Hallo Loren
Vorweg: Ich bin selbst seit viereinhalb Jahren ängstlich-depressiv. Ich mußte erst lernen, mich da voll drauf einzulassen, damit es besser werden konnte. Und selbst jetzt habe ich noch oft genug Phasen und Momente, in denen es mir nicht so prickelnd geht, alles trist und grau und lustlos ist. Das zu meinem Hintergrund, zum Verständnis
Also, was jetzt euch angeht - zunächst mal eure Beziehung:
Ich zocke selbst gern, seit jeher, und das führte leider auch immer wieder zu Streitigkeiten mit meiner Freundin / jetzt Frau. Es ist im Leben leider so, daß zwei unterschiedliche Menschen auch immer wieder oder sogar grundsätzlich unterschiedliche Vorstellungen von ihrer Lebensgestaltung und der Gestaltung ihrer Freizeit haben. Das muß aber noch lange kein k.o.-Kriterium für die Beziehung sein, auch, wenn es das nicht leichter macht.
Ich in meiner vorbelasteten Situation (s.o.) wünsche mir öfters, meine Frau würde nicht so auf dem Thema "PC" und "Zocken" herumhacken, wenn sie das gerade einmal wieder stört - das würde uns beiden weniger Streß bescheren - Leben und Leben lassen.
Allerdings ist es bei mir so, daß ich mich sehr wohl auch für andere Dinge begeistern kann - auch mal Spaziergänge, Geocachen, Fahrrad fahren, joggen, Mittelaltermärkte, grillen, im Garten sitzen, Freunde treffen, reisen. Aber ich muß eben irgendwo auch in der Stimmung dazu sein. Es gibt eben auch sehr viele Momente bei mir, da mag ich gern am PC spielen. Punkt. In gewisser Weise haben meine Frau und ich uns da auch ein bißchen auseinander gelebt; früher haben wir viel öfter abends nach der Arbeit noch gemeinsam TV geguckt. Man kann jetzt lange darüber debattieren, was sinnvoller ist: Am PC zocken, oder sich die x-te Serie auf Netflix reinziehen...
Die Frage in Bezug auf euch ist daher ganz grundsätzlich:
Liegt Deinem Freund noch an Dir und eurer Beziehung?
Falls ja, wird sich das irgendwie einrenken.
Falls nein, ist die Frage, woran es liegt - liegt es an seiner depressiven Grundverstimmung? Oder an etwas anderem? Je nachdem gibt es auch da Hoffnung und Möglichkeiten, die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Und auch da spreche ich aus Erfahrung, weil zwischen mir und meiner Frau seit Beginn meiner Depri-Angst wenigstens zweimal fast akut schon von "Scheidung" die Rede war. Aktuell freuen wir uns allerdings gemeinsam darüber, daß wir uns und unser Kind haben und im Oktober für ein paar Tage nach Rom fliegen
Was speziell jetzt Deinen Freund betrifft:
Er soll wirklich gucken, daß er therapeutische Unterstützung erhält! Die Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt zwischen 1/2 und einem ganzen Jahr - er soll das also so bald wie möglich in Angriff nehmen!

Eine Liste mit Therapeuten in eurer Umgebung bekommt er von seiner Krankenkasse.
Psychiater und Medikament wäre in seinem Fall so eine Sache: Er hält sich ja seit vier Jahren mehr oder minder gut über Wasser, das klingt für mich jetzt nicht nach ner schweren Depression. Soll heißen: Ein leichtes Antidepressivum in niedriger Dosierung mag da hilfreich sein, er soll aber darauf achten, sich da vom Arzt nicht zu schnell hochdosieren zu lassen. Gut möglich, daß da die Einstiegsdosierung schon ausreicht, ihn zu stabilisieren.
Womit er es ganz unproblematisch und ungefährlich schon mal versuchen kann, sind Vitamin D-Präparate (1000er Vigantoletten, 2 Stück am Tag) und Omega-3-Kapseln. Beides wirkt stimmungsaufhellend, besonders, wenn er - wie die meisten von uns Westlern - heutzutage tagsüber praktisch kaum aus dem Büro und ins Tageslicht kommt und sich zu einseitig ernährt (u.a. Omega-3-arm).
Zuguterletzt hängen Depressionen heutzutage aber sehr häufig mit den persönlichen Lebensumständen zusammen: Was dem einen gut tut, macht den anderen krank, und umgekehrt. Weiterhin: Bewegungsmangel, falsche Ernährung, zu wenig Licht/Luft, Alkohol (!).
Er wäre also gut damit beraten, zum einen seinen Alkoholkonsum zu reduzieren (wenn Du es schon so ausdrücklich schreibst, klingt das für mich nicht nach 2-3 Bierchen in der Woche) und zum anderen zu gucken, daß er wenigstens 1x am Tag für ne halbe Stunde oder Stunde wirklich Bewegung an der frischen Luft bekommt. Auch, wenn das anfangs wenig Spaß macht - so etwas kann man lernen. Ich genieße das mittlerweile (wenn ich nicht gerade komplett down bin). Leichter fällt es, wenn er es mit irgendeinem (neuen) Hobby verknüpfen kann: Fahrrad fahren, geocachen, klettern im Klettergarten, Bogenschießen, usw.
Schließlich: Wenn Du ihn liebst und ihm helfen willst, dränge ihn nicht zu sehr! Versuche, ihm "auf's Pferd" zu helfen - ein paar Hinweise, Erläuterungen. Aber reiten muß er dann letztlich selbst! Und damit das funktioniert, muß er es selbst wirklich wollen - Druck bringt nichts, schlimmstensfalls das Gegenteil (komplette Verweigerungshaltung). Es ist ein kleines bißchen eine Gratwanderung; ich hab's meiner Frau vor vier Jahren auch ein bißchen übel genommen, als sie mich mitten in einer Krise quasi "aus dem Nest geworfen" hat und meinte, ich muß lernen, damit allein zurecht zu kommen. Aber das heißt nicht, daß sie nicht für mich da wäre, im Gegenteil! Aber ihre Ansage hat mir auch sehr geholfen zu erkennen, daß ich mit diesem "Mist" umgehen lernen kann. Mal besser, mal schlechter - aber es geht

Horche auf Deine innere Stimme, lerne ihr zu vertrauen, dann weißt Du auch, wann Du Deinem Freund wie am besten helfen kannst. Auskotzen bitte bei Deiner besten Freundin!! (außer, Dein Freund ist Dir gerade zum x-ten Mal trotz freundlicher Hinweise auf die Füße gestiegen und braucht mal wieder ne klare Ansage - kenne ich auch

)
Hoffe, ich konnte Dir etwas helfen
LG, und halt die Ohren steif

Alex
Hoffe, ich konnte Dir etwas weiterhelfen.