Hallo Sanny,
eben habe ich eine wissenschaftliche Studie zu der Frage nach Notwendikeit und Sinn einer Langzeittherapie gefunden. Das ist genau Ihr Thema:
03. August 2018 [h=2]Neue Studiendaten[/h] [h=1]Langzeittherapie der Schizophrenie: wann Antipsychotika absetzen?[/h]
Allgemein wird angenommen, dass das Rückfallrisiko bei schizophrenen Patienten nach der Erstepisode mit zunehmender Dauer der Stabilität abnimmt. Werden damit Antipsychotika zu einem bestimmten Zeitpunkt überflüssig? Eine aktuelle finnische Registerstudie von Tiihonen et al gibt Antworten.[SUP]1[/SUP]
Eine oft gestellte Frage in der Behandlung schizophrener Patienten lautet: „wie lange sollte die antipsychotische Behandlung nach der ersten Episode fortgeführt werden?“. Internationale Leitlinien empfehlen nach der ersten psychotischen Episode mindestens ein bis zwei Jahre und nach einer weiteren Episode für mindestens zwei bis fünf Jahre medikamentös weiterzubehandeln[SUP]2[/SUP]. Länger als fünf Jahre angelegte randomisierte Studien mit der notwendigen großen Patientenanzahl sind kaum realisierbar. Daher haben die Autoren um Jari Tiihonen in ihrer gerade im American Journal of Psychiatry erschienenen Arbeit den Ansatz einer Beobachtungsstudie auf Basis von elektronischen finnischen Registerdaten aus 20 Jahre gewählt.[SUP]1[/SUP]
Die Autoren analysierten die Daten von 8.719 Patienten, die im Zeitraum von 1996 bis 2014 wegen einer Erstepisode einer Schizophrenie stationär behandelt wurden. Die Patienten durften im Jahr vor der Hospitalisierung keine antipsychotische Behandlung erhalten haben. Primärer kombinierter Endpunkt war das Risiko des Behandlungsversagens (psychiatrische Rehospitalisierung oder Tod eingeschlossen) nach Absetzen der antipsychotischen Behandlung.[SUP]1[/SUP] [h=3]Kontinuierliche Langzeittherapie zahlt sich aus [/h]
Die Auswertung der Analyse zeigte, dass eine kontinuierliche Langzeittherapie mit dem geringsten Risiko für Rehospitalisierung und Tod (adjustiertes Hazard Ratio (HR) = 1,00) assoziiert ist. Dagegen stieg das Risiko für Therapieversagen in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Therapieabruchs. So hatten Patienten, die nach der stationären Entlassung keine weitere antipsychotische Medikation einnahmen (sogenannte Non-User), ein um über 60 % erhöhtes Risiko für Rehospitalisierung und Tod (HR = 1,63). Wurde die Medikation nach ein bis zwei Jahren abgesetzt, verdoppelte sich das Risiko (HR = 2,12), nach zwei bis fünf Jahren verdreifachte (HR = 3,26) es sich. Erfolgte der Therapieabbruch nach einem längeren Zeitraum als fünf Jahren (im Mittel 7,9 Jahre; HR = 7,28) versiebenfachte sich das Risiko (Abb.1).[SUP]1[/SUP]Therapieabbrüche erhöhen das Risiko für psychiatrische Rehospitalisierung und Tod mod. nach 1 [h=3]Höhere Überlebensrate durch kontinuierliche Therapie[/h]
Als sekundärer Endpunkt wurde die Mortalität erfasst. Verglichen wurden dafür die größte Patientengruppe (diejenigen, die die antipsychotische Medikation innerhalb eines Jahres nach der Hospitalisierung abbrachen) mit Patienten unter einer kontinuierlichen Therapie (sogenannten User) und Non-Usern. Auch hier zeigte sich ein Vorteil für die Langzeitbehandlung. So hatten Non-User im Vergleich zu Usern ein um mehr als dreimal so hohes Mortalitätsrisiko (HR = 3,14). Auch das Absetzen der Medikation führte zu einem Risikoanstieg. Bereits der Therapieabbruch innerhalb eines Jahres nach der Hospitalisierung erhöhte das Risiko um mehr als das Doppelte (HR = 2,74).[SUP]1[/SUP]
Fazit
Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass die Mehrzahl der schizophrenen Patienten nach einer Erstepisode von einer Langzeitbehandlung mit Antipsychotika profitiert. Nach Beginn einer antipsychotischen Behandlung gibt es – zumindest nicht in den ersten acht Jahren nach der Erstmanifestation – keinen sicheren Zeitpunkt zum Absetzen der Antipsychotika. Die Autoren sehen grundsätzlich kein Argument dafür, eine antipsychotische Therapie im Hinblick auf das langfristige körperliche Wohlbefinden des Patienten zeitlich zu begrenzen. Im Gegenteil, zeigen die Daten doch, dass eine Langzeittherapie mit einer geringeren Rehospitalisierungsrate und einer erhöhten Überlebensrate einhergeht.