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Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

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Benedetta

New member
Guten Tag,

ich habe bereits im Forum für Reizdarm und Durchfall geschrieben und die Empfehlung bekommen, gegen mein Problem mit Autogenem Training anzusteuern.

Zu meiner Geschichte:
Ich bin 21 Jahre alt und weiblich. Nach einer Darminfektion vor einem Jahr, von der ich mich körperlich nur langsam -aber vollständig- erholt habe, habe ich auf der psychischen Ebene ein für mich furchtbar großes Problem zurückbehalten. Während der Infektion hatte ich über Wochen Durchfall und konnte mein Studium nur mit einer Menge Imodium akut durchziehen. Aber auch, nachdem mein Darm sich wieder vollständig erholt hatte, hatte ich plötzlich Angst, aus dem Haus zu gehen. Ich hatte und habe Angst, mit dem Auto im Stau zu stehen und keine Toilette in der Nähe zu haben; ich habe Angst, wenn es an der Supermarktkasse nicht voran geht und ich entwickelte rasend schnell das Gefühl von Durchfall; ich habe Angst, im Restaurant zu essen und so lange "rumzusitzen", wenn es um mich herum still ist und man meine Darmgeräusche hören kann. Das Problem: Zu Hause ging und geht es mir blendend. Wenn ich am Wochenende zu Hause bin, habe ich ganz normalen Stuhlgang, keinerlei Beschwerden. Sobald ein Termin ansteht - Uni, lange Autofahrt, Besuch bei sehr guten Freunden, etc. bekomme ich regelrecht Panik. Mir sind psychische Probleme bisher absolut fremd gewesen. Ich bin ein glücklicher Mensch, dessen ich mir auch bewusst bin. Ich weiß im Grunde selbst, dass sich durch die Infektion eine psychische Angst vor Durchfall entwickelt hat, die dazu führt, dass ich bei jeder kleinsten Aufregung (ausdrücklich auch positiver Aufregung!!) tatsächlich Durchfall bekomme, was mich furchtbar im Sozialleben, mittlerweile aber auch im Studium einschränkt. Ich möchte später mal in eine Berufsunfähigkeitsversicherung aufgenommen werden, darum lehne ich eine Psychotherapie ab. Diese privat zu finanzieren, ist mir leider auch nicht möglich. Außerdem möchte ich gerne aus eigener Kraft wieder aus dieser Situation rausfinden. Ich muss irgendwie ruhiger, lockerer werden und die Angst verlieren, nicht rechtzeitig eine Toilette zu finden bzw. die Scham verlieren, in Anwesenheit anderer öfter zur Toilette zu müssen. Ich weiß bloß nicht wie und das beeinträchtigt mich immer mehr. ...

Inwiefern kann mir autogenes Training dabei helfen? Ist es erlaubt, hier eine Empfehlung für ein Buch zu erfragen? Es gibt eine Vielzahl von Büchern zu diesem Thema und es geht mir zu schlecht, um lange herumzuprobieren. Ich muss in den nächsten Semesterferien ein Praktikum machen, aber ich fühle mich weder in der Lage, ein Vorstellungsgespräch ohne Durchfall vor Ort zu überstehen, noch 4 Wochen lang mit fremden Leuten im Praktikum permenent zusammen zu sein, denen ich nichts von meinem Problem erzählen kann und will.

Ich wäre sehr, sehr dankbar für Tipps oder auch Erfahrungsberichte von denjenigen, die so etwas vielleicht auch erlebt haben und trotz totaler Verzweiflung und Pessimismus doch wieder unbeschwert leben, lernen und arbeiten konnten!!
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Hallo Benedetta,

eben habe ich Ihren Beitrag entdeckt, kann aber jetzt nicht darauf eingehen. Ich tue das heute Abend (nur dass Sie schon mal die Gewissheit haben, dass sich jemand kümmert).

Beste Grüße
Dr. Riecke
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Vielen Dank schonmal, dass sie darauf eingehen möchten!!

