Der Tot durch Kindliche Augen betrachtet
Der Tot durch Kindliche Augen betrachtet
Der Tod - durch kindliche Augen betrachtet
"Man muss im Leben nur eine Sache wirklich - und das ist sterben" Dieser Satz spricht etwas aus, was mit Sicherheit jedem irgendwann bewusst wird: Man "kann", "soll" und "muss" im Leben so viele Dinge, aber am Ende läuft es darauf hinaus, dass wirklich nur eine Sache ohne Wenn und Aber geschehen wird: Jeder Mensch muss irgendwann einmal sterben - daran führt kein Weg vorbei.
Vergegenwärtigt man sich die Endgültigkeit und Sicherheit dieser Tatsache, so ist das ziemlich angsteinflössend - erst recht dann, wenn man noch ein Kind ist.
Verstärkt wird dieses unheimliche, ängstliche Gefühl diesem Thema gegenüber dadurch, dass der Tod in unserer gegenwärtigen Gesellschaft immer mehr ein Tabuthema ist. Das Älterwerden bzw. der Tod wurden spätestens seit der Entstehung der sog. "Kleinfamilie" (Vater, Mutter, Kind(er)) aus dem alltäglichen Lebensrhythmus und dem Familienleben verdrängt. Und das obwohl diese Lebensabschnitte genauso natürlich sind und zum Leben gehören wie jeder Atemzug, den man nimmt. In der Vergangenheit, in der sog. "Großfamilie" (mehrere Generationen lebten unter einem Dach zusammen) war das Alter und der Tod eine alltägliche und respektierte Sache. Die Kinder erlebten "hautnah" den Tod der Großeltern mit: Der Opa/die Oma starb im Kreise ihrer Familie, wurde im Haus einige Tage aufgebahrt, die Trauerfeier und Beerdigung wurde vorbereitet und durchgeführt. Kinder wurden so schon früh mit diesem Thema konfrontiert und bei allem Schrecken, den ein solches Ereignis hervorruft, galt der Tod als etwas Natürliches und ein Teil des Lebens.
In der heutigen Gesellschaft, die der Jugend, Gesundheit und Leistungsfähigkeit immer mehr hinterherjagt, ist das Älterwerden und Sterben schon fasst zu etwas Krankhaftem, Schmutzigem, Unnatürlichem geworden. Heutzutage verlegen wir diese Lebensabschnitte in Krankenhäuser, Altenheime oder Hospize, wir grenzen sie aus unserem Leben aus und haben regelrecht Angst davor. Diese Tatsache macht die Frage nach der Herangehensweise an dieses Thema einem Kind gegenüber um ein vielfaches schwerer:
Der Tod an sich als "entgültiges Ende/ entgültiger Abschied von etwas Geliebtem" bedeutet schon Schrecken genug für die kindliche Seele. Dabei aber noch überhaupt keine Erfahrung mit diesem Teil des Lebens zu haben macht die Sache aber noch mal so schlimm. Kinder fühlen sich selbst dem Thema gegenüber hilflos und ängstlich, merken aber gleichzeitig, dass die Umgebung/die Mitmenschen genauso reagieren: Der Tod wird allgemein als etwas Beängstigendes und Fremdes gesehen.
Hier einige Beispiele kindlicher Reaktionen zum Thema Tod: Die evangelische Theologin Dr. Martina Plieth hat im Rahmen ihrer Habitilation fünf Jahre lang Kinder mehrerer Grundschulen in Westfalen begleitet und bat sie eines Tages, ihr ein Bild zu malen zum Thema "Wie stelle ich mir den Tod vor". Die Aussagen der Kinder zeigten, dass sie sich oft die Toten als "verdünnte Persönlichkeitsreste" vorstellen. Sie "können sprechen", wenn auch "nur flüstern". "Tote essen auch noch Nutella - nur nicht mehr so viel". Ein Kind brachte seine Vorstellungen vom Tod auf folgende Aussage: "Man ist nur so lange tot, wie man Lust dazu hat". Diese Vorstellungen helfen den Kindern, mit der Entgültigkeit fertig zu werden.
Vielfach haben Kinder große Angst vor dem Aussehen der Toten/dem Tod als Person. Bestärkt durch die Medien oder erzählte Schauermädchen werden die Toten/der Tod zu monsterhaften Wesen. Vielfach haben die Kinder auch große Angst vor Verstümmelung - denn so was merkt der Tote, der ja "immer noch ein bisschen lebt", ja auch noch.
