RE: Degi
RE: Degi
Doch noch mal hallo,
am schlimmsten hat es bei uns auch den Ältesten getroffen. Wir waren erfreut, ein intelligentes Kind zu haben, aber wir fanden das normal, wir kannten es ja nicht anders. Hinzu kommt: Sein bester Freund war eben auch ein ausgesprochen intelligentes Kind, und um das ganze noch komplett zu machen, war dessen anderer Freund, der auch oft mit dabei war, ein extrem hochbegabtes Kind. Es fiel und in dieser Konstellation einfach nicht auf. Und die nachfolgende Schwester ist zwar nicht getestet, aber sie hat soeben die 8. Klasse auf dem Gymnasium mit Erfolg übersprungen, also auch ein sehr kluger Kopf. (Bei der Einschulung hatte sie extreme Probleme in der Schule, so dass wir nach ein paar Wochen einen Schulwechsel durchsetzen mussten.)
Die Schwierigkeiten begannen auch beim Ältesten erst in der Schule. Lustlos wurschtelte er sich durch die Grundschulzeit, beschloss schon nach kurzer Zeit, dass es besser sei, nichts zu sagen, was er auch durchhielt. Doch er wurde immer angespannter, aggressiver (nur zu Hause) und schließlich depressiv, aber da hatten wir schon einen Termin bei Psychiater (1/2 Jahr war die Wartezeit). Nach kurzer Zeit stand das Ergebnis fest: Hochbegabung gekoppelt mit einem extrem schlechten Selbstwertgefühl. Er merkte - wie Sie - dass er anders dachte (das hat er uns schon sehr bald nach der Einschulung gesagt, aber wir haben darauf nicht angemessen reagiert) und konnte das eben gar nicht einordnen. In der Schule erlebte er seine Hochbegabung als Manko - er hatte eine Lehrerin, die ihn bloßstellte, wenn er etwas sagte, was ihr nicht in den Kram passte. So schwieg er und litt.
Das Ergebnis Hochbegabung bedeutete zunächst Erleichterung, aber wir fühlten uns sehr alleine gelassen damit. Förderung gibt's hier nicht, überspringen wollte er nicht, ins Internat schon gar nicht. Und die Depression blieb.
Wir mussten handeln und fanden außerschulisch eine Möglichkeit, ihn zu fordern. Und siehe da, in diesem Umfeld gab es keine Kommunikationsprobleme, er war von Anfang an offen, war hilfsbereit etc. Und langsam veränderte sich auch sein Gemüt - mit Rückschlägen allerdings. Nun ist es so, dass er zwar immer noch nicht gerne zur Schule geht, sich am Unterricht nicht beteiligt, Hausaufgabe nicht macht oder im Unterricht und in den 5-Minutenpausen, aber er sieht ein, dass er das durchziehen muss, aber er ist witzig, ironisch, lacht viel und zu unserem Erstaunen hat er diesen Winter angefangen Snowboard zu fahren - das alles wäre vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen. Ich hoffe, dass es weiter bergauf geht und dass wir die Kurve gerade noch gekratzt haben.
Das alles wäre so viel einfacher gewesen, wenn man z.B. schon früh einen Test gemacht hätte - dann hätte man ihm (und im übrigen auch uns als Familie) viel erspart. Bei Ihnen scheint das ja leider erst spät festgestellt worden zu sein. Aber ich hoffe, dass sich für Sie auch noch alles zum Guten wendet.
Schönen Abend noch und alles Gute.
Degi,
die übrigens in ihrer Kindheit jedes Jahr bei ihren Großeltern in einem tiroler Kuhdorf war