Es ist erschreckend, wie schnell man in einen Negativkreislauf aus Angst und einem der Angst angepasstem Verhalten gerät, ohne von alleine zu wissen, wie man sich helfen kann.
Das habe ich seit April (letzte Darmspiegelung + Stuhlprobe --> alles wieder in Ordnung) vergeblich versucht, aber es wurde/wird nur schlimmer...
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Hi Benedetta,

AT und auch andere Entspannungstechniken wirken beruhigend und man kann damit auch seine Körperfunktionen positiv beeinflussen, z.B. Panikattacken abmildern.
Du solltest das mal versuchen, aber unter fachlicher Anleitung, in dem Fall ist ja eine sehr gezielte und korrekte Anwendung wichtig.

Da du zu hause die Probleme nicht hast wird es daran liegen das du dich dort sicher fühlst, nicht zuletzt weil eine Toilette immer erreichbar ist.
Du musst also darauf hinarbeiten das du dich auch außerhalb sicher fühlst, eine gewisse Gleichgültigkeit zu erreichen.
Im Bezug auf den Durchfall könntest du immer wenn du unterwegs bist als erstes in Erfahrung bringen wo die Toiletten sind, so hast du zumindest schon mal die Sicherheit das sie schnell erreichbar sind.
Dann muss es dir relativ egal sein ob jemand anderer irgendwelche Darmgeräusche hört, auch da können Entspannungstechniken helfen und auch "das Bewusst" machen was passieren würde wenn es rumort.....Nichts!
Wenn du an Orten bist wo es still ist und es sich z.B. um Wartezimmer handelt nimm dir einen Musik-Player mit, so achtest du selber weniger auf das was in deinem Bauch vorgeht.
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

PS:

Manche Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung kannst du auch im Alltag und Beruf anwenden, es wäre also wichtig zu wissen welche Technik am besten zu deiner Situation passt und nicht blindlings eine auszusuchen.
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

"..aber es wurde/wird nur schlimmer..."

Vielleicht als Einstieg ein Fallbeispiel:

In einer Praxisvertretung erlebte ich einen etwa 30jähr. Mann, der nach einer langwierigen Darmerkrankung nach stationärem Aufenthalt in einer Uniklinik körperlich wieder völlig gesund war.
Er litt aber an in ihrer Frequenz ständig zunehmenden Durchfällen. Er berichtete, dass er etwa 20 Darmentleerungen am Tag hätte und lediglich einmal um den Häuserblock mit seiner kleinen Tochter gehen könne, dann müsse er wieder auf die Toilette.

Es nahm ihn keiner ernst, die ambulanten Ärzte stützten sich auf den Klinikbericht (kein organischer Befund mehr) und erklärten ihn für "austherapiert".

Natürlich hatte er seine Arbeit verloren und hatte kaum noch Kontakte zu Freunden usw, lehnte jede Einladung oder irgendwelche Unternehmungen ab, weil er befürchtete, dass ihn keiner verstünde.

Als er in der Praxis vor mir saß, war er voller Resignation und Ratlosigkeit.

Ich habe in seiner Gegenwart eine psychosomatische Station angerufen (die früher in meinen Zuständigkeitsbereich fiel) und dort einen baldigen Aufnahmetermin erwirkt.

Nach immerhin fast vier Wochen intensiver Therapie reduzierte sich seine Entleerungsfrequenz auf drei mal pro Tag. Er betrieb die gelernten Entspannungsverfahren sehr konsequent und führt inzwischen ein beschwerdefreies Leben.
 
Nachtrag

Nachtrag

Mit der Schilderung wollte ich Ihnen nur klar machen, dass es mehrere ähnliche Schicksale gibt.

Nun sammeln wir noch ein paar Beiträge, dann muss ein Plan her, der Ihnen konkret eine Hilfestellung gibt.
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Ich danke Ihnen beiden für Ihre Antworten. Ich bin sehr froh, dieses Forum gefunden zu haben!

