Hallo Orchidee31 und hallo Diskussionsgemeinde
Schade, dass sich Frau Orchidee nicht mehr meldetnicht mehr gemeldet hat - aber vielleicht liest sie doch noch mit. Deshalb auch noch ein statement von mir.
Grundsätzlich kann dass Verhalten von "Herrn Orchidee" unterschiedlichste Gründe haben. Von daher ist vieles Mutmaßung und der eine oder andere Ratschlag ist zwar "gut gemeint" aber vielleicht eher das Gegenteil von "gut"....
Deshalb will ich keinen Ratschlag geben aber noch eine Variante in die Diskussion einbringen, die auch zutreffen KÖNNTE.
Vor einigen Wochen habe ich eine Web-site zur Information zu ASEXUALITÄT gefunden. Ich habe in den Beschreibungen so präzise unsere Situation (die meiner Frau und mir) wiedergespiegelt gefunden, dass es mich fast aus den Socken gehoben hat. Mit diesem Modell kann ich mir (endlich) sehr vieles vom Verhalten meiner Frau erklären. Inzwischen habe ich auch mit meiner Frau über dieses Thema gesprochen und auch sie fühlt sich treffend wiedergegeben.
Die Menschen die auf dieser Seite ihre Asexualität beschreiben sehen diese als sexuelle Orientierung wie Heterosexualität oder Homosexualität. Das heißt sie ist auch mit guten Ratschlägen, Therapie oder gutem Willen nicht grundsätzlich umwandelbar. Viele haben zunächst "normale Beziehungen" begonnen und erst mit der Zeit ihre Abneigung zu sexuellen Aktivitäten festgestellt. Dieser Prozess hat bei meiner Frau auch Jahrzehnte gedauert.
Und jemand mit asexueller Orientierung kann zum einen eine Abneigung haben oder entwickeln, über sexuelle Themen zu reden - es ist ihr/ihm peinlich-intim, weil sie/er ja merkt, dass sie/er irgendwie "nicht normal ist". Zum anderen hat bei Asexuellen das Thema Sexualität einen weitaus geringeren Stellenwert als bei Sexuellen. Sie können schlichtweg nicht nachempfinden, dass das ihrem Partner ein sogar existentielles Thema ist und er das deshalb auch immer wieder Thematisiert. Im Gegenzug könne die "sexuellen Partner" zumindest anfangs meist nicht oder kaum nachempfinden, dass eine emotional innige Beziehung auch ohne jeden sexuellen Antrieb möglich ist oder sein kann und somit die fehlende sexuelle Anziehung KEIN Hinweis auf fehlende Liebe sein muss oder ist.
Mit den Suchwörtern "asexualität forum" findet man recht gut zu der Seite die ich meine. Dort herrscht allgemeiner Konsens, dass es nur exakt vier Wege gibt für Paarbeziehungen, bei denen sich die Asexualität EINES Partners im Laufe der Beziehung herausstellt und dieser Partner sexuelle Begegnungen dann für so unangenehm hält, dass er dauerhaft darauf verzichten will. Diese 4 Wege werden dort so beschrieben:
1. der asexuelle Partner "verbiegt sich" dauerhaft - führt bei ihr/ihm dann eventuell zu psychischen Problemen
2.der sexuelle Partner "verbiegt sich" dauerhaft- führt bei dieser/diesem dann eventuell zu psychischen Problemen
3. Trennung
4. Auslagerung der sexuellen Aktivitäten des sexuellen Parnters aus der Zweierbeziehung, zum Beispiel in Form eines/r Sexfreund/in
Es gibt dort im Forum Beschreibungen von Paaren, welche Lösung 4 als ihren Weg gefunden haben und auch Beiträge von sexuellen UND asexuellen Partnern, für die dieser Weg 4 niemals eine Lösung sein könnte.
Für mich als den "sexuellen Partner" ist bei diesem Modell sehr entlastend, dass ich nicht an irgendetwas schuld bin wegen der asexuellen Orientierung meiner Frau. Auch habe ich nichts versäumt oder zu wenig Leidenschaft gezeigt um ihr die Sexualität schmackhaft zu machen. Ähnlich entlastend hat es auch meine Frau bei unserem wenn auch kurzen Gespräch empfunden. Einmal weil sie erkannt hat, dass ich mir Mühe gebe sie und ihr Verhalten zu verstehen. Aber auch weil es nicht "an ihrer Willenskraft oder sontwas bei ihr lag", dass sie es nicht geschafft hat eine positive Einstellung zu sexuellen Aktivitäten zu entwickeln. Sie ist so wie sie ist und das ist halt so und weder gut noch schlecht.
Wir wissen viel zu wenig von Herrn Orchidee um zu entscheiden, ob das Modell einer Asexuallität bei ihm passen könnte. Ich will es aber mal als zusätzlichen Ansatz einbringen. Den wenn es passen würde dann wären die bisher gegebenen Ratschläge eher kontraproduktiv.
Und an Frau Orchidee möchte ich sagen: auch ich hatte einmal den Punkt erreicht, an dem ich "eigenverantwortlich" fremd gegangen bin, ohne dass meine Frau das damals wusste. Aber mir war klar, dass die einzige Alternative dazu wohl die Trennung gewesen wäre. Wir waren damals wohl beide noch nicht soweit, um gemeinsam über eine offene Beziehung zu reden. Inzwischen haben wir das nachgeholt und "unseren Rahmen dafür abgesteckt." Und unsere Beziehung wurde durch die Auslagerung sehr stark entlastet und wir beide empfinden sie deutlich entspannter und inniger als vorher. Eine Erfahrung, welche sich mit der von einigen "gemischten Paaren" der web.site deckt. Und den Weg hätten wir wohl nicht gemeinsam mehr geschafft, wenn ich mich vor 10 Jahren nicht durch mein eigenverantwortetes Tun entlastet hätte.
Soweit mein Beitrag
Gutes Nächtle vom Gucki