Ebenso schlimm ist die emotionale Seite: Eine geliebte Person/ein geliebtes Lebewesen verlässt das Kind von einer Minute auf die andere. Das biologische Sterben verstehen die Kinder vielfach noch nicht, sie fühlen sich als aller erstes "Verlassen", "Alleingelassen", ihr Vertrauen ist erschüttert. Sie fragen sich, was sie falsch gemacht haben; ob der Tote böse auf sie war und weggegangen ist, weil er sie nicht mehr lieb hat.
Außerdem erleben sie es als erschütternd, wenn sie sehen, dass z.B. die Eltern selbst von diesem Ereignis erschüttert sind, trauern und weinen.
Es ist deshalb unheimlich wichtig, dieses Thema mit seinem Kind offen und ehrlich zu besprechen - am besten bevor man persönlich davon betroffen wird. Wie wäre es zum Beispiel, wenn man einmal dem Kind von den längst verstorbenen Großeltern erzählt, die das Kind nie kennengelernt hat? Es wird das Kind sicherlich sehr interessieren, von Verwandten zu hören, die es nicht kennengelernt hat, und im Rahmen dessen hat man einen guten Einstieg zum Thema Tod und Sterben.
Jetzt die Frage aller Fragen: Wie erkläre ich meinem Kind den Tod ? Ein Patentrezept kann ich mit Sicherheit auch nicht bieten, es gibt aber einige (selbst schon erprobte) Tipps, die helfen können: Diese möchte ich Ihnen im folgenden einmal vorstellen: Gerade dann, wenn kindliche Vorstellungen vom Tod wie z.B. der "Sensenmann" zu Ängsten/Alpträumen führen, gibt die Theologin Dr. Martina Plieth folgenden Tipp: "Schau dem Sensenmann doch einfach mal unter den schwarzen Rock, vielleicht ist er dann ja gar nicht mehr so groß".
Ein Junge, dem die Theologin diesen Tipp gab, malte daraufhin den Sensenmann nicht mehr als den großen, schwarzen, bedrohlichen Knochenmann: Auf dem nachfolgenden Bild war der Tod blamiert, ohne Mantel und als kleines Männchen balancierend auf Stelzen. Ein lachender Junge stand daneben. Der Junge selbst hatte keine Alpträume mehr.
Das Wichtigste ist, dass das Kind versteht, dass der Tote nicht zu einem großem, bösen Monster wird, bzw. dass der Tod an sich nicht der "Sensenmann" ist. Der Tod sollte als ein "natürlicher Vorgang" vermittelt werden, etwas, was alltäglich jeder Art von Lebewesen passiert und deshalb nichts außergewöhnliches und schlimmes ist.
Wenn es darum geht, ein Kind emotional in der Situation aufzufangen, dass es sich verlassen fühlt und nicht versteht, warum die geliebte Person/das geliebte Tier plötzlich nicht mehr zurückkommt, hat mir persönlich schon folgender Trick geholfen: Ich musste vor Kurzem einem Kind (3 Jahre alt) erklären, warum die geliebte Katze auf einmal nicht mehr da ist (sie war eine Nacht vorher an Altersschwäche gestorben). Ich sagte ihm, dass eine Freundin der Katze angerufen hat und sie zu einer Party eingeladen hat. Dorthin ist die Katze gegangen und hat gesagt, dass sie noch nicht genau weiß, wie lange das Fest dauern wird und wann sie wiederkommt, denn das Fest wäre so schön. Mit diesem Trick hat man erst mal eine Menge Zeit gewonnen und kann im Laufe der nächsten Zeit auf schonende, kindgerechte Art und Weise das Kind darauf vorbereiten, dass die Katze nicht mehr wiederkommen wird. Das Beispiel der Katze lässt sich nach Belieben auch auf Meerschweinchen, Vögel - vielleicht auch Menschen - umändern.
Ich hoffe, dass diese beiden Beispiele ein bisschen Anregung geben können, wenn es darum geht, einem Kind dieses schwere Thema nahe zu bringen. Patentrezepte gibt es mit Sicherheit keine, man muss die Situation an sich und das Kind als Individuum berücksichtigen.
Falls Sie bereits mit solchen Situationen Erfahrungen gemacht haben, würde uns interessieren, wie Sie damit umgegangen sind - das Elternforum von hoppsala steht für einen Meinungsaustausch zu diesem Thema zur Verfügung!
Sonja Schmitt
Quelle:
http://www.hoppsala.de/index.php?menueID=21&contentID=120