Ich habe bisher immer geglaubt, dass mir Entspannungsverfahren sowieso nicht helfen und diese das Problem nicht lösen können, bin aber mittlerweile der Überzeugung, dass ich es auf jeden Fall probieren muss. Ich habe mir bereits im April eine CD gekauft, auf der eine Meditation (?) mit Anleitungen zur Anspannung und Entspannung gesprochen wird. Ich kann mich allerdings nicht sehr gut darauf konzentrieren. Wenn ich zu Hause bin und diese CD höre, denke ich währenddessen, dass das doch sowieso nicht hilft und es mir aktuell (während des Hörens zu Hause) doch gut geht. Sobald ich das Haus verlasse, kann ich nicht mehr an die CD denken bzw. auch wenn ich diese Tipps beherzige und versuche, den Bauch anzuspannen und wieder bewusst zu entspannen, hilft das nicht. Inwiefern wäre es denn wichtig, diese Techniken unter professioneller Anleitung zu lernen? Ich habe ein großes Problem damit, in eine solche Gruppe zu gehen, weil ich mich vermutlich anmelden und es letztlich gar nicht erst zum Kurstermin schaffen würde, weil ich zwischendurch umkehren und meine Toilette aufsuchen müsste. Was wäre denn passender in meiner Situation? Progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder beides zusammen/nacheinander?
Es macht mich einerseits zuversichtlich, von diesem Mann zu hören, dem es offensichtlich noch um einiges schlechter ging als mir, andererseits habe ich das Gefühl, ein kleines Männchen auf der Schulter sitzen zu haben, das mir permanent einredet: Schön für den Mann… du schaffst das aber sowieso nicht!
Ich verstehe gar nicht, woher dieser Pessimismus bei mir kommt… Ich habe mir schon immer viele Gedanken gemacht, viel Wert auf die Meinung anderer gelegt. Ich wollte nicht auffallen, sondern angepasst sein. Es war mir solange ich denken kann unangenehm, mit Freundinnen oder gar meiner Mutter gemeinsam auf öffentliche Toiletten zu gehen. Ich kann mir aber nicht erklären, woher das kommt.
Auch wenn ich in der Regel nur 5-7 Mal zu Toilette muss und an sehr schlechten Tagen bis zu 15 Mal, schränkt es mich doch sehr ein. Ich habe keine Pflichtvorlesungen an der Uni und bin sozusagen die meiste Zeit zu Hause. Nächste Woche steht die erste Klausur des Semesters an und ich werde nervös und bekomme ein Grummeln im Darm, wenn ich daran denke. Ich verdränge es bis es soweit ist. Und muss dann irgendwie durch, mit Imodium.
Einladungen von Freunden lehne ich im Moment pauschal ab. Das stresst mich zu sehr. Gedanken an die Zukunft verdränge ich.

Auch wenn ich mich immer noch als glücklich bezeichnen würde, merke ich, wie es mich zunehmend traurig macht, dass sich mein Leben innerhalb eines Jahres um 180 Grad gedreht hat …
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Hi Benedetta,

ich habe es auch nicht so mit der Entspannung, mir wurde aber versichert das die Routine den Erfolg bringt.;-)

>>>Inwiefern wäre es denn wichtig, diese Techniken unter professioneller Anleitung zu lernen?>>>

Ich denke gerade wenn man Schwierigkeiten hat sich darauf einzulassen funktioniert es unter Anleitung besser, außerdem kann man dann die spezielle Problematik in den Vordergrund stellen und gezielte Übungen einstudieren.

Welche Techniken für welche Bedürfnisse am besten sind kann ich dir nicht genau sagen, ich denke es kommt auch darauf an mit welcher Entspannungsform du selber am meisten anfangen kannst.
Dann gibt es Übungen die du eher zu hause anwendest und die für unterwegs nicht geeignet sind und welche die du so ziemlich überall machen kannst.

Hast du schon einmal versucht regelmäßig spazieren zu gehen? Immer nur solange es gerade geht und das dann mit der Zeit in die Länge zu ziehen, um möglichst viel Sicherheit zu haben könntest du eine Route wählen auf der dir die Toiletten bekannt sind.

