Hallo liebe Ponyfan,
Das ist verständlich. Du liebst ihn und möchtest weiter mit ihm zusammen sein. Du musst ihm vertrauen können und dazu ist es notwendig ihn und sein Handeln zu verstehen.
Ich wiederhole nur das, was meine Vorrednerinnen schon sehr gut erklärt haben. Vielleicht hilft es dir das noch einmal aus der Sicht eines Mannes zu sehen.
Die s. Befriedigung der Partnerin sieht der klassische Mann als seine Grundaufgabe an. Ist die Funktion gestört, ist er quasi nichts mehr wert. So wie ein Gerät, das kaputt ist. Entweder man bekommt es repariert oder man tauscht es gegen ein neues, funktionierendes aus. Das mag idiotisch klingen weil eine Partnerschaft viel mehr ist, aber das Selbstwertgefühl des Mannes ist sehr stark daran gekoppelt.
Aus meiner Sicht hast du nichts falsch gemacht und üblicherweise ist Unterstützung sehr hilfreich. Bei jemanden wie deinen Freund, der schon eine Vorgeschichte hat, kann das aber als Druck empfunden werden. Er fasst es so auf, dass es dir ganz wichtig ist. Du es sozusagen zu reparieren versuchst. Der Schuss geht dabei komplett nach hinten los und er blockiert vollständig. Der Druck beim nächsten Mal zu versagen ist so groß, dass er schon zu 100 % weiß, dass es eintreten wird. Er dürfte regelrecht Panik bekommen haben wieder mit dir intim zu werden. Ist eure Partnerschaft noch nicht so gefestigt oder kennt er seinen eigentlichen Wert für dich noch nicht, dann ist eine Erektionsstörung der Super-GAU für ihn.
Leider konnte er mit dir nicht offen darüber reden. Vermutlich hat er gedacht, dass du ihn jetzt als Mangelware ansiehst, ihn demnächst verlassen wirst. Er stand also vor dem Dilemma entweder dich zu verlieren oder dich zu „betrügen“. Für ihn war das aber kein Betrug, sondern ein „Arztbesuch“. (Ich finde den Vergleich von Elektraa hier unheimlich passend.) Man könnte jetzt sagen er hätte besser eine Sexual- oder Psychotherapie gemacht, aber bis er da einen Termin bekommt und wieviele Sitzungen er benötigt und mit welchem Erfolg wäre komplett offen. Aus der Vergangenheit wusste er aber, dass eine andere Frau schon einmal seine Blockade gelöst hat. Das schien die einfachste und schnellste Lösung für ihn zu sein. Eine Prostituierte wäre perfekt. Vor ihr steht er nicht unter Druck. Sie kennt ihn nicht und er kann offen über sein Problem sprechen. Im Idealfall ist sie empathisch und kann seine Blockade lösen. Man kann sie wirklich als eine Ärztin mit Spezialgebiet ansehen.
Seine Wortwahl beim Texten hat dich sehr verletzt, weil du sie als Konkurrenz ansiehst. Das ist sie aber nicht. Eine Prostituierte wird noch immer in unserer Gesellschaft als Aussätzige behandelt. Sie ist aber auch ein Mensch, eine Frau, der Respekt entgegengebracht werden sollte. Nichts anderes hat dein Freund getan. Er hat ein für ihn riesiges Problem und betet, dass sie es lösen kann. Er hat sie respektvoll behandelt – mehr nicht.
Ein Mann denkt und fühlt nicht so wie eine Frau. Daher kannst du deine Denkweise nicht auf ihn projizieren. Ob er jetzt sagt ich freue mich auf dich oder ich freue mich auf morgen, ist für ihn vermutlich kein Unterschied gewesen. Wenn er jedes Wort was er schreibt vorher abwägt, dann wäre der Unterschied sich auf die Person oder auf die Tätigkeit zu freuen sicher relevant. Aber dann hätte er doch sicherlich in jedem Fall „ich freue mich auf dich“ geschrieben, damit er seine Wertschätzung zum Ausdruck bringt. Das hat nichts mit Zuneigung oder gar Liebe zu tun. Und im Nachgang ist es eine Selbstverständlichkeit sich nach einer guten Heimkehr zu erkundigen. Ein kurzer freundlicher Smalltalk ist doch auch üblich. Das gebietet der Anstand und hat auch nicht mehr zu bedeuten.
Ich weiß nicht, ob dein Freund andere Freundinnen zur Begrüßung/Abschied küsst. Ich tue das nicht. Wir umarmen uns. Daher würde ich auch niemals einer Freundin einen Kusssmiley schicken. Das wäre missverständlich und grenzüberschreitend. Von einer Prostituierten einen zu bekommen hat aufgrund ihrer Dienstleistung sicherlich einen ganz anderen Charakter. So ähnlich wie: mit freundlichen Grüßen. Auch da würde er es doch sicher als abweisend ansehen ihr nicht entsprechend zu antworten. Sie hat ihm geholfen, seine Beziehung gerettet und da kann er kaum hergehen und sie blocken. „Du hast deine Arbeit getan, du kannst jetzt gehen…?“ Du hattest geschrieben, dass er keiner ist, der Frauen abwertend behandelt. Daher finde ich seine Kommunikation absolut angemessen und kann keine Zuneigung zu ihr erkennen, ganz sicher aber Dankbarkeit.
Für mich sieht es so aus, als ob dein Freund in einer seelischen Notlage ein Fehler begangen hat, aber mit dem Ziel eure Beziehung zu retten. Warum auch immer es sich nicht getraut hat mit dir darüber zu reden. Das habt ihr aber nun geklärt.
Ich wünsche dir/euch viel Glück.
Leo