RE: Fehlgeburt/Schwangerschaft
Hallo Vade,
bei mir haben (recht seltene) körperliche Anomalien den Ausschlag dafür gegeben, dass ich mit dem Thema Schwangerschaft abgeschlossen habe. Ich habe einen Uterus septus, d.h. meine Gebärmutter ist durch eine feste fleischige Wand unsymetrisch geteilt. Diese Teilung war ursprünglich bis zum Scheideneingang vorhanden, sodass z.B. die Benutzung von Tampons immer die Frage aufwarf "rechts oder links"?! ;-)
Diese äußerliche Trennwand habe ich mir auf Anraten meines damaligen Arztes hin vor der ersten Schwangerschaft entfernen lassen (der Geburtskanal sollte freiliegen). Der Eingriff war relativ einfach, und trotzdem machten sich bei mir massive Nebenwirkungen der Vollnarkose bemerkbar, die ich von meiner Mutter geerbt zu haben scheine. Diese wäre an einer Totaloperation fast gestorben, weil der Kreislauf unvermittelt wegsackte...
Jedenfalls ist meine Gebärmutter nahezu herzförmig und kann sich nicht in dem Maße mitdehnen, wie dies für die Austragung einer Schwangerschaft wünschenwert wäre. Wahrscheinlich hatte sich der erste Fötus blöderweise für die "falsche" (also die kleinere) Uterus-Hälfte entschieden oder sich an einer ungünstigen Stelle eingenistet. Ich wusste von Anfang an, dass eine Schwangerschaft problematisch für das Kind werden könnte. Trotzdem habe ich ungeheuer unter dem Verlust meines Kindes gelitten.
Nachdem ich (erwartungsgemäß) die zweite Schwangerschaft nur mit etlichen Problemen durchgestanden habe und durch die Steißlage nur eine Entbindung per Kaiserschnitt zur Diskussion stand, waren mir die Folgen recht schnell klar: Die Narbe würde den Platz für weitere Embryos weiter reduzieren, eine nächste Schwangerschaft zum Glücksspiel gestalten. Das wollte ich weder mir, noch meinem Mann noch dem entstehenden Kind antun. Da war die Sterilisation für mich die einzig logische Entscheidung. Mediziner sehen dies weitaus pragmatischer, musste ich feststellen. Da musste ich also durchaus Überzeugungsarbeit leisten. Eine Frau unter 30 ohne lebenden Nachwuchs wird in Deutschland offenbar trotz nachvollziehbarer Gründe nicht so einfach sterilisiert. Dein Argument, man könnte sich ja später doch noch mal entschließen wollen, wurde mir als aller Erstes unter die Nase gerieben. Über eine Stunde brauchte ich, um den Chefarzt davon zu überzeugen, dass ich mir diese Entscheidung sehr gut überlegt hatte...
Jede Frau muss selbstverständlich für sich selbst entscheiden, wieviel psychische Belastung sie selbst und ihre Familie ertragen kann und welche Risiken sie eingehen möchte. Es tut mir durchaus leid, dass ich mit meinem zweiten Mann nie ein eigenes Kind haben werde. Das ändert jedoch nichts an der Richtigkeit meiner Entscheidung für mich persönlich.
Jetzt bin ich 41, eine alte Schulfreundin ist "junge Mutter" und aktuell zum 2. Mal schwanger, während ich mit der beginnenden Pubertät meiner Tochter und der wachsenden Pflegebedürftigkeit meiner Schwiegermutter zu kämpfen habe - neben einem Fulltime-Job.
Ich plane soeben eine intensive Weiterbildungsphase, weil ich bis zum Renteneintritt zu arbeiten gedenke und unbedingt am Ball bleiben muss. Ich freue mich für meine Freundin und noch viel mehr für meinen Bruder, der soeben seinen Traum vom Vatersein in zweiter Ehe verwirklicht hat (die erste ist aufgrund der Kinderlosigkeit zerbrochen). Es gab tatsächlich einen Mann in meinem Leben, der es durchaus als Mangel ansah, dass ich ihm keine Kinder schenken könnte. Diese Beziehung ist AUCH aus diesem Grunde nie tiefer gegangen. Mein jetziger Mann hat alle Hände voll damit zu tun, seinen Platz im ehemaligen 2-Mädel-Haushalt zu behaupten und vermisst weitere Kinder nicht. Das macht es für mich natürlich einfacher, zu meiner Entscheidung zu stehen.
Liebe Grüße
Anke