>>>Es war mir solange ich denken kann unangenehm, mit Freundinnen oder gar meiner Mutter gemeinsam auf öffentliche Toiletten zu gehen. Ich kann mir aber nicht erklären, woher das kommt.<<<

Es gehört eben zur Intimsphäre, ich frage mich auch immer was 5 Weiber in einem Klo wollen, manchen ist es halt peinlich und anderen nicht. Ich denke das ist nichts ungewöhnliches, auch damit stehst du nicht allein.
Ganz weiblich Japan hat dieses Problem, ganz im ernst. Die Frauen drücken ständig die Klospülung wenn sie auf Toilette gehen damit man nichts hört. Mittlerweile werden dort Toiletten entwickelt bei denen du einen Knopf drückst und es kommt der Sound einer Toilettenspülung, da der Wasserverbrauch so hoch geworden ist.;-)

>>>merke ich, wie es mich zunehmend traurig macht, dass sich mein Leben innerhalb eines Jahres um 180 Grad gedreht hat …<<<

Immer dran denken, du kannst die 180Grad auch wieder zurückdrehen, es braucht nur Geduld beim suchen nach dem richtigen Weg und Durchhaltevermögen ihn zu gehen.
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Hallo Benedetta,

für echte Hilfe, muss ich wohl konkreter werden.
Ein paar Elemente aus psychotherapeutischen Programmen könnten Sie übernehmen.
Kognitive Umstrukturierung: hier ist für Sie das Verstehen der vegetativen Vorgänge im Körper wichtig.
Fast alle Organe sind doppelt innerviert, d.h. sowohl vom Sympathikus als auch vom Parasympathikus versorgt. Der eine erregt, der andere entspannt (vereinfacht dargestellt).
Das gilt also auch für den Darm.
Natürlich funktioniert das System autonom, ist aber von vielen Faktoren abhängig und somit auch störbar.
Wenn z.B. im Gehirn durch äußere Einflüsse Erregung stattfindet, dann setzt sich diese auf die Hirnstammbereiche fort und im Darm wird die sogenannte Motilität erhöht, die glatte Muskulatur kontrahiert sich stärker und rascher und treibt den Speisebrei vorwärts in Richtung Ausgang.

Diesen Vorgang erleben Menschen vor Prüfungen (es kann auch die Blase betreffen), aber nach der Prüfung - wenn die Anspannung also vorbei ist - ist alles wieder o.k.

Fazit: Es handelt sich also gar nicht um ein Darmproblem, sondern um ein psychisches.
Aber wenn Sie den Mechanismus verstehen, ist das schon ein erster Schritt.
Der zweite folgt später.

