RE: Erfahrungen mit Multigyn Gel
Hallo,
es ist mir schon klar, dass Sie sich da sehr zurückhaltend geäußert haben, was die Wirkung angeht. Nur wollte ich verdeutlichen, dass "natürlich" nicht automatisch ungefährlich und gut heißt.
Man fragt sich auch, warum - wenn das Gel angeblich so gut wirkt - man keine Zulassung als Medikament anstrebt. Und da braucht man nicht lange suchen, warum das so ist. Die Wirkung von Aloe barbadebsis gel, dem Hauptbestandteil dieses Produkts, ist bisher nicht nachgewiesen. Verbraucherschützer warnen:
"Experten und Verbraucherschützer weisen erneut darauf hin, dass ihre Wirksamkeit überschätzt wird. Lediglich die abführende Wirkung des zu 96 Prozent aus Wasser bestehenden Gewächses ist wissenschaftlich nachgewiesen, bestätigt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Hoffnung, dass Aloe Vera auch das Immunsystem schützt, konnte nicht bestätigt werden."
Vollständiger Artikel ist hier:
http://de.news.yahoo.com/050808/359/4n4au.html
Und auch das ist vielleicht interessant (Arznei-Telegramm):
http://www.arznei-telegramm.de/zeit/0206_a.php3
"Wir finden fünf randomisierte kontrollierte Studien zu Aloe vera. Bei der Behandlung von Druckulzera wirkt Aloe-Gel in einer Studie mit 49 Patienten nicht besser als in Kochsalzlösung getränkte Gaze (4). Als Zusatz zur Standard-Wundversorgung scheint es den Heilungsprozess nach einer Untersuchung mit 40 Patienten sogar zu hemmen (5).
Vorbeugend bei perkutaner Strahlentherapie aufgetragen, ist Aloe-Gel bei 194 Brustkrebspatientinnen im Vergleich mit Plazebo in allen geprüften Endpunkten (Schweregrad, Dauer, Zeit bis zur Manifestation der Strahlendermatitis) ohne Nutzen (6). Eine nachgeschobene Studie mit 73 Patienten vermag das Ergebnis nicht zu widerlegen: Zwar wollen die Autoren eine Verlängerung der Zeit bis zum Auftreten der Strahlendermatitis in der Subgruppe der mit hoher Dosis bestrahlten Patienten beobachtet haben, doch lässt sich der Effekt nicht dem Aloe-Bestandteil des Verums zuordnen, da ein Plazebo-Gel fehlt (7).
...
Andere Studien zur Prävention von "atheromatöser" Herzkrankheit8 oder zur Therapie solider Tumoren (9) bleiben wegen gravierender methodischer Mängel wie fehlender Kontrollgruppe beziehungsweise nicht durchgeführter Randomisierung ohne relevante Aussage.
Als begründbar gilt die Einnahme von Aloe-Extrakt als Laxans (1). Kanzerogenes und genotoxisches Potenzial der abführend wirkenden Anthrachinone stehen der Verwendung jedoch entgegen (a-t 1999; Nr. 5: 56; a-t 1996; Nr. 8: 82). Aus Südafrika kommt ein Bericht über akutes Nierenversagen bei einem 47-jährigen Hypertonie-Patienten in Verbindung mit Anthrachinon-haltigem Extrakt aus Kap-Aloe (Aloe ferox MILLER) (10).
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat die Anwendung von anthranoidhaltigen Arzneimitteln einschließlich Aloe bereits mit Wirkung vom 1. Februar 1997 auf die maximal zweiwöchige Verwendung als Laxans beschränkt (a-t 1996; Nr. 8: 82) und sämtliche weiteren Indikationen untersagt (11).
FAZIT: Die einzige wahrscheinlich begründete Wirkung von Aloe ist der abführende Effekt von anthrachinonhaltigen Zubereitungen zur innerlichen Anwendung. Die Verwendung als Laxans lässt sich wegen des kanzerogenen und genotoxischen Potenzials allerdings nicht rechtfertigen. Die übrigen Anwendungsgebiete erachten wir als nicht bzw. nicht hinreichend belegt."
Auf der Homepage von Multigyn wird dieser Eindruck bestätigt. Die "Studien" kann man vergessen, die methodischen Mängel sind unübersehbar: keine Verblindung, keine Randomisierung, etc. und da ist die Rede davon, dass Patientenbögen beim Umzug verloren gegangen sind etc. Kurzum: Es hat schon seinen Grund, warum dieses Mittel nicht als Medikament zugelassen wird bzw. warum man keine solche Zulassung anstrebt. Da reicht es nicht, wenn man einzelne Briefe von begeisterten Betroffenen veröffentlicht.
Vielleicht ergänzend: Ich bin sicher kein Gegner von pflanzlichen Mitteln. Viele Heilpflanzen bzw. einzelne Inhaltsstoffe, deren Wirkung erwiesen ist, werden in der Medizin verwendet: Digitalis, Herbstzeitlose etc. Aber nur, weil etwas rein pflanzlich ist, ist es nicht per se gut und ungefährlich oder etwas, womit man nichts verkehrt machen kann. Dieser Eindruck entsteht leider allzu leicht. Für mich ist nicht die Unterscheidung pflanzlich/nicht pflanzlich das Kriterium, sondern es kommt mir darauf an, ob etwas wirkt oder nicht, wobei man immer abwägen muss, ob der Nutzen größer ist als die ev. vorhandenen Nebenwirkungen.
Grüße ins Urlaubsparadies.
Degi