RE: Kibir amlak
Liebe Saida,
Da bin ich jetzt mehr als Vater und Staatsbürger gefragt, nicht als Apotheker.
Zunächst zu Ihrer Tochter, die hoffentlich eine prächtige Zukunft haben wird. Als Mutter haben Sie die vornehme Pflicht dafür zu sorgen, dass Ihr Kind zumindest die Chance dazu hat. Und die Unterstützung durch unser Gemeinwesen steht Ihnen dabei zu!
Wenn das Kind mal Wein probieren will, dann ist das die selbstverständliche Neugier eines Kindes, und so füllen Sie, geschickt wie Sie sind, etwas Traubensaft in ein Glas, verdünnen ihn mit Wasser und wenig Essig, es sollte nicht gut schmecken. Das wird somit eine dauerhaft prägende Erfahrung für die kleine 6 jährige: Wein schmeckt nicht!
Das ist schon einmal ein sehr wichtiger Etappensieg!
Wo immer Sie es vermögen, sollten Sie als Mutter das erwünschte und richtige Verhalten Ihrer Tochter belohnen (liebevolle Worte, Ermutigung, Liebkosungen und Zuwendung).
Unerwünschtes Verhalten jedoch konsequent ignorieren und nicht bestrafen, das heißt keinerlei Bestätigung oder seelische Rückkopplung geben, das ist der beste Garant, dass Ihre Tochter es sein lässt, sich nicht auf dieses Verhalten in irgendeiner Form konditioniert.
Das Verhalten, wo die Kleine sich selbst mit schädigen kann, offenes Feuer, scharfe Gegenstände, heiße Ofenplatte usw. da macht sie instinktiv ihre eigene Abwehrreaktion.
In seltenen Fällen verletzten sich Kinder allerdings unbewusst von sich aus, da sie gelernt haben, dass sie erst dann Zuwendung und Liebe erhalten, wenn ein Schaden (Verletzung) bereits entstanden ist. Denn im normalen Verhalten bleiben diese Kinder unbeachtet, erhalten wenig bis gar keine Zuwendung, deswegen verhalten sie sich dann fehl. Man nennt dieses Verhaltensmuster auch den sekundären Krankheitsgewinn.
Kinder brauchen stete Zuwendung und gerade bei den für uns Erwachsene scheinbaren Kleinigkeiten liegt für Kinder eine große Bedeutung. Die Zuordnung einer Bewertung muss ihnen beigebracht werden.
Kinder sind sehr leicht beeinflussbar, Ihre Seelen schreien förmlich nach Beanspruchung.
Haben Sie schon einmal Ihrer Tochter zugeschaut, wenn sie eifrig spielt ? Da glühen die Wangen, da leuchten die Äuglein, dass es eine Herzensfreude ist dabei zuzusehen. Das Spiel der Kinder, so hat man erforscht, gleicht der Schwerstarbeit von Erwachsenen. Insofern kommt dem kindlichen Spiel ein immense Bedeutung zu. Hier liegt ein hervorragender Ansatzpunkt, die Neigungen und bereits vorhandenen Leidenschaften und Fähigkeiten der Kinder in sinnvolle Bahnen zu lenken. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis für die sich später entwickelnde Leistungsbereitschaft des heranwachsenden Menschen.
Die grundlegende Struktur der kindlichen Psyche ist zu ca. 50 % Veranlagung und wird durch die nachfolgende liebevolle Erziehung und Zuwendung der Eltern ergänzt und lebenslang ausgerichtet. Mit einem Alter von 2,5 bis 3 Jahren ist die charakterliche Entwicklung in ihren unverrückbaren Grundzügen somit bereits festgelegt.
Der darauf folgende Lebensabschnitt (Kindergarten, Schule, freies Spielen) ist für die Erlangung sozialer Fähigkeiten enorm wichtig. Auch hier muss die Aufsicht der Kinder und Jugendlichen gegeben sein. Wenngleich nicht immer unmittelbar und direkt. Ein stetig zunehmendes Maß an freier, ungehinderter Entwicklung muss Kindern zugestanden werden.
Ein Übermaß an elterlicher Fürsorge würde die Entwicklung des Kindes ungünstig beeinflussen, im ungünstigsten Falle würde ein überhegtes Kind zu einem dependenten, lebensunfähigen Menschen sich entwickeln. Immer jedoch, auch beim Eintritt in das junge Erwachsenenalter ist der Zugang und Rückgriff auf ein Elternhaus im weitesten Sinnes des Wortes vonnöten. Auch der junge Erwachsene benötigt bis zu seiner endgültigen Sozialisation tragfähige und stabile Beziehungen. Insgesamt sind es wohl 3 Jahrzehnte, die für den Gedeih einer unabhängigen und belastbaren Menschenseele vonnöten sind.
Das Alles kostet nicht viel Geld, im Grunde genommen ist es das natürliche Sozialverhalten unseres Menschengeschlechtes seit Urzeiten.
Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret Ihnen nicht.
Ein weltberühmter zweitausend Jahre alter Lehrsatz.
Der zweite Teil ist schwieriger zu beantworten.
Der Staat ist kein Vater. Der Staat kann nur Rahmenbedingungen schaffen, die dem Zusammenleben von uns Menschen ein äußeres Ordnungsgefüge geben. Weiter nichts. Institutionen sind ohne verantwortungsbewusste Menschen darinnen zu nichts wert, zu nichts nutze.
Es wird doch seit Jahren kräftig darum gestritten und gewetteifert, wie es weitergehen soll. So, dass man kann es manchmal nicht mehr hören.
Aber die faktischen Entwicklungen - demografischer Wandel, Rationalisierungsabläufe in der Wirtschaft, zunehmender Wettbewerb, entsolidarisierter Materialismus, die IchIchdenke uvm. machen den Menschen als Arbeitskraft überflüssig, weltweiter Nahrungsmangel und Mangel an Bildungs- und sozialer Fürsorgeeinrichtungen usw., Wer will diese faktischen Entwicklungen aufhalten?
Wer will das politisch durchsetzen, ohne sogleich die Wählergunst zu verlieren?
Ich denke, dass hier jeder Einzelne von uns in hohem Maß selbst herausgefordert ist, dort wo sie/er gerade steht, in der Familie, Schule, am Arbeitsplatz, mit Hilfe von Freunden, Bekannten und Verwandten, den Mitarbeitern im Betrieb, den Vorgesetzten und den Chefs aktiv Verantwortung mit zu übernehmen.
Klar, nicht alles ist zur Zufriedenheit aller lösbar. Kompromisse sind gefragt. Aber die sich abzeichnende zunehmende Entsolidarisierung unseres Gemeinwesens darf nicht weiter voranschreiten. Und wehe, wenn ich auf dieses Ende sehe.
Ich sagte es an anderer Stelle schon einmal, wir alles müssen lernen Kreise zu bilden, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein.
Am allerwenigsten dienlich dazu sind allerdings Drogen.
Es ist allein der klare analytische Verstand, der wenn überhaupt, eine Lösung finden kann.
Und diese Art des Verstandes schließt Herzenswärme und Liebesfähigkeit nicht aus, im Gegenteil er propagiert diese umfassenden und wunderschönen Fähigkeiten unserer menschlichen Seelen.
Mit freundlichen Grüßen
Schomber