Beste Grüße
Dr. Riecke
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Guten Abend,
ich habe mir gestern Gedanken über diese Verbindung zwischen Gehirn und Darm gemacht. Ich habe zwar schon etwas darüber gelesen, allerdings nicht weiter darüber nachgedacht. Mir sind Situationen aus der Vergangenheit eingefallen, in denen das genau so gewesen sein muss. Ich wusste selbstverständlich, dass man bei Aufregung Durchfall bekommen kann. Ich glaube aber, dass mir nie klar war, dass die Aufregung nicht vom Bauch, sondern vom Kopf ausgeht. Und dass ich den Kopf „steuern“ muss, um den Darm in diesen Situationen beruhigen zu können. Ich denke, dass ich das verstanden habe. Ich weiß ja auch von dem Internisten, dass mittlerweile wieder alles in Ordnung ist und allenfalls die Darmflora noch weiter aufgebaut werden muss, es also nicht am Organ selbst liegt.
Gestern habe ich zudem etwas erfahren, dass mich sehr stutzig gemacht hat. Bisher dachte ich immer, psychisch stabile Eltern zu haben. Meine Mutter erzählte mir aber, dass sie in meinem Alter das gleiche Problem entwickelt hatte – bis auf den Unterschied, dass sie an Verstopfung+ Magenschmerzen zu leiden begann und ihre Angst eine allgemeine Angst – Panikattacke – war, aufgrund derer sie sich nicht mehr aus dem Haus getraut hat. Ihr hatte damals ein Arzt empfohlen, die Angst vor der Angst durchzustehen, bis sie wieder abflacht. Ich war nach diesem Gespräch einerseits enttäuscht, dass sie mir das nicht vorher erzählt hat (vermutlich , damit ich mich in nicht reinsteigere)andererseits sehr erleichtert, weil sie das innerhalb eines Jahres in den Griff bekommen hat und bis heute keine Probleme mehr damit hat.
Ich habe mich plötzlich so sicher gefühlt, dass ich mit meinem Freund, der das seit einem Jahr „mitmacht“ und sämtliche Einladungen alleine wahrnimmt, auf einen großen Markt hier in der Gegend getraut habe. Als wir allerdings einen Parkplatz gesucht haben, mussten wir feststellen, dass nur Shuttlebusse in die Stadt gelassen werden. Ich bin mit einem sehr mulmigen Gefühl, einem immer stärker werdenden Drang, auf die Toilette zu müssen und zittrigen Beinen in den vollen Bus eingestiegen, in der Hoffnung, schnell eine öffentliche Toilette zu finden und ich war die ganze Fahrt kurz davor zu sagen, dass der Busfahrer bitte anhalten und mich rauslassen soll, aber ich habe versucht tief ein und auszuatmen und habe dabei gezählt und mir gesagt, dass ich es bis 100 schaffen muss…und anschließend wieder bis 100… und als wir ankamen und ich aus dem Bus ausgestiegen bin, war ich so froh, dass ich es geschafft habe, dass ich danach überhaupt nicht mehr zur Toilette musste. Obwohl ich im Bus das Schlimmste befürchtet hatte. Und wegen dieser Erleichterung sind wir 2 Stunden über den Markt gelaufen und ich habe das erste Mal seit April außerhalb meiner Wohnung oder dem Haus meiner Eltern etwas gegessen. Das war toll. Und das hat mir verdeutlicht, dass es wirklich reine Kopfsache ist…
Leider hat es nicht lange angehalten. Abends lag ich wieder im Bett und musste an die Klausur denken und dass ich 3 Stunden stillsitzen muss und dass ich zwischendurch nicht zur Toilette müssen will, weil mir dadurch Zeit entgeht und es mir unangenehm ist, usw.
Ich habe mir heute jemanden ausgesucht, bei dem ich autogenes Training lernen will. Leider hat diese Frau lange Wartezeiten und wird mich zurückrufen, sobald sie einen Termin ausmachen kann. Ich weiß ja, dass das meistens so ist. Aber es hat mich irgendwie ausgebremst, weil ich nicht weiß, was ich bis dahin machen soll. Wie die Klausur überstehen, wie auf den Weihnachtsmarkt gehen, wie vielleicht doch mal wieder mit Freunden ins Restaurant gehen … schwierig.
Ich bin weiterhin für jede Hilfe sehr dankbar!
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Hallo Benedetta,

Ihr Bericht hat mich sehr gefreut. Mehr konnten Sie auf keinen Fall erwarten.

Sie haben jetzt den ersten Schritt getan, in dem Sie den Mechanismus verstanden und sich einer Mutprobe gestellt haben. Das "Geständnis" Ihrer Mutter kam übrigens zur richtigen Zeit!

Auch ohne autogenes Training (AT) können Sie schon Ihre Aktivitäten erweitern, wenn es gelingt, das Vertrauen in Sie selbst zu stärken.

Ein Therapie-Element hat Ihre Mutter beschrieben: Die Angst vor der Angst zu besiegen, in dem man sie aushält, weil man ja weiß, dass nichts Schlimmes passieren kann (wenn sie z.B. das Haus verlässt).

