Fragen
Fragen
Hi Portia,
ich bin 41 und Sekretärin von Beruf. Ich danke Dir für das Interesse an mir und für das Lob - eitel, wie ich auch sein kann, tut mir das nämlich gut!
Jetzt aber mal zurück zu Dir und Deiner Beziehung:
Was heißt, Du bist geoutet worden? Dein Coming-Out war eine unfreiwillige Sache? Das ist Scheiße! Wie bist Du damit umgegangen? Wie ist das passiert? Warum Du den Job und die Kollegen auch weiterhin haben willst, kann ich mir vorstellen. Dass das Klima nicht so sonderlich toll ist, auch.
Ich erzähle Dir mal, was ich in meiner Jugend gesagt habe über Lesben. Ich habe behauptet, ich würde eine Bluse nie wieder anziehen, wenn ich ein Kompliment Marke "die steht Dir aber toll, siehst ja sexy aus" oder so von einer Lesbe bekommen würde, wenn ich sie trage, weil ich mich durch so eine Bemerkung als Eroberungskandidat betrachten würde, was mir zu der Zeit als versuchte Vergewaltigung vorgekommen wäre. Ich übertreibe mal die Stimmung, die so in meinem Kopf und meinem Bauch war. Ich hatte Berührungsängste, weil ich mir meiner eigenen Sexualität nicht sicher/bewusst war zu dieser Zeit.
Heute gehört eine - leider nicht bekennende - Lesbe mit bisexuellen Neigungen zu meinen besten Freunden. Ich kann mit ihr nächtelang über ihre glücklichen oder weniger glücklichen Beziehungen zu Frauen und ihre besonderen Männergeschichten schwatzen, kann sie liebevoll umarmen, wie ich es bei nicht-lesbischen Freundinnen auch tue (oder bei männlichen Freunden) und es traurig finden, dass eine ganze Reihe von Leuten Schwierigkeiten hat, mit ihr ganz normal umzugehen, weil sie irgendwoher wissen bzw. vermuten, welche sexuellen Neigungen sie hat. Sie ist eine ganz besondere Frau.
Ich selbst hatte in meiner frühen Jugend einmal auch sexuelle Kontakte zum gleichen Geschlecht (das soll nicht selten der Fall sein - auch unter Jungs). Diese Erfahrungen haben mir sehr viel gegeben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht im richtigen Moment auch von einer Frau verführt werden könnte, wenn ich solo wäre (mein Treuebegriff ist ein sehr konservativer).
Außerdem habe ich nun zum Beispiel das Problem, dass ich hier in diesem Forum geschlossene Bekanntschaften zu Frauen ohne Vorbehalte in realen Bekanntschaften durch Treffen intensivieren kann, mir aber Vorbehalte im Hinterkopf kreisen, wenn es um Männerbekanntschaften geht, die ich hier schließe. Ist das nicht blöd, wie wir unser ganzes Leben auf die möglichen "Beeinträchtigungen" unserer Beziehungen durch sexuelles Verlangen ausrichten, obwohl wir ja so aufgeklärt, selbstbewusst und offen sind? Wir bringen uns selbst um so viele schöne Begegnungen und Freundschaften, nur weil uns ständig die Möglichkeit der Kontaktausweitung auf sexuellem Gebiet im Hinterkopf kreist oder wir mit Vorbehalten in unserem Umfeld rechnen. Die Menschheit ist bescheuert. Ich nehme mich da nicht aus.
Soweit Theorie und Praxis aus meiner Sicht.
Magst Du mal erzählen, welche Perspektive Du nun letztlich für Dich und Deine Freundin siehst?
Grüße
Anke