Jetzt können wir ja auspacken, weil auch ich mich gerade an den ärgsten meiner Stalker jetzt erinnere.
Das war ein Autostopper. Schwarzer langer Mantel, krank aussehend und ich war damals noch der Typ Weltretter, sooo ein lieber guter Mensch und natürlich blieb ich da stehen und nahm ihn mit.
Was drauf folgte wär ein guter Stoff für ein Drehbuch eines Horrorfilms.
Ich habe ihn angesprochen auf sein blasses Gesicht und gefragt, was los ist. Er hat mir erzählt, er sei im Endstadium von Leberkrebs und war seine Kinder besuchen, denen er beim Hausaufgaben machen half, weil er sich von seiner Frau getrennt hat, wegen der Erkrankung, um ihr zu ersparen, dass sie alles mitkriegt.
Das hat reingezogen bei mir, da war ich hellhörig und natürlich volllllller Mitgefühl und Mitleid. Er hat mir dann noch erzählt, siehst du diese Narbe am Kopf, die hat mir ein Holländer zugefügt, als ich sechs ( oder acht?) Jahre alt war, hier an den Handgelenken, siehst du, da hat der mich auf ein Brett genagelt und mich tagelang missbraucht, misshandelt, dann hat er mit einem Hammer auf mich eingeschlagen und mich verscharrt im Wald. ( greif mal, da am Kopf, da ist eine Metallplatte drin seither... Eine Spaziergängerin hat mich gefunden, ihr Hund hat mich aufgespürt und ich war wochenlang im Krankenhaus, immer nah an der Kippe, hast du nie davon gehört, es stand eh in den Zeitungen...
Für mich "Kindernatur" war das alles glaubhaft und wahr und natürlich habe ich ihn dann auf einen Kaffee eingeladen und mein Geld mit ihm geteilt und ihm meine Telefonnummer gegeben. Damals hatte ich Familie und kleine Kinder und wir waren finanziell keineswegs gut bestellt. Ich habe trotzdem regelmässig bestimmte Summen, die er bei den Telefonaten, die immer häufiger wurden erbettelt hat, gegeben. Später war es kein Betteln mehr, sondern ein Fordern, dann hat er durchblicken lassen, er hat einflussreiche Freunde aus der Naziszene und die wissen, wo ich wohne, wie leicht es ist, eins der Kinder zu schnappen, oder meinen Mann abzustechen. Ach ja, das war auch noch, er hat erzählt, er war jahrelang im Gefängnis weil er wen erstochen hat. Und ich habe mich fürcherlich gefürchtet und gebibbert und nicht mehr ein und aus gewusst und nicht mehr schlafen können und keine ruhige Minute mehr gehabt.
Das war fürcherlich blöd von mir. Heute würde ich viel anders reagieren und natürlich niemals mehr mit dieser Naivität und Angst auf so wem "antworten".
Irgendwann habe ich richtig reagiert und richtig geschaltet und hab einen Polizisten angerufen, den ich kenne privat und ihm das erzählt. Der hat dann nachgeforscht, wer das ist, hat mir die Augen geöffnet, das ist ein Junkie, spinnst du, das ist ein Spinner, bei dem brauchst du nur drauf hinweisen, dass die Polizei jetzt hinter dir steht und ein falscher Schritt und er ist im Knast, weil er eh auf Bewährung heraussen ist wegen Raufhandel und Betrug, nix Mörder.
Dort ist er wieder gelandet nach anderen Delikten und vom Gefängnis aus hat mir dieser einstige Erpresser und Nötiger Entschuldigung gesagt, mich Blume meiner Seele genannt und in keinster Weise mehr war er für mich ein gefährlicher Typ.
Ich habe mitgemacht bis zum Punkt, wo die Illusion mit der Wahrheit verglichen wurde.
Heute ziehe ich vor, mich nicht mehr in diese Illusionen zu begeben, weder, dass das ein Stalker ist, noch, dass das eine wahre Bedrohung ist, oder dass ich gar hilflos bin, falls mir wer so nahe kommt. Es ist jemand, der mich versucht für ein Spielchen zu gewinnen und da mach ich halt einfach nicht mehr mit.