Dieser Mechanismus klappt bei Ihnen auch:
Sie treffen Vorsorge, dass eine kleine diarrhoeische Attacke (Durchfall) dann kein für andere erkennbares Problem darstellt, wenn man eine geeignete Vorlage trägt.
Es gibt in Sanitätshäusern passgenaue, sehr wenig auftragende Konstruktionen, die einfach in den Slip geklemmt werden.
Das gäbe Ihnen ein Gefühl relativer Sicherheit und dem Gehirn können Sie visualisieren, dass nichts passieren kann, was in der Öffentlichkeit auffiele.

Später ersetzt das AT diesen Visualisierungsprozess, wenn Sie nämlich die Erfahrung machen, dass Sie einige der eigentlich autonom gesteuerten Funktionen wie Herzfrequenz, Muskeltonus, RR, periphere Durchblutung u.a. willentlich beeinflussen können. Dann beruhigen Sie Ihren Darm natürlich auch.

Aber bis dahin braucht es Kompromisse: s.o.

Also los!

Dr. Riecke
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Guten Tag,

der Tipp mit dem Sanitätshaus war sehr gut. Ich werde mich informieren, wo man das im Internet bestellen kann. Ich finde die Vorstellung zwar furchtbar, so etwas tragen zu müssen, aber es ist ja Mittel zum Zweck und hoffentlich nicht für immer so.

Immer wieder abends geht es mir schlechter. Ich habe das Gefühl, dass mein Leben vor mich hin plätschert und ich viel zu wenig davon mitnehme. Ich habe im letzten halben Jahr nicht sehr effektiv studiert, habe Freunde nur in meiner Wohnung getroffen. Was positiv ist, ist die Tatsache, dass ich problemlos einkaufen gehen kann. Ich kann das nicht näher erklären, aber in meinem Auto fühle ich mich zumindest in der Stadt sicher. Auf der Autobahn ist das anders. In der Stadt denke ich, dass ich an jeder Ecke halten und ein Geschäft/Restaurant aufsuchen könnte. Im Supermarkt ebenso. Ich WILL zwar unter keinen Umständen dort zur Toilette müssen, aber der Umstand, dass ich es könnte, hilft anscheinend. Ich kann mich an einige Wochen im April erinnern, in denen es mir nicht möglich war, einkaufen zu gehen. Entweder, weil ich es gar nicht erst bis in den Laden geschafft hatte oder weil ich reinkam und fast im Renntempo geschnappt habe, was ich brauche, um ganz schnell wieder an der Kasse zu sein und raus zu können. Mittlerweile passiert es mir, dass ich einkaufen gehe und im Nachhinein feststelle, dass ich im Supermarkt nicht ein einziges Mal an mein Problem gedacht habe.

Nichtsdestotrotz ist es so, dass ich ein "Daueraufgeregtsein" im Bauch verspüre, vor allem abends. An langfristige Ziele (Praktikum, Examen, Arbeitsstelle, Urlaub) will ich überhaupt nicht denken. Aber ich würde so gerne wieder zu Freunden gehen, Essen gehen und mal einen Tag nicht aufgeregt sein.

