Nein, um Gottes Willen!
Nein, um Gottes Willen!
Nicole,
ich würde meine Tochter zum Kinderarzt schleppen und sie impfen lassen - ich poste Dir hier mal die Geschichte von Minervas Tochter Annika:
Meine Tochter war 1 1/2 Jahre alt, als sie innerhalb von 2 Wochen erst eine Bronchitis und anschließend die Windpocken bekam. An den Windpocken war ich nicht ganz unschuldig und mache mir heute deswegen noch Vorwürfe (am Ende dieses Beitrags wisst ihr auch warum). Es war Anfang März und die Tochter unserer Tagesmutter hatte die Windpocken bekommen.
Sie rief mich deswegen an, aber ich habe meine Tochter trotzdem zu ihr gebracht, damit sie die Windpocken bekommt und hinter sich hat (ich selber bekam die Windpocken erst mit 16 Jahren und ziemlich heftig, mein 3 jähriger Bruder dagegen hatte nur 5 Bläschen).
Eine Woche nach diesem Besuch bekam meine Tochter dann eine Bronchitis und noch eine Woche später die Windpocken. Wider Erwarten bekam sie die Windpocken sehr heftig, überall Bläschen, sie hat sich schrecklich gequält. In der zweiten Woche Windpocken hat sie dann extrem abgebaut, sie bekam hohes Fieber und war fast apathisch. Mein Hausarzt konnte aber außer den Windpocken nichts anderes finden und nach 3 Tagen hat sie sich dann langsam erholt.
Es war an einem Dienstag, meine Tochter war soweit wieder fit, sie war noch ein wenig wackelig auf den Beinen, konnte aber wieder zur Tagesmutter (ich habe zu diesem Zeitpunkt gerade mit meiner Ausbildung begonnen und musste wieder arbeiten). Abends erzählte die Tagesmutter, dass meine Tochter mit dem linken Fuß nicht richtig auftreten würde - obwohl sie schon richtig laufen konnte.
Wir sind zum Arzt gegangen, dem fiel dazu nichts Rechtes ein und er empfahl uns, zu einem Orthopäden zu gehen.
Mittwochs erzählte die Tagesmutter dann, dass der Knöchel meiner Tochter plötzlich heiß und dick geworden war, sich diese Schwellung aber nach etwa einer Stunde wieder zurückgebildet hätte. Mein Mann und ich waren dann doch sehr besorgt, deshalb sind wir in die Notaufnahme des Krankenhauses gefahren (Mittwoch Nachmittag haben hier die Ärzte alle zu). Im KH wurde sie geröntgt, lachte fröhlich mit den Ärzten, hatte offensichtlich keine Schmerzen, die Knochen waren nicht gebrochen - nur aufgetreten ist sie nicht. Der diensthabende Arzt hat unsere Sorgen belächelt ("Junge Eltern, jajaja, die haben immer so unbegründete Sorgen...") und beschlossen, dass meine Tochter nur so einen Tick habe und sich das wieder geben würde.
Ich war mit dieser Antwort nicht zufrieden - irgendetwas in mir drinnen sagte mir, dass sich das nicht geben würde, dass da irgendwas absolut nicht in Ordnung ist......
Der nächste Tag war ein Donnerstag, ich hatte Berufschule. In einer Pause habe ich mich beim Orthopäden vor Ort um einen Termin bemüht. Die Sprechstundenhilfe teilte mir freundlich mit, dass wir in schon 3 Wochen mit einem Termin rechnen könnten. Ich bräuchte mit meiner Tochter auch am Nachmittag gar nicht einfach so aufzutauchen, wir müssten mit extrem langer Wartezeit rechnen. Ich solle es mal mit dem Orthopäden bei uns im Ort versuchen. Ich habe also bei diesem Arzt angerufen - der hatte Urlaub. Die Vertretung des Orthopäden in meinem Ort war wiederum ein Arzt in dem Ort, in dem meine Berufsschule war. Ich bin also dort hingelaufen (nach dem Unterricht) - dieser Arzt war auch im Urlaub, seine Vertretung war der Orthopäde, bei dem ich morgens schon war (der mit dem Termin in drei Wochen ...)
Langsam war ich mit meinen Nerven doch ziemlich am Ende, ich stand in einer Telefonzelle und habe bei den anderen Orthopäden im Ort angerufen - alle waren in Urlaub oder es ging keiner ans Telefon. Völlig verzweifelt habe ich im Ärzteverzeichnis geblättert und bin auf den Namen eines Kinderarztes gestoßen, der seine Praxis gerade um die Ecke von meiner Telefonzelle hatte. Kurzentschlossen bin ich also in diese Praxis eingefallen und habe was von meiner Tochter gestammelt (ich bin schon fast in Tränen ausgebrochen, so verzweifelt war ich) und dass sie unbedingt noch heute von einem Arzt angeschaut werden müsse. Die Sprechstundenhilfe sagte mir, dass sie eigentlich Aufnahmestopp hätten, aber ich solle halt meine Tochter holen und am Nachmittag mit ihr in die Praxis kommen.
