieren, die Dinge gelassen annehmen, Dinge verändern, man trüge nur selbst die Verantwortung...
=> Ja, einerseits richtig. Andererseits aber sehr leicht gesagt, wenn man eben von Kindesbeinen an im Sinne der Gesellschaft erzogen und angepaßt wird. Alles unter dem Deckmantel, es sei zum eigenen Besten und man solle es besser haben als frühere Generationen - aber wir werden dadurch an vielen Stellen so konditioniert und quasi entmündigt, daß es kein Wunder ist, wenn man mit 30, 40 oder 50 erstmal wieder lernen muß, Mensch zu sein, man selbst zu sein. Seine Gefühle und Bedürfnisse zu erspüren. Und auch schlechte Tage und Stimmungen ertragen und aushalten zu dürfen, ohne gleich in irgendeiner Form unangenehme Konsequenzen, Sanktionen oder gar Strafen befürchten zu müssen.
So gesehen trägt sehr wohl auch unsere Gesellschaft als Ganzes da für mich Verantwortung dran.
Ich hab gestern noch ne Stellenbeschreibung gelesen, die mich grundsätzlich interessiert hätte.
Bis ich zu folgendem Punkt gekommen bin unter den Anforderungen:
Abgeschlosse Berufsausbildung mit ausgezeichneten Noten [
Anm.: Soweit ja noch ok - aber dann, letzte Zeile:]
Ambitioniert - keine 8-17 Uhr Mentalität
!!
Ich dachte, mir fällt die Kinnlade runter...
Mein
Bruder meinte dazu auch nur total entgeistert: "Wie sehen die Arbeitszeiten denn dann für Studierte aus? 12-Stunden-Tag?"
... da hat jemand den Knall wohl noch nicht gehört...!
Und dann wundern wir uns, daß immer mehr Berufstätige quer durch alle Qualifikationsschichten ausbrennen,
depressiv werden usw. ...
Aber - und deswegen komme ich da drauf:
Auf gesellschaftlich-wirtschaftlicher Ebene tut noch niemand wirklich was dagegen! Einzelne, sehr wenige Firmen schon (hab neulich noch von einer gehört, die den 5-Stunden-Tag für alle Beschäftigten bei vollem Lohnausgleich eingeführt hat - mit überraschender Resonanz und Produktivitätssteigerung der Mitarbeiter!). Aber die breite Masse eben noch nicht - da wird ausgequetscht, was die Zitrone hergibt, und jeder von uns gibt das - mehr oder weniger gezwungenermaßen aufgrund seiner persönlichen Einschätzungen und Erfahrungen - an seine
Kinder weiter.
Klar - Angebote für Coachings, Retreats usw. gibt es genug, und das finde ich auch super, keine Frage. Hab grad selbst ein 5-tägiges Meditations-Retreat für Mitte April gebucht

Aber in der Tat: Man muß sich da komplett selbst drum kümmern, und dafür muß man im Vorfeld erstmal "wach" werden und erkennen, was da für ein kranker Schei* um uns herum abläuft. Und das wiederum geschieht meist nur aufgrund einer Krise, in die man erst geraten muß - bis zu diesem Punkt ist man so angepaßt, daß man es als normal empfindet, "geht ja nicht anders", "das Leben ist kein Ponyhof".
Ich weiß - das geht jetzt in der Tiefe ein bißchen am Thema des Threads und auch Deines Posts vorbei

Aber ich gestehe: Da kam ein Gedanke zum nächsten, und irgendwie hab ich mich da jetzt ein bißchen in Rage geschrieben. Mußte mal ganz deutlich raus
Aber das ist auch okay - auch das ist ein Teil von mir, der sein darf.
LG,
Alex