Ich bin sehr, sehr froh und dankbar, dass ich in diesem Forum Hilfe bekommen habe, allerdings ist es mir auch unangenehm, jeden Tag die Zeit anderer "umsonst" in Anspruch zu nehmen, darum habe ich nun doch eine Frage, vor deren Beantwortung ich mich eigentlich drücken wollte. Da ich nicht weiß, wie lange es dauern wird, bis ich AT starten kann und überhaupt nicht weiß, ob das ausreicht, würde mich Ihre Meinung interessieren, ob das von mir bisher Geschilderte dafür spricht, dass mir AT Sicherheit geben wird und ich es mit Mut und Zuversicht alleine (und mit dem Verständnis meiner Eltern, meines Freundes und meiner Freunde, das ich zum Glück habe) schaffe, wieder zu leben, wie bis vor einem Jahr oder ob es vielleicht doch sinnvoll wäre, eine (ambulante) Therapie in Anspruch zu nehmen. Ich habe meinen Eltern nun ohnehin gesagt, dass es mir schlechter geht, als ich es bisher dargestellt habe und sie würden die Kosten bestimmt übernehmen. Ich habe eben immer gehofft, dass ich das alleine schaffe, weil ich mir vorstellen kann, dass die Tatsache, dass ich eine Therapie brauche, dazu führt, dass ich denke, dass ich schon ziemlich "krank/hilflos" sein muss, was das Problem vielleicht nur verstärken würde? Ich weiß es nicht. Bloß jetzt, da die Semesterferien vorbei sind und ich langsam wieder zurück ins Studium finden muss, kann ich nicht mehr in den Tag hinein leben, vor mich hin lernen und darauf hoffen, dass es über Nacht verschwindet. Und ich würde das so gerne endgültig bewältigen, um nicht vor jedem Wandel der Lebensumstände, also Praktikum, Umzug, später die Arbeit oder private Veränderungen wieder diese Probleme zu bekommen.
Wobei... so ganz wegzubekommen ist das vermutlich nicht...jedenfalls nicht aus dem Hinterkopf...aber es wäre schon toll, wenn ich lernen würde, besser damit umzugehen!
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

>>>dass ich eine Therapie brauche, dazu führt, dass ich denke, dass ich schon ziemlich "krank/hilflos" sein muss, was das Problem vielleicht nur verstärken würde?<<<

Das kommt auf deine Einstellung an, wenn du sagst das du dann ziemlich krank bist kann das natürlich negative Auswirkungen haben. Wenn du dir aber sagst das du dort Techniken lernst um damit klar zu kommen (auch Stressbewältigung i.B. auf Studium und Co.) und der Therapeut ein Gegenüber ist der dir dabei hilft und dir neue Wege eröffnet, aber kein Behandler ist (denn die Hauptarbeit machst du, du hilfst dir selber, bekommst nur Anleitung und Ratschläge zur Selbsthilfe). Wenn du verstehst das du es im Grunde aus eigener Kraft schaffst, dann ist es keine Hilflosigkeit mehr, sondern Stärke die nur einen Schubs vom Therapeuten bekommt. Vielleicht hilft es dir das in der Psychologie anstatt Patient meist das Wort Klient verwendet wird, der Therapeut erbringt eine Dienstleistung für die du bezahlst, sogar ein Vertrag wird gemacht. Du kannst deinen Therapeuten durchaus als Geschäftspartner sehen, auf gleicher Augenhöhe und du erwirbst etwas von seinem Wissen und seiner Zeit.

>>>so ganz wegzubekommen ist das vermutlich nicht<<<

Ich denke doch. Je länger du das wieder im Griff hast desto weniger wird es in deinen Gedanken sein. Wenn du das AT so gut beherrschst das du darüber Kontrolle auf deine Körperfunktionen ausüben kannst, dann wirst du es irgendwann fast automatisch anwenden und eines Tages gar nicht mehr bemerken vielleicht auch nicht mehr brauchen.

>>>dass ich im Supermarkt nicht ein einziges Mal an mein Problem gedacht habe.<<<

Ich denke so wird es sich dann entwickeln, irgendwann denkst du nicht mehr dran, weil du dich sicher fühlst.
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Ja ... das stimmt eigentlich ... wenn man das mal nicht aus der Sicht betrachtet, dass ein Therapeut ja ein Arzt ist und ich in meinem bisherigen Leben nur die Erfahrung gemacht habe, dass ich zum Arzt gegangen bin, wenn ich krank war, was folglich bedeuten würde, dass ich also "krank" bin, wenn ich nun einen Therapeuten aufsuche, dann kann man den Therapeuten auch als Lehrer ansehen, der mir eben das beibringt, was ich in der Schule nicht gelernt habe und auch auf anderem Weg nicht mitbekommen habe. Das stimmt. Ich bin auch fast so weit, dass ich das wirklich aus voller Überzeugung so sehe und nicht als " Na gut, du hast es alleine nicht geschafft, du brauchst jetzt eben Hilfe von außen", sondern vielmehr als eine Chance, anschließend sicherer und gefestigter zu sein, als ich es ohne diese ganze Geschichte vielleicht je geworden wäre...