Gesagt - getan. Zusammen mit meiner Tochter stand ich am Nachmittag wieder in dieser Praxis und bin endlich an einen Arzt geraten, der mir richtig zugehört hat, der meine Tochter ganz genau untersucht hat, der tausend Fragen stellte und es auch ganz und gar nicht in Ordnung fand, dass sie mit dem einen Fuß nicht auftrat, obwohl sie anscheinend keine Schmerzen hatte. Letztendlich erklärte er uns, dass er ohne genauere Untersuchungen keine klare Diagnose stellen könne und überwies uns in die Kinderklinik am gleichen Krankenhaus, in dem wir Mittwochs schon in der Notaufnahme waren (nur leider wusste ich Mittwochs noch nicht, dass es dort überhaupt eine Kinderklinik gab :-( ). Wir bekamen also das rosa Einweisungsformular, das komplett vollgeschrieben war, keine einzige leere Zeile mehr drauf.
Die Krankenschwester an der Aufnahme nahm das Formular, grinste und sagte : "Jajajaja, typisch Behrmann, der schreibt immer solche Romane ..."
Der diensthabende Kinderarzt im KH untersuchte meine Tochter noch einmal kurz und dann ging alles sehr schnell: innerhalb von 30 Minuten war das Bein meiner Tochter komplett eingegipst und sie hing an einem Antibiotika-Tropf - vorläufige Diagnose Knochenmarkentzündung am linken Knöchel (die anderen Möglichkeiten waren Kleinhirnlähmung oder eventuell sogar Krebs, aber wenn es Knochenmarkentzündung wäre, dürfe man mit der Antibiose nicht länger warten ...)
Um diese Diagnose zu bestätigen wurde am nächsten Tag ein Szintigramm gemacht. Das Szintigramm ergab eine schwere Knochenmarkentzündung in der Wachstumsfuge des linken Sprunggelenks, einen sehr ausgeprägten Befund, der Kinderorthopäde sagte uns, wenn wir noch 2 Tage später gekommen wären, hätten sie amputieren müssen.
An diesem Nachmittag wurde der Gips noch einmal neu angelegt und der Arzt, der das überwachte, war der Arzt, der Mittwochs in der Notaufnahme Dienst hatte. Er schaute mich fragend an und ich habe ihm bestätigt, dass wir uns kennen und dass wir jungen Eltern uns doch nichts eingebildet haben. Der Kinderorthopäde, der auch anwesend war, ließ sich das Röntgenbild von Mittwoch bringen und hat dem anderen Arzt dann gezeigt, wo auf diesem Röntgenbild die Knochenmarkentzündung (Osteomyelitis) zu sehen war, nur sehr schwer zu erkennen, aber nicht unmöglich ...
Meine Tochter bekam 4 Wochen lang intravenös Antibiotika (sehr starke Antibiotika, die zum Glück gleich angeschlagen haben), danach noch 2 Wochen lang oral Antibiotika und dann durften wir endlich nach Hause gehen. Zuhause musste sie den Gips noch weitere 2 Wochen tragen, anschließend bekam sie eine spezielle Schiene angepasst, die verhinderte, dass sie den Knöchel belastet (diese Schiene hat sie weitere 6 Wochen getragen).
Wir wurden aufgeklärt, dass in etwa 90% aller Fälle mit Folgeschäden zu rechnen sei (zum Beispiel, dass die Wachstumsfuge sich zu früh schließt und das Bein dann kürzer wäre als das andere), aber wir hatte unbeschreibliches Glück: dieser Horror ist jetzt 8 Jahre her und es ist nichts zurückgeblieben. Meine Tochter hatte auch keinen Rückfall, der bei jedem Infekt hätte auftreten können.
Dem wunderbaren Kinderarzt sind wir treu geblieben, trotz Aufnahmestop durften wir trotzdem weiterhin kommen

VIELEN LIEBEN DANK RALF BEHRMANN !!!
Ein ungutes Gefühl ist aber geblieben: obwohl man sicher nicht von "Schuld" reden kann, bin ich doch für diese schlimme Krankheit meiner Tochter verantwortlich, denn ich war es, die die Windpocken provoziert hat, mit besten Absichten - aber jeder Infekt kann theoretisch diese Krankheit nach sich ziehen. Die vermutete Kleinhirnlähmung ist übrigens eine sehr seltene Komplikation der Windpocken - selten, aber die Möglichkeit besteht. Hätte meine Tochter durch meine "Schuld" ihr Bein verloren, so hätte ich mir das niemals verzeihen können, soviel steht fest.
Und wenn ich dann von sogenannten "Masern-Parties" höre, dann läuft es mit eiskalt den Rücken runter, denn die Masern sind noch weitaus gefährlicher als die Windpocken!!!! Lasst um Gottes Willen eure Kinder gegen alle Kinderkrankheiten impfen, noch die angeblich harmlosen können fatale Folgen haben!
Was ich eigentlich mit diesem Bericht sagen wollte, ist aber, dass Eltern auf ihr Gefühl hören sollen; Eltern spüren instinktiv, wenn etwas mit ihren Kindern nicht o.k. ist - lasst Euch nicht verunsichern, bohrt solange nach, bis ihr beruhigt seid.
Und hier ist noch ein Bub mit Windpocken:
http://pages.ivillage.com/catherina//images/flori.jpg
Meine Meinung - tue es nicht - kein Kind verdient es, mit Absicht mit einer Krankheit angesteckt zu werden
Catherina