Du hast aber sehr konkrete Pläne
Du hast aber sehr konkrete Pläne
Hat da Dein Körper überhaupt noch eine Wahl? Hast Du noch eine Wahl?
Ich will Dir kein schlechtes Gewissen einreden oder Dich kritisieren. Vielleicht erzähle ich Dir einfach einmal meine Geschichte, in der ich auch immer genau zu wissen glaubte, wie der zeitliche Ablauf richtig wäre.
Ich habe damals - nach fast 10 Jahren Beziehung ohne Ehe - unbedingt Mutter werden wollen. Der Entschluss war für mich ziemlich unverrückbar. Ich war daher ein wenig enttäuscht, dass mein Partner nicht davon überzeugt war, ein Kinderwunsch mache eine Eheschließung notwendig. Trotzdem fügte ich mich. Wir hatten ja bisher auch ohne Trauschein gelebt, warum sollte der Kinderwunsch etwas an dieser Situation ändern? Wir "übten" und ich verbot mir, jemals wieder das Thema Ehe aufzugreifen. Dann wurde ich schwanger - endlich!
In einem Anfall von Sentimentalität, nicht aus innerer Überzeugung, machte mein Partner dann doch von sich aus den Vorschlag, unseren bevorstehenden Urlaub zur Eheschließung zu nutzen. Ich spürte ein dummes Gefühl in meinem Magen, aber das war ja genau das, was ich mir wünschte, also bereitete ich eiligst die Hochzeitsformalitäten vor. Ich spürte seine Zerrissenheit und redete mir ein, dass er diese Zweifel an unserer Beziehung, die er aus vorangegangenen Erfahrungen mit sich herumschleppte (u.a. eine kinderlose Ehe) schon verlieren würde, wenn erst das Kind da wäre.
Ich verlor das Kind in der 13. SSW wenige Tage vor dem standesamtlichen Hochzeitstermin auf Sylt. Selbst wenn ich zuvor eine große Feier geplant hätte, was ich bewusst nicht tat, wäre dieser Tag nicht so verlaufen, wie man sich gemeinhin eine Hochzeitsfeier vorstellt.
Einige Monate nach dieser grauenhaften Erfahrung wurde ich noch einmal schwanger. Die Nervosität auf beiden Seiten, die weiter vorhandenen Bedenken machten diese Schwangerschaft zu der härtesten Zeit meines Lebens. Wir stritten uns so gut wie jeden Tag, ich hatte schon bald nur noch Probleme, wurde krank geschrieben, musste viel liegen, drohte, auch dieses Kind nicht halten zu können, während mein damaliger Mann seinen Ängsten ungebremsten Lauf ließ.
Ich habe in dieser Zeit viel gelernt. Viel über mich, aber noch mehr über meinen Partner. Ich bin dankbar dafür, dass ich trotzdem eine gesunde Tochter zur Welt bringen durfte, die heute 12 Jahre alt ist. Seit ungefähr 10 Jahren sind wir offiziell geschieden. Meinen jetzigen Ehemann habe ich geheiratet, als meine Tochter knapp 5 war. Wieder nicht im großen Rahmen, aber unter ganz anderen Vorzeichen. Bei ihrer Geburt wurde ich sterilisiert, sodass ich keine weiteren Kinder mehr bekommen werde. Und trotzdem bin ich fest überzeugt, dass genau das passiert wird, was richtig war für mein heutiges Leben.
Ich gehe davon aus, dass ich heute eine andere Frau wäre, wenn ich nicht diese Vergangenheit erlebt hätte. Es steht fest, dass ich meinen jetzigen Mann niemals lieben gelernt hätte, wenn meine Tochter nicht - viel eher als ich - auf ihn aufmerksam geworden wäre und uns quasi zusammen gebracht hätte. Es hatte alles seinen Sinn. Die Pläne, die ich hatte, sind mehr als einmal durchkreuzt worden, und ich bin weit davon entfernt zu glauben, ich sei womöglich meinem Schiksal hilflos ausgeliefert.
Ich kann Dich nur ermuntern, Dein Leben nicht zu sehr durchzuplanen, um Dich selbst vor Enttäuschungen (im Wortsinne!) zu bewahren. Viele Dinge stellen wir uns in unserer Unerfahrenheit viel zu regelbar vor. Wir beschränken uns nur selbst und programmieren Frust vor.
Wir nehmen uns selbst viel Gelassenheit und Offenheit, wenn wir zu konkret planen, zu fixe Vorstellungen haben, wie unser Leben zu verlaufen hat. Lass Dir noch ein paar Ecken offen für Unvorhergesehenes und nimm diese "Freiplätze" als positiv an, als etwas, vor dem Du keine Angst zu haben brauchst, was Dich im Gegenteil bereichern wird, denn die Dinge kommen genau so, wie sie für Dich gut sind.
Entschuldige bitte, wenn ich heute sehr psychodelisch klingen sollte. Ich bin nicht gefrustet von meinem Leben, sondern sehr, sehr dankbar, obwohl soviel "schief gegangen" ist und ich es sicher leichter hätte haben können.
Heute ist wichtig. Nur die Gegenwart und die Zukunft zählen. Die Vergangenheit ist nicht mehr ausschlaggebend, aber sie bleibt ein Teil meines Lebens. Ein Kapitel meines persönlichen Buches, das ich mitgestalte. Ob die restlichen Seiten schon geschrieben sind? Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir sicher, dass sie mich ebenfalls weiter bringen werden - bis zum Finale, dem Happy-End.
Ich wünsche Dir viel Vorfreude auf die nächsten Seiten Deines persönlichen Buches!
Anke