Danke auch für diese Passage:

"Ich denke doch. Je länger du das wieder im Griff hast desto weniger wird es in deinen Gedanken sein. Wenn du das AT so gut beherrschst das du darüber Kontrolle auf deine Körperfunktionen ausüben kannst, dann wirst du es irgendwann fast automatisch anwenden und eines Tages gar nicht mehr bemerken vielleicht auch nicht mehr brauchen. "

Das ist natürlich genau das, was ich hören "will"/ mir wünsche ;-) Ich wünsche mir sehr, dass ich das irgendwann einfach komplett vergesse. So wie meine Mutter. Aber dennoch ist da dieses: Ach, wie soll das schon funktionieren? Und es ärgert mich selbst, dass ich so darüber denke...

Ich werde mir diese Woche noch Zeit lassen und schauen, wie die Klausur läuft, wie es mir sonst geht, mir überlegen, ob es doch möglich wäre, es irgendwie "ganz alleine" zu schaffen und wenn ich größere Zweifel daran habe, dann rufe ich nächste Woche eine Therapeutin an, die ich mir über das Internet ausgesucht habe und hoffe als Selbstzahler auf einen baldigen ersten Termin. Vielleicht lässt sich das irgendwie mit der Frau verbinden, die AT anbietet und auf deren Rückruf ich warten muss. Ich weiß nämlich nicht, ob auch die Therapeutin AT anbietet, obwohl es nicht explizit auf der Homepage erwähnt wird. Das müsste ich dann erfragen.
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

"ob auch die Therapeutin AT anbietet.."

Ich kenne Leute, die nur eine einzige (!) Anleitung zum AT wahrgenommen und es dann selbst perfekt gelernt haben.

Es stecken in dem Begriff nämlich zwei wichtige Botschaften: <autogen> und <Training>.
Also, man muss es unbedingt selbst üben!
Und lernen kann es jeder, viele sind nur nicht bereit, das intensiv zu tun.
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Hallo.

Das mit der Therapie solltest du dir vielleicht noch einmal überlegen. Denn es ist ohnehin so, dass man beim Abschluss einer BUV den Versicherer komplett über die eigene Krankheitsgeschichte aufklärt (http://www.ihre-buv.de/faqs.php?which=2): Wenn man also eine ernsthafte psychische Erkrankung verschweigt und das dann irgendwie rauskommt dürften die Konsequenzen ebenso ernsthaft sein. Wer einmal eine Therapie gemacht hat wird denke ich trotzdem einen Versicherer finden, es bedarf dann halt genauerer Suche.
Auf eine Therapie würde ich aber in keinem Falle verzichten. Denn ein solches Problem kann denke ich nur langfristig behandelt werden,
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Guten Tag,

weil ich hier eine tolle erste Hilfestellung bekommen habe, möchte ich mich sehr dafür bedanken!

Das hat mir geholfen, die Zeit bis zur ersten Therapiestunde zu überbrücken. Diese hatte ich nun doch schon gestern und habe ein gutes Gefühl, dass es mir helfen könnte.

Beste Grüße!
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Hallo Benedetta,

das freut mich.

Wenn du magst kannst du ja hin und wieder berichten wie es dir ergeht, über positive Berichte freuen wir uns auch.;-)
L.G.
 
Re: Wie ist "psychischer" Durchfall zu behandeln?

Hallo Benedetta!

Auf meiner Suche bin ich zufällig auf deinen Artikel gestoßen. Da ich ein ziemlich ähnliches Problem habe, würde ich dich gerne fragen ob du etwas gefunden hast, das dir hilft dieses Problem in den Griff zu bekommen. Würde mich sehr freuen endlich einen sinnvollen Rat von einer "betroffenen" zu erhalten!

Freu mich auf deine Antwort!
 
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